30-06-2009
Unterwegs in China
Das Meili-Schneegebirge: Die ,,Ehrengarde" des Schneegottes
 

Das Meili-Schneegebirge befindet sich an der Grenze zwischen der Provinz Yunnan und dem Autonomen Gebiet Tibet. Sein Hauptgipfel ist der majestätische Kawagabo-Gipfel, der 6740 Meter hoch ist. Im Land der Tibeter gibt es acht große heilige Gebirge, das Meili-Schneegebirge gilt als das erste der heiligen Gebirge. Es ist zugleich das höchste Gebirge der Provinz Yunnan. Bei den Tibetern hat der Meili eine religiöse Bedeutung. In der tibetischen Sprache bedeutet der Name Kawagabo ,,Schneegebirgsgott". Der Hauptgipfel Kawagabo ist umgeben von dreizehn mehr als 6000 Meter hohen Gipfeln, die als ,,13 Kronprinzen-Gipfel" bezeichnet werden. Die sich aneinander reihenden dreizehn Gipfel sehen wie die ,,Ehrengarde" des Schneegottes aus.

  Die großen Höhenunterschiede im Meili-Schneegebirge haben ihm grandiose Naturlandschaften beschert. Vom Kawagabo-Gipfel bis zum Zusammenfluss der Flüsse Lancang (fünftlängster Strom Chinas, der am Fuß des Meili-Gebirges vorbeifließt) und Mingyong beträgt der Höhenunterschied 4702 Meter. Am Fuß des Meili befindet sich die tiefe Meili-Schlucht von atemberaubender Schönheit.

  Wegen des großen Höhenunterschieds herrscht im Meili-Schneegebirge ein abwechslungsreiches Klima. In den verschiedenen Höhenlagen eines einzigen Berges variiert es stark. Oberhalb der Schneegrenze liegen die schneebedeckten Gipfel, die von Nebel und Wolken verhüllt sind. Unterhalb der Schneegrenze, von oben nach unten, wachsen jeweils tiefgrüne Hochgebirgswiesen, üppige Alpinsträucher und niedrigere Pflanzen, und schließlich erstreckt sich ein dichter Wald über die Berghänge. Wenn man einen Berg erklettert, kann man an einem einzigen Tag die Landschaften der vier Jahreszeiten bewundern. Dank dieser klimatischen Besonderheit ist das Meili-Schneegebirge zu einer Region reicher biologischer Vielfalt geworden. Hier wachsen kostbare Medizinalpflanzen wie Matsutake, die Kaiserkrone (Fritillaria thunbergii), die Kernkeule (chinesischer Raupen-Pilze, Cordyceps sinensis) und andere. Der Meili ist auch ein Paradies für Wildtiere. In den Wäldern sind viele seltene Wildtiere wie Leopard, Katzenbär, Rothirsch (Cervus elaphus) und viele andere Arten beheimatet.

Im Meili-Schneegebirge gibt es viele Gletscher, darunter ist der Mingyong-Gletscher am bekanntesten. Er stürzt vom Kawagabo-Gipfel herab und erstreckt sich über eine Länge von mehr als zehn Kilometern. Dem Grund der Bergschlucht entlang windet sich der Gletscher bis zur Waldzone, die 2600 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Er ist der niedrigst gelegene Gletscher in China. Er gehört auch zu den Gletschern China, die auf einem niedrigen Breitengrad liegen.

Unter dem Einfluss von Topographie und Breitengrad schmelzen Eis und Schnee sehr schnell. Außerdem ist die Niederschlagsmenge im Gebirge sehr groß. Aus diesen Gründen bewegt sich der Gletscher schneller nach unten. So gehen häufig Lawine ab. Dies ist eine ernste Gefahr für Bergsteiger.

Die Besteigung des Meili-Gebirges ist sehr anstrengend. Seit langem schon werden zahlreiche Versuche unternommen, aber bislang sind sie alle gescheitert. Im Januar 1991, als ein chinesisch-japanisches Alpinistenteam schon sehr nahe dem Kawagabo-Gipfel war, fing es auf einmal sehr stark zu schneien an. Sie mussten den Aufstieg abbrechen, und keiner von ihnen hat den Weg zurück ins Basislager Nr. 3 gefunden, das 5100 Meter über dem Meeresspiegel lag. Es kam zum Abgang einer Lawine, die sechs Chinesen und elf Japaner unter sich begrub. Keiner der Bergsteiger überlebte die Katastrophe. Die Nachricht über ihren Tod löste weltweit Bestürzung aus. Später fand man ihre Leichen im Eis. Am Fuße des Meili-Schneegebirges wurde ein Denkmal für sie errichtet. Bis heute ist es noch niemandem gelungen, den Kawagabo-Gipfel zu bezwingen.