Know-how-Austausch am Cafétisch
Arbeitsgerechtes Ambiente: Viele junge Menschen machen die „Garage" in der Anfangsphase ihrer Existenzgründung zu ihrem Büro.
Unweit von der „Garage" ebenfalls in Zhongguancun liegt das „3W", ein weiteres Kaffeehaus, das sich dem geschäftlichen Networking verschrieben hat. „Unser Café konzentriert sich aber nicht auf Existenzgründung, sondern das Internet", erklärt Mitbegründer Bao Chunhua. „Im Vergleich zur Errichtung einer Plattform legen wir größeren Wert auf den Austausch von Fachwissen in der Internet-Branche."
Das „3W" dient in erster Linie Investoren als Anlaufstelle. „Wir sind anspruchsvoll gegenüber den jungen Existenzgründern", sagt Bao. „Wenn jemand nur eine Idee hat, empfehlen wir, erstmal wieder nach Hause zu gehen und über den Verlauf der Produktrealisierung nachzudenken. Erst nachdem man eine Gruppe gebildet hat, macht es Sinn, wieder zu kommen, denn eine Idee alleine reicht vielen Investoren nicht. Sie wollen ein vollständiges Konzept sehen, um entscheiden zu können, ob es sich für sie lohnt, zu investieren. Deshalb liegt unser Hauptaugenmerk darauf, einen sozialen Kreis in der Internet-Branche zu bilden, über den die Leute ihr Wissen erweitern können. Erst dann kommen Dienstleistungen für Existenzgründer."
Dabei setzt das „3W" vor allem auch auf Salons als Austauschplattform, die das Café in unregelmäßigen Zeitabständen veranstaltet. Die Idee für das Café kam den Betreibern, als sie merkten, dass einigen führenden Personen der Internet-Branche eine feste Anlaufstelle für Treffen und Austausch fehlte. Beim ersten Get-together war dann auch reichlich Prominenz vertreten, unter anderem Zeng Liqing, Mitbegründer des Chat-Anbieters Tencent QQ und Vorsitzender von Kühne & Nagel Investments sowie Shen Nanpeng, Kompagnon der Risikokapital-Beteiligungsgesellschaft „Sequoia Capital". Bao Chunhua sagt: „Unser Café hat die Beziehungen der Aktionäre, die früher nur per Internet miteinander kommunizierten, vertieft. Bei unseren Salons werden nicht nur Erfolgsgeheimnisse ausgetauscht, sondern es wird auch über neuste technische Entwicklungen der Branche gesprochen. Jeder Salon hat ein bestimmtes Thema und es gibt einen Vortrag. Dieses Konzept hat der Veranstaltung unter den Beschäftigten der Internet-Branche zu großer Popularität verholfen." Seit der Gründung im August 2011 wurden insgesamt 150 Salons veranstaltet, die Experten-Gruppe zählt mittlerweile rund 200 Personen, der gesamte Club hat über 10 000 Mitglieder.
Plattform für Existenzgründung und Investition
Und die Kundschaft dürfte dem „3W" so schnell nicht ausgehen. Die Zahl junger Existenzgründer in der Internet-Branche wächst stetig. Angesichts der rasanten Entwicklung von IT-Branche und mobilem Internet haben in den letzten Jahren viele talentierte Nachwuchskräfte entschieden, ihre Stelle zu kündigen und in die Selbstständigkeit zu starten. Aber für manche stellen die Kosten für eigene Büroräume noch immer eine große Hürde da. In Zhongguancun ist die Konzentration an High-Tech-Firmen hoch, die Mieten für Büroflächen sind nicht zuletzt deshalb in den letzten Jahren rasant gestiegen. Der Mangel an geeigneten und preiswerten Büroräumen setzt Chinas junge Existenzgründer gehörig unter Druck. Zudem mangelt es an Lokalitäten, an denen die Geschäftsleute sich treffen und über ihre Investitionspläne sprechen können. Die Networking-Cafés haben diesen Mangel erkannt und suchen bewusst die Nähe zum angesagten Stadtviertel, wo sich führende Unternehmen der chinesischen Internet-Branche wie Tencent, Sina oder Sohu tummeln. Hier könnten die Voraussetzungen für die Networking-Cafés günstiger wohl kaum sein, ihre spezifischen Dienstleistungen rund um geschäftliche Verhandlungen anzubieten.
Zu diesen Dienstleistungen gehört unter anderem ein umfassender Beratungsservice. In der „Garage" stehen von Montag bis Freitag Fachleute aus den Bereichen Fonds, Banking, Jura und Technik als Ansprechpartner parat, um die Existenzgründer zu beraten. Ein Jungunternehmer, der eine Plattform für Online-Aktivitäten aufbauen wollte, suchte in der „Garage" zunächst nach Investoren. Schließlich wurde ihm empfohlen, erst einmal eine Arbeitsgruppe zu bilden. Über das Café fand er die passenden Mitglieder für sein Team. Das „3W" bietet jeden Donnerstagnachmittag ein offenes Forum, bei dem sich Investoren und Existenzgründer austauschen können, fruchtende Gespräche bei einer Tasse Tee, so das Konzept. In weniger als einem Jahr hätten so mehr als 150 Existenzgründer mit mehr als 20 Institutionen von Investoren direkte Gespräche geführt, schätzen die Betreiber.
„Garagen"-Gründer Su Di sieht in den Networking-Cafés vor allem eine unterstützende Plattform. Die Wahrscheinlichkeit für Existenzgründer, tatsächlich einen Investor zu finden, sei allerdings eher gering, räumt er ein. „Man sollte nicht erwarten, dass gute Chancen einfach so vom Himmel regnen", sagt er. Die Networking-Cafés kümmerten sich nur darum, die Ressourcen zusammenzubringen und die Schwelle für Existenzgründer tiefer zu setzen. „Existenzgründung erfolgt nach den Gesetzen des Dschungels", schreibt ein „Garagen"-Besucher in einer Notiz an der Pinnwand. „Man muss wissen, was man will und sollte von der Illusion eines gemütlichen Nährbodens Abschied nehmen."
Auch die Regierung unterstützt die Initiative der Cafés, privates Kapital und gute Ideen zusammenzuführen. Der Verwaltungsausschuss von Zhongguancun hat das Café „Garage" in sein Unterstützungssystem für Plattformen für private Gründerzentren aufgenommen. Auf diese Weise kann die Einrichtung finanzielle Beihilfen der Regierung erhalten. Am Tag der Recherche erhielt auch das „3W" die Lizenz zum privaten Gründerzentrum. Für die Existenzgründer, die hier „Dienst" machen, dürfte das noch mehr Vergünstigungen bedeuten. (Quelle: China Heute)
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