04-06-2015
Kultur und Kunst
Die Zukunft beginnt mit einer Idee: Jahrtausendealtes chinesische Handwerk trifft modernes 3D-Drucken
von Edith Stifter

Chinesisches Gitterwerk

Ein Punkt auf der riesigen Liste, mit der sie die Schatztruhe der chinesischen Geschichte öffneten, war das traditionelle chinesische Gitterwerk. Chinesisches Gitterwerk gibt es schon seit 3000 Jahren und ist somit wohl eines der erfolgreichsten Designprodukte überhaupt, immerhin wurde den Menschen bis heute nicht langweilig, es zu bewundern.

Gitterwerk ist nicht nur faszinierend anzusehen, sondern auch aus Sicht des Konstruktionsprozesses spannend. Es handelt sich dabei nämlich um mathematische Kunst, um geometrische Strukturen. Es sind die Prinzipien der euklidischen Geometrie, die hier ihre Anwendungen finden. Mathematische Kunst findet man seit jeher auf der ganzen Welt. Ob der goldene Schnitt oder die damit zusammenhängende Strukturen bewusst oder unbewusst von Künstlern verwendet wurden, lässt sich oft schwer sagen.

Aber gewisse Bilder gefallen den Menschen auf der ganzen Welt, ungeachtet ihrer unterschiedlichen Kultur oder des Zeitalters, in dem sie leben. Offenbar gibt es bestimmte Formen und Symmetrien, die unser Gehirn besonders ansprechend findet. Ähnliche Muster sind in der Geschichte der Menschheit auf der ganzen Welt weitverbreitet, auch im Westen und im Islamischen Kulturkreis. In China wurde das Thema theoretisch weniger behandelt, aber die Prinzipien finden auch hier im gesamten chinesischen Raum von Tibet bis nach Beijing seit jeher in der Kunst und Technik ihre Anwendung.

Viele Arbeiten, die sich mit chinesischem Gitterwerk beschäftigen sind dann auch wissenschaftliche Arbeiten von Mathematikern. Ami, David und Leandro waren überrascht über die große Zahl wissenschaftlicher Thesen zu chinesischen Gitterwerken. Das Standardwerk zu chinesischem Gitterwerk wurde von dem Amerikaner Daniel Sheets Dye verfasst, der 1901 nach China gekommen war, um hier zu unterrichten. Aus einem Thema, das er anfangs „nur" interessant fand, entwickelte sich im Lauf der Zeit eine regelrechte Obsession, dank der er letztendlich ein Buch verfasste, um diese fragile Kunst für die Zukunft zu bewahren.

Gitterwerk wurde nämlich meist aus Holz hergestellt, ein relativ fragiles Material, wenn es der Witterung und Feuer ausgesetzt ist. Viele Designs, die Daniel Sheets Dye in seinem Buch vorstellt, gibt es heute nicht mehr, da vieles im Laufe der Geschichte verloren ging.

Daniel Sheets Dye äußert in seinem Buch seinen Wunsch, dass das von ihm so geliebte Handwerk des chinesischen Gitterwerkes eines Tages wieder belebt werden würde, im 20. Jahrhundert, ein einem „new wheel of life": David Doepel, Ami Nigam und Leandro Rolon versuchen nun im 21. Jahrhundert, dieses 3000 Jahre alte Handwerk mit einer modernen Technologie zu verbinden, da sie entdeckten, das 3D-Drucken und die geometrische Kunst des chinesischen Gitterwerkes füreinander gemacht sind.

 

3D Drucken

Man hört wenig über 3D-Drucken und wenn, dann nur beängstigendes. Die meisten Menschen glauben, es gäbe diese Technologie erst seit kurzem. Tatsächlich wurde sie aber schon in den 1980er Jahren entwickelt.

Die Anwendungsmöglichkeiten sind unglaublich vielfältig, daher ist diese Technologie für Designer, Techniker, Medizin und sogar für die Raumfahrt hoch interessant. Die NASA hat untersucht, dass diese Technik zum Beispiel bei einer Kolonie am Mond die Lösung eines großen Problemes wäre: der Frage der Baumaterialien. Der Transport von Baumaterialien auf den Mond ist nicht nur äußerst schwierig sondern natürlich auch entsprechend kostspielig. Denn eines der Probleme für eine etwaige Kolonialisierung der Mondes ist die Frage des Materialtransportes. Doch eigentlich gäbe es ja am Mond Rohmaterial zur Genüge, man muss diese nur entsprechend bearbeiten. Hoffnungen werden dabei auch in einen 3D-Drucker gesetzt, mit dem man Staub auf dem Mond in Bauteile „verwandeln" würde.

