18-12-2009
Hintergrund
Grundlagen und Hintergründe der Klimadiskussion
von Matthias Mersch

Nur sind wir davon heute sehr weit entfernt, um genauer zu sein, wir entfernen uns seit zweihundert Jahren vom nachhaltigen Wirtschaften, und dies mit wachsendem Tempo. In den klassischen Konzepten sowohl der Sozialisten wie der Liberalen wurde Energie als Produktionsfaktor schlicht übersehen, insofern sie nicht vom Arbeiter in Form von Arbeitskraft beigesteuert wurde. Arbeit und Kapital können das Material und die Energie, mit denen sie arbeiten, nicht selbst schaffen, sie müssen der Natur außerhalb des Produktionsprozesses entnommen werden. In den vorindustriellen Gesellschaften waren die Möglichkeiten hierfür äußerst begrenzt, diese Gesellschaften arbeitete gezwungenermaßen nachhaltig, taten sie es nicht, so waren die Auswirkungen schlimmstenfalls regional spürbar. Gravierender und nahezu flächendeckend war der Mangel. Selbst so ehrgeizige Projekte wie der Aufbau des Römischen Reiches, der Indienzug Alexander des Großen sind demnach nichts gewesen als Nullsummenspiele: eine bloße Umverteilung, aber keine Schaffung von Gütern. Erst dem Industriezeitalter konnte durch seinen Zugriff auf Energieträger die Entfesselung der Produktivkräfte gelingen und damit die enorme Erweiterung der Wirkungsmöglichkeiten des Menschen. Dabei ist es gerade die unverhältnismäßige Verbilligung von Energieträgern gewesen, die in der westlichen Welt zu einer nie zuvor da gewesenen Anhebung des Lebensstandards geführt hat. 

 Klima als Krisengewinner

In den USA hat sich das Bruttoinlandsprodukt von 1890 bis 1980 linear zum Energieaufwand entwickelt. Mit anderen Worten: Energieverbrauch und Bruttoinlandsprodukt bilden eine Einheit, wer das BIP erhöhen will, musste bislang auch den Aufwand an Energie steigern. In Europa setzte die allgemeine Erhöhung des Lebensstandards erst in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts ein und hing wesentlich mit dem Wechsel von Kohle auf Erdöl als hauptsächliche und äußerst billige Energiequelle zusammen. Ein Schweizer Facharbeiter konnte sich 1950 von seinem Stundenlohn vier Liter Benzin kaufen. 1990 konnte er sich mit seinem Stundenlohn 20 Liter Benzin leisten. Gemessen an den Löhnen ist Energie in den 40 Jahren fünfmal billiger geworden und die Verbrauchszahlen sind explodiert. 

Anders als noch in den 1970er Jahren werden die Grenzen des Wachstums heute nicht mehr von der Furcht vor einem Mangel an Energieträgern definiert, sondern von der Sorge, dass die Aufnahmefähigkeit des Ökosystems Erde für die Abfallprodukte der Industriekultur lange vor den Energiereserven erschöpft sein wird. In der Berechnung des Vorsitzenden des Weltklimarates, Ottmar Edenhofer, liest sich das so:  „Es ist nicht die Knappheit an fossilen Energieträgern, die uns zu einem Umbau des weltweiten Energiesystems zwingt, sondern der knappe Deponieraum der Atmosphäre. Die Reserven für Kohle würden noch für etwa 10 000 Jahre reichen, der Deponieraum der Atmosphäre nur noch für etwa 30 Jahre."

 Trifft diese zentrale Behauptung der Klimaschützer von den Grenzen der CO2-Speicher zu, nützt das ganze Feilschen um eine gerechte Verteilung der Reduzierung des CO2-Austoßes nichts. Es ist nämlich völlig irrelevant, ob der derzeit weltweit größte Verursacher von Treibhausgasen, China, gemessen an der Zahl seiner Einwohner viel weniger CO2 produziert als die USA und Europa, und daraus für sich das Recht herleitet, weiterhin CO2 in die Erdatmosphäre freisetzen zu dürfen. Was zählt, ist einzig und allein die absolute Menge des produzierten Gases und ob diese Menge ausreichend ist, um den befürchteten Kippeffekt hin zur Klimakatastrophe auszulösen. Aus heutiger Sicht wird die Katastrophe übrigens ein wenig aufgeschoben. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) geht dieses Jahr die Belastung der Erdatmosphäre um rund 2,6 Prozent zurück. Zu verdanken ist dies der weltweiten Wirtschaftskrise. Bei der großen Ölkrise vor rund vierzig Jahren war der Rückgang des Ausstoßes von Treibhausgasen nur halb so groß gewesen.

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