04-08-2010
Made in China
Zhou Qunfei und ihr Reich aus Handyglas

Apple verfolgt bei der Fertigung von iPhone die Strategie, für jedes Bauteil und für jeden Montageschritt nur ein oder zwei Zulieferbetriebe auszuwählen. Lansi hat dank seiner großen Produktionskapazität die Chance bekommen, ein Partner Apples zu werden. Auf der Welle des Verkaufserfolgs des iPhones wurde auch Lansi in die Höhe getragen.

Schwierigkeiten bei der Herstellung von Displays

Allerdings stellt die Herstellung eines iPhone4 besonders hohe Anforderungen an die Produktionstechnik, der Standort Liuyang kann noch nicht die geforderten Stückzahlen liefern. Lansi ist bislang nur in der Lage, fünfzig Prozent der gewünschten Kapazität zur Verfügung zu stellen.

Das Bearbeitungsverfahren ist überaus kompliziert: mit einer CNC-Fräse muss das Glas exakt zugeschnitten werden. Eine Maschine kann in der Stunde lediglich drei Displaygläser bearbeiten und dies auch nur unter Aufsicht eines erfahrenen Facharbeiters. Um den hohen Qualitätsansprüchen zu genügen, statten die internationalen Großkunden Lansi kostenfrei mit Anlagen zur Qualitätsprüfung aus. In Vollzeitstellung ist ein Qualitätsingenieur in der Fabrik anwesend. Der Maschineneinsatz bei Lansi ist enorm: allein für die CNC-Fräsetechnik braucht man mehr als tausend Maschinen, in die Tausende geht auch die Zahl weiterer Anlagen. Das Rohmaterial Glas wird aus Deutschland, der Schweiz und Japan angeliefert. Der Verschnitt wird sorgfältig eingesammelt und zum Recycling an die Hersteller zurückgesandt. 

Das Foxconn-Phänomen im Hinterland

Seit dem Boom bei Lansi kann auch Zhang Hewen wieder ruhig schlafen. Er ist stellvertretender Sekretär des Parteikomitees der Stadt Liuyang und zugleich Direktor der Verwaltungskommission des staatlichen Hi-Tech-Industrieparks in Changsha. Zuvor waren nämlich Bedenken laut geworden, ob der Industriepark nicht überdimensioniert sei und zu wenig Arbeitsplätze böte. Viele große Betriebe der Pharmaindustrie, die vollautomatisiert arbeiten, würden nur einige Hundert Arbeiter einstellen, was kein bedeutender Beitrag zur Senkung der Arbeitslosenzahlen in Liuyang wäre. Lansi hat den Lauf der Dinge gewendet: Schon heute zählt das Unternehmen in Liuyang über 10 000 Beschäftigte. Mehr als fünfzig Prozent aller auf dem Gelände des Industrieparks tätigen Arbeitskräfte sind bei Lansi angestellt.    

Lansi plant, in Zukunft bis zu 30 000 Menschen zu beschäftigen, der Umsatz bewegt sich in Milliardenhöhe, für die Stadt fallen mehrere hundert Millionen Yuan Steuern ab.

In der Fabrik herrscht Zucht und Ordnung: Lange Haare, Tätowierungen, das Tragen von Schmuck sind genauso verboten wie das Führen von Privatgesprächen während der Arbeit. Einigen Angestellten geht es zu streng hinter den Fabriktoren zu, sie haben gekündigt und sind gegangen. Nicht selten kommt es auch zu dramatischeren Auseinandersetzungen und Autoritätsproblemen. Zhang Hewen greift schlichtend ein, um die vielgepriesene harmonische Gesellschaft im Kleinen herzustellen. Er räumt ein, dass ein Hauptteil seiner Arbeit heute darin besteht, den richtigen Umgang mit der Generation der in den neunziger Jahren Geborenen zu erlernen.

Lastwagen voller Handygläser biegen aus der Fabrik auf die Autobahn ein. Nach der Montage bei Foxconn unten im Südosten Chinas werden die iPhones auf den Weltmarkt geworfen. Bei Lansi tragen die jungen Arbeiter schon den Blaumann und machen sich bereit für die Nachtschicht. Viele tausend Meilen hinter den Bergen von Hunan, in der Zentrale von Apple in den USA, wartet Steve Jobs, der Hi-Tech Zauberer für Konsumenten, schon ungeduldig auf die Früchte ihrer nächtlichen Arbeit.

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