Schmuck und Spielzeug kann man drucken, Architekten können 3D-Drucker verwenden, um Planmodelle zu erstellen, Industriedesigner preisgünstige und genaue Prototypen. Teile eines Kampfflugzeuges werden mittlerweile mit 3D-Druckverfahren produziert und in den USA werden 3D-gedruckte Brückenkomponenten verwendet. Auch individualisierte Prothesen werden so hergestellt.

Revolutionär ist nicht nur die Fülle des individualisierten möglichen Designs, sondern vor allem der abfallfreie Herstellungsprozess. Bisher wurden Gegenstände über ein subtraktives Verfahren hergestellt, d.h. man hat aus einem Stück Holz etwas herausgeschnitten. 3D-Drucken dagegen ist ein additiver Herstellungsprozess.

Im additiven Prozess werden nur die Materialien, die tatsächlich gebraucht werden, Schicht für Schicht aufgetragen. Zusätzlich zu den kreativen Freiheiten, die diese Technologie bietet, kann man also abfallfrei produzieren!

Wenn man zum Beispiel die Produktion eines Bleistifts betrachtet, startet man mit einem ruhigen Wald der in einem ersten Schritt abgeholzt werden muss. Dabei entstehen schon die ersten Schäden an der Umwelt. Anschließend werden die Bäume abtransportiert, die Baumstämme weiter bearbeitet, ein Prozess der wieder Energie kostet und Abfall produziert. Das Holz kommt dann in eine Art großen Ofen, damit ihm Feuchtigkeit zu entzogen wird, dann erfolgt ein neuer Zuschnitt bei dem wieder Abfall anfällt. Solange, bis man am Ende die runden Stäbchen hat, die mit dem Schreibmaterial versetzt werden können.

Stellt man einen Stift im 3D-Druck her, braucht man ein Modell und Material. Dieses Material ist in diesem Fall wohl Holz-Filament oder synthetisches Filament, das Schicht für Schicht aufgetragen wird, bis man die gewünschte Form hat. Dabei fällt kein Abfall ein und das große Plus dieses Verfahrens ist, dass man den Bleistift der Hand anpassen kann.

1983 hat Chuck Hull den ersten 3D-Druck Prozess entworfen. Anfangs druckte man nur sehr große Prototypen, die nicht wirklich verwendet wurden. Prototypen, die später verfeinert wurden,damals waren 3D-Drucker noch so groß wie Autos!

Was 3D-Drucken wirklich revolutioniert hat, war das RepRap Project. Das war der Zündungsmoment, der das Thema plötzlich sehr interessant machte. Entwickler hatten einen 3D-Drucker entworfen, der seine eigenen Teile selbst produzieren konnte. Mit den sich quasi selbst reproduzierenden Druckern wollte man viele Menschen kostengünstig mit 3D-Druckern versorgen. Seither explodierte 3D Druckmacht, mittlerweile gibt unzählige verschiedene Optionen. Eine davon ist TierTime, eine Beijinger Firma, die sehr gute Deskprinter für die Heimanwendung erzeugt.

Zusätzlich fiel der Preis der Geräte innerhalb der letzten 10 Jahre stark von 15000 USD auf rund 500 USD), und während der Preis sank, stieg die Technologie ebenso rasant! Die Möglichkeiten der druckbaren Materialien haben sich ebenfalls erweitert – heute kann man auch Edelmetalle, Holz und sogar organische Materialien wie Hautzellen drucken. Viel mehr Menschen haben mehr potentiellen Zugang zu dieser Technologie, da man den 3D-Drucker gar nicht selbst besitzen muss. Unternehmen wie Sculpteo und Shapeways, die riesige Niederlassungen mit den unterschiedlichsten Druckern haben, bieten Druckservices an. Der Kunde muss nur mehr das Model selbst machen, das Material auswählen und bekommt das fertige Objekt weltweit zugeschickt. Designer können ihre Designs auch in die Archive stellen und der Konsument kann davon auswählen, der Designer verkauft tatsächlich „nur" das Design, nicht das Produkt.

Sogar Essen kann man drucken, was wiederum besonders für Raumstationen interessant ist. David Doepel kann seine Begeisterung nicht verbergen, wenn er ganz aufgeregt von seinem Traum erzählt, eines Tages nach Hause zu kommen, um am Computer auszuwählen, was er essen möchte, um dann nach dem Duschen den eben ausgedruckten Burger nur mehr in den Ofen schieben zu müssen.

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