10-06-2015
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Auf ein Schläfchen zu Ikea
von Maike Schulte

Shoppingpause: Schuhe aus und rauf aufs Sofa (li.). Von Müdigkeit übermannt, sind diese beiden offenbar in Tiefschlaf verfallen (re.). 

 

Schlafen für ein „besseres Shoppingerlebnis"

Anfang April dieses Jahres hatte der Möbelgigant offenbar die Nase voll davon. Chinesische Medien berichteten von einer neuen Regelung, die es Kunden künftig verbieten sollte, in den Ausstellungshallen zu schlafen oder auf den Sofas zu entspannen. Nur vier Tage später dementierte Ikea die Meldungen jedoch. Auf eine aktuelle Nachfrage erklärte die für Beijing zuständige Unternehmenssprecherin Amanda Wang: "Ikea ermuntert seine Kunden, Einrichtungsgegenstände zu berühren und auszuprobieren." Das Unternehmen wolle ein angenehmes Umfeld für ein besseres Shoppingerlebnis schaffen. Verhaltensweisen, die andere Kunden beeinträchtigen, werde man jedoch höflich unterbinden, hieß es weiter in PR-Sprache.

Angesichts des Geschäftserfolgs in China erscheint diese Reaktion nur allzu logisch. Laut Geschäftsbericht für das Jahr 2014 strömten 20 Millionen Kunden in die chinesischen Filialen des Möbelhauses, sie spülten Einnahmen von rund 1,2 Milliarden Euro (8,8 Milliarden RMB, weltweiter Gesamtumsatz: 28,7 Milliarden Euro) in die Kassen, ein dickes Plus von jeweils 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. China zählt damit zu den am schnellsten wachsenden Märkten des Möbelkonzerns.

Warum sich aber Chinesen offenbar mit allergrößter Selbstverständlichkeit auch in Möbeln, die ihnen nicht gehören, ganz wie zu Hause fühlen, bleibt ungeklärt. Dass Einrichtungshäuser zu einer Art Erholungsoase und temporärem Schlafzimmer umfunktioniert werden, ist kein reines Ikea-Phänomen, sondern lässt sich auch in anderen Möbelgeschäften beobachten. Unternehmenssprecherin Wang enthielt sich diplomatisch einer Antwort. Chinesische Bekannte machten mangelnde Bildung für das ungenierte Benehmen verantwortlich. Was die besondere Spezies des chinesischen Kunden aber im tiefsten Inneren zu ihrem Verhalten treibt, wäre wirklich mal eine Studie wert.

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