Die Annex (Xi´an) Digital Software ist im Shaanxi Animationsfilm-Industriepark imXi'aner Stadtbezirk Beilin zu finden. Präsident dieses Unternehmens ist der Japaner Takaoka Masaki, der Annex im Jahr 2007 gegründet hat. Gegenwärtig gibt es rund 60 Angestellte, das Geschäftsfeld umfasst die Umwandlung von 2D-Bildern in 3D-Bilder und die Herstellung von Animationsfilmen in 2D oder 3D. Nach Darstellung des Präsidenten stammen 70 Prozent der Aufträge aus Japan, 20 Prozent aus den USA und nur zehn Prozent aus der Volksrepublik China. Die Frage nach der Ursache für den Umzug seines Unternehmens in den Industriepark beantwortet Takaoka ganz klar: "Hier stimmen sowohl die Hardware als auch die Software. Es gibt viele Hochschulen, die Talente ausbilden und uns mit künstlerischem Nachwuchs versorgen können. Außerdem sind die Kosten hier niedriger als in anderen Städten."
In den letzten Jahren hat China die Entwicklung der Animationsfilmindustrie systematisch in Angriff genommen. Nach dem Willen der Wirtschaftslenker wurde im 12. Fünfjahresplan der Kulturindustrie eine Schlüsselrolle zugeschrieben. Ganz weit vorne mitmischen soll dabei der Animationsfilm, denn er verspricht ein milliardenschweres Geschäft: Seit 2006 ist die Animationsfilmindustrie in China jährlich um 30 Prozent gewachsen, bis zum Ende des 12. Fünfjahresplanes soll der Produktionswert dieser Branche 10 Milliarden Yuan betragen. Kreativität lässt sich allerdings nicht befehlen, das hat sich mittlerweile auch unter Geschäftsleuten und Kulturfunktionären herumgesprochen.
Um den klugen Plan zu erfüllen, hat der Beilin Industriepark für Wissenschaft und Technik in Xi´an, der 1991 gegründet wurde, die Animationsfilmindustrie mit dem Schwerpunkt Outsourcing in den Mittelpunkt künftiger Entwicklung gestellt. 2008 wurde dann offiziell das Xi´aner Animationsfilmzentrum gegründet, das 2010 in den Rang eines Industrieparks auf Provinzebene erhoben wurde. Dessen Bedeutung reicht weit über alles hinaus, was normalerweise mit einem Industriepark in Verbindung gebracht wird.
„Die Animationsfilmindustrie ist eine der Kulturindustrien mit dem größten Entwicklungspotential", meint Lu Weifeng, der Direktor des Verwaltungszentrums des Industrieparks. Um ein gedeihliches Umfeld für die Unternehmen zu schaffen, wurden sechs Dienstleistungsbereiche geschaffen: Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen, Aus- und Weiterbildung, Projektentwurf und –durchführung, Produktion und Marketing, internationale Kommunikation und Kooperation. Bis jetzt sind 51 Unternehmen eingezogen, die Zahl der Beschäftigten beträgt 2000, der Gesamtumsatz liegt bei über 200 Millionen Yuan. Außerdem hat der Park Büros in Hamburg und Osaka eröffnet und beteiligt sich an Wettbewerben und Austauschprogrammen in China und im Ausland. Dahinter steckt die Absicht, chinesischen Animationsfilmen das Tor zur Welt zu öffnen.
Dem internationalen Markt für Animationsfilme liefert China gerade einmal magere vier Prozent der Weltproduktion und steht damit in starkem Kontrast zum Anteil der Chinesen an der Weltbevölkerung, die als potentielle Kundschaft für trickreich bewegte Bilder gilt.
Fan Di´an, Präsident des National Art Museum of China in Beijing und international bekannter Kurator chinesischer Gegenwartskunst, hat während der 5. Tagung des XI. Nationalen Volkskongresses (NVK) gesagt, dass auf dem heimischen Markt in den letzten Jahren eine große Nachfrage nach Animationsfilmen bestehe. Vor allem der Bedarf an Filmen für Kinder und Jugendliche sei immens gewachsen, so dass sich die Industrie sehr schnell entwickelt habe. China produziert jedes Jahr Animationsfilme mit einer Gesamtdauer von rund 200 000 Minuten, aber Fan stellt fest, dass nur wenige dieser bewegten Bilder die Zuschauer wirklich beeindrucken. Fan Di´an fordert kreative und zeitgemäße Animationsfilme.
