04-08-2010
Made in China
Zhou Qunfei und ihr Reich aus Handyglas

In der Provinz Hunan zwischen Changsha und Liuyang liegt eine Hügellandschaft wie viele andere. Aber hier wird über das Schicksal der weltweiten IT-Industrie entschieden. Stockt in Liuyang der Nachschub, fehlt es überall auf dem globalen Handymarkt an Waren. Die Frau, die hier die Fäden zieht, heißt Zhou Qunfei, eine Art Schneewittchen hinter den sieben Bergen.

Hi-Tech in der Heimat der China-Böller

Große Lastkraftwagen voll wertvollen Spezialglases fahren nacheinander durch das Tor der Fabrik. Das feine Glas stammt aus Japan und der Schweiz. In den Werkstätten wird es zugeschnitten, poliert, gefärbt und endlich in die Abdeckung des Handydisplays für Produkte der gehobenen Preiskategorie verwandelt: iPhone, Nokia und Samsung Anycall. Das fertig verarbeitete Glas wird auf der Autobahn zum achtzehn Kilometer entfernten internationalen Flughafen Huanghua in Changsha transportiert. Von dort geht es weiter zu den verschiedenen Montageorten, die über die ganze Welt verstreut liegen. Es heißt, jedes zweite Glas für Handys auf der Welt laufe durch die Hände der Arbeiter von Hunan.

Nacht liegt über dem Fabrikgelände. Arbeiter im Blaumann betreten die Kantine. Die scharfgewürzte Mahlzeit aus der Hunan-Küche kostet fünf Yuan. Die jungen Arbeiter reden auch nach der Arbeit noch über die Arbeit. Sie haben gehört, dass sich neue wichtige Kunden zur Fabrikbesichtigung angekündigt haben. Ihre Chefin Zhou Qunfei bleibt jeden Tag bis spät in der Firma, um persönlich die Produktion zu überwachen. Niemand darf sich auf die faule Haut legen. Die Jugend aus Liuyang versucht sich an die anspruchsvolle Tätigkeit zu gewöhnen. Was nicht immer einfach ist. Manch einer von ihnen schafft bis zu zehn Überstunden am Tag. Zwar ist die Arbeit anstrengend, aber ein Monatseinkommen von mehr als 2000 Yuan ( ca. 225 EUR ) ist sehr verlockend.

Liuyang ist die Heimat der Feuerwerksindustrie. Mehr als 400 000 Menschen sind in ihr beschäftigt, aber leider bringt sie den Menschen oft kein Glück: Zahlreich sind jedes Jahr die Opfer von Fabrikexplosionen. Immer mehr Eltern schicken ihre Söhne und Töchter in die Glasfabrik. Mindestens scheint diese Arbeit prestigeträchtig und ungefährlich. 

So wird die Fabrik immer weiter ausgebaut. Es entstehen weitere Werkhallen und Wohnheime für die Arbeiter. Das bedeutet: die Bestellbücher sind voll, Arbeitskräfte werden eingestellt.

Self-made woman aus Hunan

Die Hongkong-Bürgerin Zhou Qunfei wurde in den 70er Jahren in Hunan geboren. In der Provinz Guangdong hat sie sich die ersten Sporen in der Branche verdient. Auf der Grundlage ihrer zwanzigjährigen Erfahrung in der Glasindustrie hat sie ihre eigene Technik für die Verarbeitung von Spezialglas entwickelt. Sie fing mit Uhrenglas an und ist heute die ungekrönte Königin des Handyglases. In der Öffentlichkeit hält sie sich sehr zurück und erscheint nur höchst selten in den Medien. Nur wenige wissen, dass ihr Unternehmen Lansi Technology Co., Ltd. heute der weltweit größte Betrieb für die Bearbeitung von Glas für Handydisplays ist.

Lansi Technology begann 2006 mit der Produktion in Liuyang. In einer ersten Investitionsstufe  wurden  1,2 Milliarden Yuan investiert, in der zweiten Phase rund eine Milliarde. Eine weitere Ausbaustufe, für die 800 Millionen Yuan eingeplant sind, ist im Juni angelaufen. Voraussichtlich im November wird die erweiterte Produktion aufgenommen werden.

Die Gesamtinvestitionen von Lansi belaufen sich in Liuyang auf mehr als drei Milliarden Yuan. Insider behaupten, dass Lansi das Geld aus eigener Tasche zahlt, ein Darlehen der Stadtregierung sei nicht im Spiel. Liuyang ist damit schlagartig zur Hauptstadt des Glases für Handybildschirme geworden, die Produktion deckt mehr als die Hälfte der Weltproduktion ab. Bis April 2010 lagen die Auslandsbestellungen bei Lansi schon bei einem Gesamtwert von 4,3 Milliarden Yuan, die Order für das Jahr 2011 überschreiten 12 Milliarden Yuan.

Die Ursache für die rasche Entwicklung von Lansi liegt vor allem in den langfristigen Verträgen, die das Unternehmen mit großen Kunde wie Apple abgeschlossen hat.

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