30-07-2013
Made in China
Neue „Fortune Global 500“-Liste: Wie stark sind die chinesischen Unternehmen?
von Zhou Xiaoyan

 Über 90 Prozent sind in Staatsbesitz. Zweifel an Wettbewerbsfähigkeit.

  

Energiemogul: Die Sinopec Group mit Hauptsitz in Beijing liegt in der diesjährigen „Fortune Global 500"-Liste auf Rang vier. Das ist die beste Position für ein chinesisches Unternehmen. Wang Jianhua

China positioniert sich in einem der angesehensten Rankings der Welt. Insgesamt 95 Unternehmen schafften es auf die diesjährige „Fortune Global 500"-Liste, die vom gleichnamigen Magazin erstellt wird. Darunter sind 85 Firmen aus dem chinesischen Festland, sechs aus Taiwan und vier aus Hongkong.

Das "Fortune"-Magazin stellt seine jährliche Liste auf Grundlage von Bruttoumsätzen, nicht von Gewinnen, auf. Chinesische Firmen machen mittlerweile fast 20 Prozent aller Einträge aus, das entspricht ungefähr dem Anteil seiner Bevölkerung an der Weltbevölkerung. Wirft man aber einen genaueren Blick auf die Unternehmen, stellt sich heraus, dass die Probleme der zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt identisch mit denen sind, die die China AG daran hindern, ein wirklicher Global Player zu werden. 

 

China steigt auf

An die Spitze der Liste schaffte es das niederländische Unternehmen Shell, dessen Umsätze 2012 bei mehr als 481,7 Milliarden Dollar lagen, gefolgt von den US-Unternehmen Wal-Mart und Exxon Mobil. Chinesische Unternehmen machen nach 132 US-Firmen den zweitgrößten Anteil auf der Liste aus. 16 Unternehmen kamen neu hinzu, damit übertrifft das Reich der Mitte die Anzahl der japanischen Firmen um 62.

Chinesische Firmen erwirtschafteten 17 Prozent bzw. 5,2 Billionen Dollar des Gesamtbruttoumsatzes aller 500 gelisteten Unternehmen, amerikanische Unternehmen 28 Prozent bzw. 8,6 Billionen Dollar.  

Drei chinesische Unternehmen schafften es unter die Top Ten. Mit einem Bruttoumsatz von 428,17 Milliarden Dollar im Jahr 2012 landete die China Petrochemical Corp. (Sinopec Group) auf dem vierten Platz. Die China National Petroleum Corp. (die Dachgesellschaft von PetroChina) liegt mit einem Bruttoumsatz von 408,63 Milliarden Dollar auf Rang fünf. Beide Unternehmen rückten im Vergleich zum Vorjahr um einen Platz nach vorne. State Grid blieb mit einem Bruttoumsatz von 298,45 Milliarden Dollar wie im Jahr zuvor auf Rang sieben.

 

Bedenken

Zahlen bedeuten natürlich nichts. Die chinesischen Firmen sind in der Tat groß genug, aber Experten meinen, dass ihre Präsenz auf der renommierten Liste nur eine Art Fata Morgana sein könnte.

Die Bedenken beziehen sich auf niedrige Gewinnspannen und den Mangel an internationaler Handlungskompetenz. Unter den Firmen aus dem chinesischen Festland verzeichneten zehn im Jahr 2012 Verluste, sechs befinden sich sogar auf der „Fortune"-Liste der 50 Unternehmen mit den größten Verlusten, 33 verzeichneten sinkende Gewinne.

In starkem Kontrast dazu strichen Chinas Finanzriesen 2012 enorme Gewinne ein. Insgesamt 13 Finanzinstitute aus dem chinesischen Festland befinden sich auf der Liste, darunter neun Handelsbanken und vier Versicherungsgesellschaften. Ihre Gewinne machen 56,5 Prozent der Gesamtgewinne aus. Zum Vergleich: Die Gewinne der 27 Finanzinstitute aus den USA, darunter acht Handelsbanken, vier diversifizierte Finanzunternehmen und 15 Versicherungsgesellschaften, machen nur 25,9 Prozent vom Gesamtgewinn aus.

Experten halten diese Gewinne für besorgniserregend.

"Finanzielle Exzesse sollten die chinesische Regierung in höchste Alarmbereitschaft versetzen", erklärt Zhou Zhanhong, stellvertretender Chefredakteur der chinesischen Version des „Fortune"-Magazins. 