Sun Zhihong, Direktorin des Verwaltungsbüros des Beilin Industrieparks für Wissenschaft und Technik, erklärt, China habe zwar zahlenmäßig die japanische Produktion bereits überflügelt, aber in Sachen Qualität und Bekanntheit rangierten chinesische Animationsfilme allenfalls im unteren Mittelfeld des internationalen Marktes. „Animationsfilme aus China", so Sun, „sind stark von japanischen Vorbildern beeinflusst." Dies sei auch den europäischen Mitgliedern der Jury aufgefallen, die über die Arbeiten zu entscheiden hatten, die zum Wettbewerb„Original Animation" in Xi´an im Jahr 2010 eingereicht wurden. Die Managerin hofft nun, dass der Industriepark hier mittelfristig Abhilfe schaffen kann.
Wie lässt sich die chinesische Geschichte mit Hilfe zeitgemäßer Technik vermitteln? Dazu bedarf es grosser Experimentierfreude und eines mindestens ebenso grossen Aufwandes. Der kann aber erst dann betrieben werden, wenn sich die Unternehmen eine Überlebensgrundlage geschaffen haben. Meisterwerke gelingen nicht auf Anhieb und Entwicklungskosten sind hoch, darin sind sich alle Player der Industrie einig. Viele Unternehmen konzentrieren sich daher zunächst darauf, Auftragsarbeiten zu übernehmen. Oft bleibt es dann allerdings auch bei der Übernahme von outgesourcten Projekten und der take off in die Welt der eigenen Phantasie bleibt dauerhaft aus.
Ganz anders der Ansatz der Shaanxi Flybird Cultural Development:Schon seit ihrer Gründung im Jahr 2004 setzt sie neben Auftragsarbeiten vor allem auf Originalwerke. Filme und Reihen wie „Fen Shui Ling", „Bao Zi Tou" sowie die Comic-Serie „A Dou Wai Zhuan oder „Legend of Hongdou" sind in China sehr beliebt. Aus ihrer Werkstatt stammt auch der kurze Animationsfilm „Holy Tree", der letztes Jahr beim 8. Hamburg Animation Award einen Preis errang. Der Film greift auf einen chinesischen Mythos vom Wachstum eines heiligen Baumes als Symbol der oft schwierigen Beziehung zwischen Mensch und Natur. Der Film transportiert den Gedanken des Umweltschutzes. Die Animation bedient sich des Bildprogramms traditioneller chinesischer Wandmalerei, was bei der Jury grossen Anklang fand.
Generaldirektor Wang Yumin meint gegenüber der Beijing Rundschau, dass sein Unternehmen sich sowohl mit Auftragsarbeiten für die Tourismusbranche und große Firmen als auch mit der Umsetzung von Originalstoffen beschäftige. In letztem Jahr haben die Flybirds ein Umsatzvolumen von vier Milliarden Yuan erzielt. „Originalwerke bilden das Rückgrat des künftigen Geschäfts. Man kann sich das Entwicklungspotential noch gar nicht so richtig vorstellen, denn es ist gewaltig", so Wang.
Im Industriepark feilt man nicht nur an Animationen, sondern auch an steuerlichen Anreizen: Wer ein eigenständig entwickeltes Werk nachweisen kann, wird mit einem günstigeren Steuertarif bedacht. Für Originalwerke, die es zur Ausstrahlung in Chinas Staatsfernsehen CCTVschaffen oder in den Fernsehkanälen auf Provinzebene laufen, wird pro Minute Sendezeit eine Prämie vergeben. Der Industriepark tritt auch als Geldgeber für den Wettbewerb „Original Animation" in Erscheinung.
„Erfreulicherweise", findet Sun Zhihung, gab es im letztem Jahr schon Animationsfilme, die sich vom chinesischen Schattentheater beinflussen ließen, vom Scherenschnitt, der Tuschmalerei und Figuren aus Ton.
„Wir hoffen sehr, durch die ‚Original Animation' landesweit Talente zu entdecken, die der Branche Flügel verleihen können."
Alle Produktionen, die mit Auszeichnungen bedacht wurden, waren in einem vagen definierten „chinesischen Stil" gehalten. Für Sun ist die Sache klar: „Originalität der Stoffe und ein unverwechselbarer Stil kommen in der ganzen Welt gut an. Dies war die einhellige Meinung der Jury aus Japan, Frankreich und Deutschland."
Bewerbungsschluss für die zweite Ausgabe der „Original Animation" ist der 31. Mai 2012. Ein Drehbuchpreis lenkt dieses Jahr die Aufmerksamkeit auf die Entwicklung geeigneter Stoffe. Ein Spezialpreis für Filme aus dem Ausland soll Werke belohnen, die mit Stilelementen chinesischer Kunst spielen. Dem „Kung Fu Panda" wäre also eine Würdigung durch die Jury sicher ...