15-08-2014
Unterwegs in China
„Weiter, weiter!“ Ein Tag mit einer chinesischen Reisegruppe
von Maike Schulte

Reisegruppen gehören zu China wie Reis und Tee und vor jeder Sehenswürdigkeit erkennt man sie schon von weitem: Die Reiseleiter halten bunte Fähnchen in die Höhe und erklären mit mikrofonverstärkter Stimme um die Wette. Um sie herum drängen sich ihre Schäfchen, die Urlauber. Mit einer solchen Reisegruppe unterwegs zu sein, ist ein echt chinesisches Erlebnis. Ein Erfahrungsbericht.

 

Eingebettet in die grüne Gebirgslandschaft der Provinz Fujian liegen mehr als 3000 Tulou-Rundhäuser  (Fotos: Maike Schulte)

 

„Vier Gänge und eine Suppe" nennen die Chinesen dieses Tulou-Ensemble in Tianluokeng. Ursprünglich wohnte nur eine Familie darin  

 

Wir sind in Xiamen in der südchinesischen Provinz Fujian und genießen Strand, Sonne und verschnörkelte Kolonialarchitektur. In der grünen Gebirgslandschaft der Umgebung gibt es eine weitere weltbekannte Sehenswürdigkeit: die Tulou-Rundhäuser der Hakka. In ihnen finden bis zu 80 Familien Platz, sozusagen ein ganzes Dorf unter einem Dach. Im Sommer kühl, im Winter warm, erdbeben- und sturmsicher, sind die Häuser architektonische Meisterleistungen. Die ersten entstanden im 12. Jahrhundert, die jüngsten in den 1970er Jahren. 46 dieser sich harmonisch in die Landschaft einfügenden Rundhäuser gehören seit 2008 zum Weltkulturerbe. Und zumindest einige davon wollen wir unbedingt sehen.

Also auf ins nächste Reisebüro. Zwei Touren bietet man uns an: Die „Ausländer-Variante" mit englischsprachigem Guide für knapp 1200 Yuan und die chinesische Variante, Kostenpunkt: kaum mehr als 200 Yuan. Bei diesem Preisunterschied müssen wir nicht überlegen, wir entscheiden uns spontan für Variante Nummer zwei. Zunächst nicht gerade zur Begeisterung der beiden Reisebüroangestellten. Vielleicht wittern sie Sprachprobleme, oder fürchten, dass wir nicht gruppenkompetent sind und einfach machen, was wir wollen. Ob wir denn etwas Chinesisch sprechen, fragen sie mehrfach, und ob wir wirklich sicher seien, dass wir die Tour ganz allein mit Chinesen machen wollen. „Ja!" und „Ja!" wiederholen wir und versuchen dabei, möglichst enthusiastisch zu klingen. Das wirkt. Wir erhalten ein Blatt mit dem Reiseprogramm (vermuten wir, denn es existiert nur auf Chinesisch), Formulare werden ausgefüllt und Telefonnummern hinterlassen, damit uns unser Guide zwecks Treffpunkt und genauer Uhrzeit kontaktieren kann.

Am nächsten Morgen läuft trotz einiger Restzweifel alles problemlos. Es hat schließlich auch einen unschlagbaren Vorteil, die einzigen Ausländer in der Reisetruppe zu sein. Auf die Minute pünktlich rollt unser ebenso wie wir leicht identifizierbarer rosa Reisebus am vereinbarten Treffpunkt an und unser Guide winkt uns ohne Zögern hinein. Wir suchen uns einen Platz, nicht ohne neugierig von unseren Mitreisenden beäugt zu werden, und los geht's. Wider Erwarten bleibt es erst einmal still im Bus. Auch für Chinesen scheint die frühe Uhrzeit eine echte Wusel- und Gesprächsbremse zu sein. Wie morgens in der U-Bahn dösen die meisten oder tippen auf ihren Handys herum.

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