Die wachsende Präsenz staatseigener Unternehmen in den Rankings zeigt auf alarmierende Weise die Notwendigkeit von Reformen. Unter den 85 Firmen aus dem chinesischen Festland  sind über 90 Prozent in Staatsbesitz, d.h. der Privatsektor kommt deutlich zu kurz. Nur sieben Privatunternehmen schafften es in das Ranking. Zwei weitere Privatunternehmen wurden in diesem Jahr neu aufgenommen: die Amer International Group aus Shenzhen und die China Minsheng Banking Group mit Hauptsitz in Beijing.

"Einige der Staatsunternehmen gehören zu Branchen, in denen es keinen echten Wettbewerb gibt, wie Erdöl-, Strom-, Telekommunikations- und Finanzsektor", erklärt Wang Zhilei, Forscher im Professorsrangan der Chinesischen Akademie für Internationalen Handel und Wirtschaftliche Zusammenarbeit. „Ihre Gewinne verdanken sie ihrem Monopolstatus. Auch wenn Staatsunternehmen ein wichtiger Bestandteil der chinesischen Wirtschaft sind, sollten weitere marktorientierte Reformen realisiert werden, um ihre Wettbewerbsfähigkeit am internationalen Markt zu stärken."

Chinas Staatsunternehmen seien zu abhängig vom heimischen Markt, fügte er hinzu, und wenig darauf vorbereitet, gegen internationale Spitzenunternehmen anzutreten.

"Marktorientierte Reform bedeutet, dass Staatsunternehmen -- wie jedes andere Unternehmen auch -- den Zugang zu Ressourcen wie Kapital, Rohstoffe und Landnutzung durch Wettbewerb gewinnen müssen. So lernen sie, globale Ressourcen zur Profiterzeugung zu nutzen, anstatt nur Chinas Ressourcen auf dem heimischen Markt zu nutzen. Wenn Staatsunternehmen keine weiteren marktorientierten Reformen einführen, können sie sich nur schwer an globalisierungsbedingte Veränderungen anpassen."

Chinas unausgewogene Wirtschaftsstruktur wird in den Rankings offensichtlich. Der Schwerpunkt der Unternehmen liegt vor allem in traditionellen Bereichen wie Stahlproduktion, Stromerzeugung, Energie und Chemie, alles Branchen, die mit Überkapazitäten kämpfen. Nur sehr wenige Unternehmen kommen aus der High-End-Produktion, der Service-Industrie oder dem Technologie-Sektor, viele haben sinkende Gewinne oder Verluste gemeldet.

Chinas Industrie müsse einen Wandel hin zu höherer Wertschöpfung und mehr Technologie in die Wege leiten, um eine Wiederholung der Probleme zu verhindern, mit denen staatseigene Unternehmen jahrelang gekämpft haben, sagt Zhuang Ziyin, Professor am Institut für Weiterführende Studien an der Universität von Wuhan. Ressourcen und billige Arbeitskräfte seien keine stabile Basis für ein langfristiges Wachstum, fügte er hinzu.

Technologiefirmen, die unter dem Druck stehen, zur Hauptantriebskraft für künftiges Wachstum zu werden, fehlen fast gänzlich auf der Liste. Das unterstreicht die Notwendigkeit, die Wirtschaft in Richtung eines mehr konsumbasierten und technologieorientierten Wachstums umzugestalten. Von insgesamt 44 Hightech-Firmen sind nur zwei aus China -- Lenovo und Huawei.

Lenovo rückte von Position 370 auf 329 vor, liegt aber immer noch weit hinter Hewlett Packard, dem weltgrößten Computerhersteller, und den Technologie-Schwergewichten Apple und Samsung Electronics. Telekommunikationsausrüster Huawei verbesserte sich von Position 351 auf 315.

Die hohe Verschuldungsquote ist ebenso ein Problem. Die durchschnittliche Verschuldungsquote, die Eigenkapitalüberdeckung, liegt für chinesische Firmen, die nicht aus dem Finanzsektor stammen, bei 4,42. Das ist sehr viel höher als bei US-Unternehmen mit ihrer Quote von 2,79, und ein Zeichen dafür, dass die Firmen sich bei Expansionen zu sehr auf geliehenes Kapital verlassen.

"Nach der Finanzkrise hat die USA versucht, ihre Wirtschaft zu entschulden, während Unternehmen aus dem chinesischen Festland immer noch eine hohe Schuldenquote haben", erklärte Zhou, Chefredakteur des „Fortune"-Magazins.

"Der jüngste Liquiditätsengpass zeigte die Entschlossenheit der Politiker zur Entschuldung der Wirtschaft, aber es liegt noch ein harter Weg vor Chinas Unternehmen."