Vor einem Jahr hat die nordchinesische Stadt Baoding als erste chinesische Stadt ihr Ziel zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes veröffentlicht. Damals wurde eine Reduzierung um 51 Prozent je erwirtschaftetem Yuan ihres Bruttosozialproduktes bis zum Jahr 2010 beschlossen. Dieser Wert liegt um 11 Prozent höher als das vor drei Wochen von Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao angekündigte Ziel zur CO2-Reduzierung. So ist es Baoding gelungen, im Handumdrehen den Ruf einer klimabewussten Kommune zu erwerben. Das war auch bitter nötig, war die Stadt doch 2006 durch die Umweltkatastrophe von Baiyangdian zu trauriger Berühmtheit gelangt.
Vor drei Wochen richteten sich die Blicke der Welt auf das von Chinas Regierung angekündigte Ziel zur CO2-Reduzierung. Aber kaum jemand kennt die Stadt Baoding, die 140 Kilometer südlich von Beijing liegt. Das Klimaziel der Stadt wurde schon vor einem Jahr erklärt. Damals hat dies Erstaunen ausgelöst, denn die Reduzierung des Ausstoßes von Schadstoffen gilt noch immer als Hindernis für Wirtschaftswachstum.
Die außergewöhnliche Stadt hat im Jahr 2008 außergewöhnliche Ergebnisse erzielt. Hinsichtlich des Tempos ihrer Wirtschaftsentwicklung und der Steigerung ihrer Einnahmen hat sich Baoding auf den ersten Platz in der Provinz Hebei geschoben. Fast alle Wirtschaftsdaten der Stadt hatten sich früher auf den hinteren Rängen befunden.
Fischsterben in einem verseuchten See
Der Anblick, der sich 2006 dem neuen Bürgermeister Yu Qun bot, war deprimierend: Abertausende von Fischkadavern trieben auf der Oberfläche des Baiyangdian-Sees vor den Toren der Stadt. Der See, den Wen Jiabao als „die Nieren Nordchinas" bezeichnete, war von einer Umweltkatastrophe heimgesucht worden: Textilfabriken an seinen Ufern hatten Chemikalien und Farbstoffe in den See geleitet.
Yu Quns erste Amtshandlung war die Schließung von mehr als 400 die Umwelt stark belastenden Unternehmen. Die Folge: ein Einbruch der Wachstumsrate um zwei Prozentpunkte! Dennoch war die Umweltkatastrophe die größere Zäsur für die Gemeinde: „Alle sind davon schwer erschüttert worden", sagt Hao Guochi, Direktor des Stadtkomitees für Entwicklung und Reform in Baoding. „Man darf nicht blind alles tun, was Geld bringt. Wenn erst alles kaputt ist, kannst du nämlich überhaupt kein Geld mehr verdienen."
Lange hat der neue Bürgermeister überlegt, wie sich in Baoding nachhaltiges Wirtschaften verwirklichen lässt. Obwohl Baoding sich einer zentralen Lage in unmittelbarer Nachbarschaft zu Beijing und Tianjin erfreut, konnte Baoding zunächst nicht davon profitieren. Im Gegenteil zogen sogar die leistungsfähigsten Unternehmen Baodings nach Beijing und Tianjin um. Später richtete Yu seine ganze Aufmerksamkeit auf die Errichtung eines Industrieparks, der sich auf erneuerbare Energie spezialisieren sollte. Und tatsächlich wurde daraus der erste seiner Art in ganz China.
Ma Xuelu, ehemaliger Direktor des Verwaltungskomitees des High-Tech-Industrieparks in Baoding, schlug damals vor, verstärkt Betriebe hierher anzusiedeln, die sich mit Umwelttechnologien beschäftigen.
Als hilfreich erwies sich der Umstand, dass 2006 in China das Gesetz über erneuerbare Energien in Kraft trat. Es schien, dass China nun in Richtung neue Energiequellen aufbrechen wollte, allerdings war dies eine eher vage Zukunftsperspektive. Innerhalb des Verwaltungsapparates herrschte die Meinung vor, dass neue Energien zwar im Trend lägen, aber erst in dreißig bis fünfzig Jahren zur Marktreife gebracht werden könnten. Es bestand damals kein rechtes Interesse an einem Hi-Tech Tal in Baoding.
„2009 hat Staatspräsident Hu Jintao angekündigt, dass bis 2020 der Anteil der erneuerbaren Energie am gesamten Energieaufkommen des Landes mindestens 15 Prozent betragen muss. Und der Staatsrat hat vor kurzem das Ziel zur CO2-Reduzierung veröffentlicht. Dadurch ist ein großer Druck von uns gewichen", sagt Ma Xuelu.
Im Rückblick war das Fischsterben zweifellos förderlich für die Entwicklung des Hi-Tech-Tals. He Guochi, Direktor des Stadtkomitees für Entwicklung und Reform, beschreibt es als Auslöser für einen „Prozess, an dessen Ende für alle Beamten die Erkenntnis stand, dass Umweltschutz eine äußerst wichtige Aufgabe ist."
Bürgermeister Yu unternahm eine Informationsreise nach Spanien und Deutschland, zwei Länder, in denen die grüne Technologie sehr weit fortgeschritten ist: „Was wir dort kennen gelernt haben hinsichtlich Nutzen und Anwendungsgebiete erneuerbarer Energiequellen, hat unsere Erwartungen weit übertroffen."
|