Blue Mansion: Haus des Zhang Bishi in Georgetown, Malaysia
Foto: Xiao Xiao
Lebendige Geschichte
Zhang Bishi, der Gründer der Weinfirma Changyu, wurde 1840 in Guangzhou geboren. Mit 18 ging er zum Arbeiten nach Indonesien. Nach bescheidenen Anfängen als Wasserträger trat er in die Dienste der niederländischen Kolonialverwaltung. Dann wurde er zum erfolgreichen Geschäftsmann und Multimillionär, Lieferant der niederländischen Armee und Marine, Reeder, der mit seinen Schiffen den Küstenhandel Sumatras dominierte, Plantagen- und Bergwerksbesitzer und Anteilseigner im Opiumhandel von Singapur und Penang. Die New York Times bezeichnete ihn als "Chinas Rockefeller" und "J.P. Morgan des Reichs der Mitte". Er ließ die Blue Mansion in Georgetown auf der Insel Penang im heutigen Malaysia bauen, eines von zahlreichen Häusern, die in ganz Asien als seine Wohnstätten dienten, und die er abwechselnd mit seinen acht Frauen aufsuchte. Heute wird das mit einem UNESCO-Preis ausgezeichnete Haus inmitten der Altstadt von Georgetown, die als Weltkulturerbe unter Denkmalschutz steht, als Kulturdenkmal und Hotel genutzt.
Im Jahr 1871 nimmt Zhang Bishi in Batavia an einer Cocktailparty des französischen Konsuls teil. Der Konsul war erst vor kurzem aus China nach Indonesien gekommen und nun voll des Lobes für die Weintrauben, die in Yantai im Norden der Halbinsel Shandong wuchsen. Angeblich ließe sich mit ihnen ein Wein produzieren, der so gut sei wie der Wein aus Bordeaux. Zhang Bishi erinnerte sich an diese Geschäftsidee, als er im Jahr 1891 im Umfeld des Eisenbahnbaus nach Yantai kam und so begann er, sich für den Anbau von Weintrauben zu interessieren. Er verschaffte sich unter der Herrschaft der Qing-Kaiser einen hohen Beamtenrang und stieg nach Ausbau seiner geschäftlichen Aktivitäten in China nicht nur zum Berater der Kaiserwitwe Ci Xi auf, sondern diente sich bis zu seinem Tod 1916 auch den Politikern der Republik an.
Wie Qingdao im Süden der Halbinsel Shandong liegt auch Yantai im Norden zwischen Meer und Gebirge, das Klima ist gemäßigt und relativ feucht und die Böden sind sehr fruchtbar. 1892 gründete Zhang Bishi mit einem Kapital von drei Millionen Teal Silber den Weinbaubetrieb Changyu. „Chang" steht für den Familiennamen von Zhang und „Yu" bedeutet Wohlstand. Die Rebfläche des Weinguts betrug 67 Hektar. Es wurden mehr als 120 Rebsorten aus Deutschland, Frankreich und Italien angebaut. Zhang Bishi hat auch moderne Gerätschaften zur Vinifizierung aus dem Ausland eingeführt und erstklassige Kellermeister verpflichtet. Er gründete das erste moderne Unternehmen, das sich in China mit der Produktion von Qualitätswein beschäftigte, deshalb nennt man den Rockefeller Chinas auch den Vater des chinesischen Weinbaus.
Auf der Weltausstellung in San Francisco im Jahr 1915 errang Changyu vier Auszeichnungen und machte so erstmals chinesischen Wein im Ausland bekannt.
Im Jahr 1931 kam es zu einem Großbrand auf dem Gelände der Kellerei, wodurch der weitere Betrieb des Unternehmens in Gefahr war. Die Firmenleitung nahm bei der Bank of China in Yantai einen Kredit auf. Der Leiter der Bank, Xu Wangzhi, stimmte dem Kredit zu und wurde kurzerhand im Zweitberuf Manager bei Changyu. Gemeinsam mit den Betriebsangehörigen dachte er sich einen Namen für einen eigentümlich trockenen Rotwein aus, den die Kellermeister kreiert hatten: Jie Bai Na. Dieser Name fasst chinesische und westliche Vorstellungen zusammen. Die Aussprache des Namens Jie Bai Na klingt wie der Name der Rebsorte Cabernet. Jie Bai Na bedeutet soviel wie das Meer, das alle Flüsse fassen kann. Rotwein unter dem Markennamen Jie Bai Na ist das Hauptprodukt von Changyu. Die Rechte an der exklusiven Nutzung der Bezeichnung Jie Ba Na durch Changyu war Gegenstand eines achtjährigen Rechtsstreites, der erst im Sommer letzten Jahres zugunsten von Changyu entschieden wurde.
Der trockene Rotwein aus dem Hause Changyu wurde 1987 auf einer Weinmesse in Brüssel mit der Goldmedaille ausgezeichnet. Seit den neunziger Jahren betreibt Changyu ein Joint Venture mit der französischen Groupe Castel, ein Unternehmen, das 1949 von neun Geschwistern als Familienbetrieb gegründet wurde, und über den Weinhandel zum Erwerb von Weingütern und Mineralquellen überging und heute als das zweitgrößte Getränkeunternehmen der Welt gilt. Durch das Joint Venture fand Changyu wieder Anschluss an zeitgemäße Formen des Weinbaus und der Vinifizierung nach französischem Modell.
Seit 2005 wird Jie Bai Na auch auf Staatsbanketten der chinesischen Regierung kredenzt. Seit 2006 findet er sich in den Regalen von mehr als 3000 europäischen Supermärkten, er wird in Spitzenhotels ausgeschenkt und in der First Class der Lufthansa gereicht. Bei einer internationalen Weinverkostung im Jahr 2008 wurde Jie Bai Na zu einem der dreißig besten Weine der Welt gekürt.
Heute ist die Weinkellerei Changyu der größte Weinbaubetrieb Chinas und ganz Asiens. Ende 2004 hatte das Unternehmen einen Gesamtwert von 2,37 Milliarden Yuan. Nach Abzug bestehender Verbindlichkeiten betrug das Nettovermögen immerhin noch 1,66 Milliarden Yuan. Die Hauptprodukte von Changyu sind Wein, Brandy und Sekt. Der Marktanteil von Changyu liegt in China bei über zwanzig Prozent. Im Jahr 2007 stieg Changyu in die Liste der zehn größten Weinproduzenten der Welt auf.
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