Networking-Cafés als Eldorado für Chinas junge Existenzgründer
„Man bestellt einen Kaffee und kann hier den ganzen Tag verbringen." Für junge Existenzgründer ist der Workspace in Networking-Cafés wie dem „3W" angesichts horrender Mieten eine preisgünstige Alternative zur Anmietung eines eigenen Büros.
Auf den ersten Blick wirkt die „Garage" wie ein ganz gewöhnliches Café. Beim Eintreten fallen einem als erstes die angenehm arrangierten Tische und Stühle sowie die exquisite Dekoration ins Auge. Dazwischen wuseln die Bedienungen mit Tabletts voller Latte Macchiato, Karamell-Cappuccino und Espresso herum. Wirft man jedoch einen Blick an die Wand, wird klar: die „Garage" ist eben doch kein gewöhnliches Café. Dort ist eine Anzeige an die andere gepinnt, die meisten zielen darauf ab, einen Geschäftspartner zu finden oder ein Projekt auszuschreiben. Die „Garage" ist nicht nur Treffpunkt für Kaffeefreunde, sondern auch Büro und Workspace für junge Existenzgründer und auch Anlaufstelle für Investoren, wie die von „Engel Fonds". Regelmäßig kommen die Mitarbeiter in die „Garage", um nach geeigneten Projekten Ausschau zu halten. Das Café im hippen Beijinger Stadtviertel Zhongguancun steht ganz im Zeichen von Existenzgründung und Investition. Solche Networking-Cafés schießen vor allem in Chinas angesagten Metropolen wie Shanghai oder Beijing unauffällig aber rasant wie Pilze aus dem Boden.
Café als Arbeitsplatz
Feng Tao ist der Begründer einer kleinen Online-Jobbörse. Ein Service, den Feng frisch auf den Markt gebracht hat. Sein kleines Arbeitsteam besteht aus nur vier Mitarbeitern. Ungefähr ein Jahr ist es mittlerweile her, seit Feng Tao sein Büro ins Café „Garage" verlegt hat. Das war am Anfang der Gründung seiner Website. Wenn nicht viel zu tun ist, setzen sich die Mitglieder im Café zu einem Americano zusammen, um sich auszutauschen. Die übrige Zeit geht jeder seiner eigenen Arbeit nach. „Hier stehen Arbeitsplatz, Internet sowie andere Ausrüstung und Hilfsmittel, die man bei der Arbeit benötigt, kostenlos zur Verfügung. Man bestellt einen Kaffee und kann hier den ganzen Tag verbringen", sagt Feng. Insgesamt würden so hochgerechnet jeden Monat weniger als 2000 Yuan fällig, rechnet er vor, umgerechnet rund 260 Euro. Das sei um einiges günstiger als die Miete in einem fest angemieteten Büro im Stadtteil. Noch wichtiger aber sei, dass man hier Leute treffe, die ebenfalls eine Existenz gründen oder nach Investitionsmöglichkeiten suchen. „Es ist eine prima Anlaufstelle zum Meinungs- und Ideenaustausch", sagt er.
Und genau das ist auch das Ziel, das Su Di, der Begründer der „Garage", verfolgt. Er will Existenzgründern einen billigen und offenen Workspace anbieten. „Wir betreiben hier eine besondere Art von Café, das Pionieren und Investoren eine preiswerte und offene Plattform zur Verfügung stellt", sagt er über die Geschäftsidee. „Alle Existenzgründer und Investoren sind hier willkommen, Pionierarbeit zu leisten, zu investieren und nach neuen Projekten zu suchen." Sus Café soll ein Gründerzentrum sein, er will ein Sprungbrett für privates Kapital schaffen. Firmen aus unterschiedlichen Branchen, die sich in einer Frühphase ihrer Entwicklung befinden, sollen in der „Garage" die Möglichkeit bekommen, ihre Ideen zu entwickeln und an ihrer Produktidee zu feilen. Durch die Vernetzung einzelner Gruppen sei eine schnellere Entwicklung möglich, als wenn alle Parteien isoliert im stillen Kämmerlein arbeiteten, ist Su überzeugt.
CoCo Zhang ist eine dieser Existenzgründerinnen. Sie besucht die „Garage" erst seit einigen Tagen. Zum vierten Mal habe sie hier eine Arbeitsschicht eingelegt, erzählt sie. Ihre Firma hat gerade die erste Phase der Existenzgründung durchlaufen. Im Networking-Café sucht die frisch gebackene Unternehmerin nun nach einem geeigneten Techniker. „Ich habe gehört, dass es hier viele talentierte Menschen gibt. Und die Kosten für Personalanwerbung sind hier deutlich geringer als über eine Agentur", sagt sie. Aber auch die Effizienz sei dementsprechend niedriger, räumt sie im gleichen Atemzug ein. „Die meisten jungen Leute, die hier herkommen, wollen sich selbstständig machen oder sind auf der Suche nach einem Geschäftspartner." Sie wolle sich die Klientel, die in die „Garage" kommt, genauer unter die Lupe nehmen, sagt sie, erst dann entscheide sie, ob sie ihr Büro langfristig hierher verlegt.
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