Am 10. März um 12 Uhr 58 ist der Kreis Yingjiang in der südwestchinesischen Provinz Yunnan von einem Erdbeben heimgesucht worden. (Quelle: Xinhua)
Seit Anfang Januar übernachtete die Familie Yang aus dem Weiler Xingfu in dem Kreis Yingjiang nicht mehr in ihrem alten Haus, sondern im Zelt. Schon damals wurde das Dorf dauernd von Erdbeben erschüttert. Die Dorfbewohner befürchteten, dass ein ganz großes Erdbeben folgen würde. Zwei Monate später, am 10. März um 12 Uhr 58 ist der Kreis Yingjiang in der südwestchinesischen Provinz Yunnan dann tatsächlich von einem Erdbeben der Stärke 5,8 auf der Richter-Skala heimgesucht worden. Das Epizentrum befand sich in drei Kilometer Entfernung von Yingjiang zehn Kilometer unter der Erdoberfläche. 25 Menschen kamen ums Leben, 250 wurden verletzt.
Als sich das Beben ereignete, saß der Journalist Miao Bing vom Chuncheng Abendblatt gerade mit seinen Kollegen beim Mittagessen in einem kleinen Restaurant. Sie wurden unter den Trümmern verschüttet und erlitten Verletzungen. Sie wollten eigentlich über die seit drei Monaten kursierende Erdbebenfurcht recherchieren.
Seit dem 1. Januar hatten sich Erdbeben der Stärke 4,6 bis 4,8 ereignet. Am 1. Februar wurde der Kreis erneut von einem Erdbeben der Stärke 4,8 erschüttert. In den vergangenen zwei Monaten sind in Yingjiang insgesamt mehr als 1200 Beben und Nachbeben registriert worden. Die Befürchtungen der Bevölkerung vor einem drohenden großen Erdbeben bezeichnete Gu Yishan, der Leiter für Katastrophenschutz beim Erdbebenamt der Provinz Yunnan, in einem Interview mit Chinanews damals jedoch als „nicht stichhaltig". Er sah darin nur „tektonische Bewegungen, die sich in der Region häufig ereigneten, aber weder die Wirtschaft noch das Alltagsleben der Bevölkerung gefährden". Die Ängste der Bevölkerung aber ließen sich trotz dieser beruhigenden Worte aus Expertenmund nicht abbauen. Viele Bewohner Yingjings hielten es lieber wie die Familie Yang und übernachteten in Zelten.
Nach dem Erdbeben in Yingjiang vom 10. März sah sich die Behörde für Erdbebenwarnung scharfer Kritik ausgesetzt. Seit den verheerenden Erdbeben in Wenchuan 2008 und Yushu 2010 ist allgemein bekannt, wie schwierig eine korrekte Erdbebenwarnung ist. Diesmal zielten die Vorwürfe auf den Umstand, dass trotz der zwei Monate lang andauernden kleineren Erdstöße alle Warnungen in den Wind geschlagen wurden. Dazu meint Sun Shihong vom Nationalen Zentrum für Erdbebenwarnung, es sei nicht außergewöhnlich, dass ein Ort innerhalb kurzer Zeit von kleinen Erdbeben erschüttert würde; dies bedeute noch lange nicht, dass ein großes Erdbeben bevorstünde.
Bereits im August 2008 war in diesem Gebiet ein Erdbeben der Stärke 5,9 auf Richter-Skala registriert worden. Damals waren fünf Menschen ums Leben gekommen, der Sachschaden summierte sich auf 1,3 Milliarden Yuan. Es sind damals zwar nur wenige Gebäude eingestürzt, zahlreiche Bauten aber wurden mehr oder weniger stark beschädigt. Durch die kleineren Erdstöße der letzten Monate war die vorgeschädigte Bausubstanz weiteren Belastungen ausgesetzt, was erkläre, warum so viele Häuser beim schweren Erdbeben vom 10. März eingestürzt seien, hieß es auf der Presskonferenz nach dem Beben.
Professor Wang Yayong von der Chinesischen Akademie für Architektur sagt, dass in der Provinz Yunnan nach dem verheerenden Erdbeben von Wenchuan in einigen Gebieten bereits damit begonnen worden sei, alte Gebäude auf dem Lande zu verstärken und umzubauen, um ihre Standfestigkeit zu erhöhen. Nach dem Umbau könnten die Gebäude normalerweise Erdbeben bis zur Stärke 6 auf der Richter-Skala standhalten. Leider sei dieses Projekt in Yingjiang nicht durchgeführt worden.
Experten schlagen den Aufbau eines landesweiten Erdbebenfrühwarnsystems vor. Anders als bei vagen Erdbebenprognosen kann man mit Hilfe eines Warnsystems die Zeit zwischen Vorbeben und Hauptbeben nutzen, um die Bewohner der Gebiete, die vom Erdbeben betroffen sein könnten, zu informieren und zu alarmieren. Professor Ni Sidao von der Chinesischen Universität für Naturwissenschaft und Technik in Hefei meint, dass das Erdbeben im August 2008 in Yingjiang ein typisches Erdbeben mit Vorbeben gewesen sei. Ein Vorbeben könne ein paar Minute vor dem Hauptbeben sehr deutlich wahrgenommen werden. Für Erdbeben dieser Art sei es durchaus möglich, ein Frühwarnsystem einzurichten, um den Verlust an Menschen und Sachwerten zu minimieren. Dazu müsse man mehr seismologische Messstationen einrichten und das Kommunikationssystem ausbauen, so Ni Sidao. (Quelle: Xinhua)
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