Die chinesische Nachrichten-App WeChat hat großes Ziel auf dem internationalen Markt, die USA eingeschlossen. Wie sehen die Erfolgsaussichten aus?
App auf Erfolgskurs: Das WeChat-Logo auf einem Display in einem Firmengebäude von Tencent
Lisa Tseretzoulias, eine 51-jährige Bürokauffrau aus dem kanadischen Montreal, lernte WeChat vor einem Jahr kennten und es gefiel ihr auf Anhieb. "Ich mag es sehr und habe es Familie und Freunden empfohlen."
WeChat, in China als Weixin bekannt, ist die beliebteste Nachrichten- und Social Media App, die von Tencent, Chinas größtem Internetunternehmen, entwickelt wurde. Sie wird häufig verglichen mit WhatsApp aus den USA und Line, einer ähnlichen App aus Japan.
Aber WeChat ist mehr als eine Nachrichten-App und hat eine Menge Features, zum Beispiel eine Gesprächshaltefunktion, die es Nutzern ermöglicht, wie bei einem Walky-Talky Audio-Nachrichten zu anderen WeChat-Nutzern zu senden. Es ist gleichzeitig eine Social Media-Plattform, auf der Fotos und Kommentare gepostet werden können wie bei Facebook. Unternehmen und Prominente können hier mit Interessierten und Fans kommunizieren und sich eine Gruppe von Followern aufbauen. NBA-Basketballer LeBron James hat beispielsweise auch ein Account.
Das 1998 in Shenzhen im Norden von Hongkong gegründete Tencent ist in den vergangenen zehn Jahren zu Chinas unbestrittenem König des Messaging geworden. Da wäre QQ, der mit mehr als 800 Millionen Nutzern größte Instant Messaging Service des Landes. Da immer mehr Menschen über Smartphones und Tablet-PCS ins Netz gehen, startete Tencent 2011 dann WeChat.
Im Sommer 2013 nutzten mehr als 400 Millionen Menschen in China WeChat und ließen die Mobilfunk-Umsätze um 56,8 Prozent steigen, so das Ministerium für Industrie und Informatik.
So wie Skype große Auswirkungen auf das Festnetz hatte, stellt die intensive Nutzung von WeChat jetzt eine Herausforderung für Telekommunikations-Anbieter dar. Ihre Einnahmen aus Textnachrichten – das bis dahin gewinnbringendste Geschäft – nahmen deutlich ab. Das führte zu einer Debatte darüber, ob User für die App eine Gebühr zahlen sollten. Der Versuch, Druck auf WeChat auszuüben, wurde von den Usern rundheraus abgelehnt. Man solle WeChat in Ruhe lassen und eigene konkurrenzfähige Produkte entwickeln, forderten sie. Bis jetzt gibt es keine Pläne, die App kostenpflichtig zu machen. Tencent will aber eigenen Angaben zufolge auf andere Art mit Chinas Telekom-Giganten zusammenarbeiten.
Einfach und clever: Das Interface von WeChat.Gong Lei
WeChat feiert in China große Erfolge, jeder nutzt es, vom Teenager bis hin zu Eltern und Großeltern. Aber Tencent gibt sich mit dem Erfolg auf dem heimischen Markt nicht zufrieden und streckt seine Fühler in die ganze Welt aus. Einige Hindernisse gibt es dabei jedoch noch.
Eine globale Kampagne
WeChat hat den internationalen Markt im Visier. Zurzeit ist es in 18 Sprachen erhältlich, darunter Englisch, Indonesisch, Spanisch, Portugiesisch, Thai, Vietnamesisch und Russisch. Dank einer guten Forschungs- und Entwicklungsabteilung kann die App auf fast allen gängigen Handysystemen genutzt werden. Im Ausland wächst WeChat schnell. Mehr als 70 Millionen registrierte Nutzer seien es bereits, verkündete Tencent am 3. Juli. Eine deutliche Zunahme seit April, als Tencent noch von 40 Millionen sprach.
"Die Software war vor allem in Indonesien, Indien, Malaysia, Mexiko, Singapur und auf den Philippinen ein Erfolg", erklärte Tencent-Vorsitzender Martin Lau bei einer Entwicklerkonferenz in Beijing am 3. Juli.
Um seine Nutzergruppe weiter zu vergrößern, hat Tencent in 15 Ländern eine Werbekampagne mit Fußballstar Lionel Messi gestartet, darunter Argentinien, Brasilien, Indien, Italien, Mexiko, Südafrika, Spanien und Türkei.
WeChat nutzt bei seiner Expansion eine Strategie der Lokalisierung, örtliche Prominente sind Teil der Marketing-Offensive. Ein beliebtes Feature von WeChat sind verschiedene Emoticons, die User einander zuschicken können. Für ausländische Märkte hat WeChat Emoticons mit einheimischen Stars designt. In Indien spannte Tencent beispielsweise die bekannten Bollywood-Schauspieler Parineeti Chopra und Varun Dhawan als Markenbotschafter ein. Bilder der beiden Stars wurden in Emoticons eingearbeitet und sorgten für eine Sensation im Land. WeChat arbeitet außerdem eng mit ausländischen Unternehmen zusammen und kooperiert mit Chang, einem bekannten Getränkehersteller aus Thailand.
Business mit WeChat: Einkäufer laufen an einem WeChat-QR-Code an einem Einkaufszentrum in Fuzhou, der Hauptstadt der Provinz Fujian, vorbei. CFP
WeChats Spaßfaktor gekoppelt mit Tencents starken Marketingkompetenzen haben die App auf verschiedenen Märkten immer populärer gemacht. Der Nutzerzuwachs ist ein ermutigendes Zeichen für das Unternehmen, das nur eins von mehreren chinesischen Internetunternehmen ist, die ins Ausland expandieren wollen. „Erfolgreich oder nicht, dies ist eine absolut einmalige Gelegenheit für Tencent", erklärt Pony Ma, Vorstandsvorsitzender bei Tencent, im Hinblick auf die internationalen Expansionspläne.
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