03-04-2015
Kultur und Kunst
Ist der Shaolin-Tempel dem Kommerz zum Opfer gefallen?
von Pan Xiaoqiao

 

Der Shaolin-Tempel im Zentrum der chinesischen Provinz Henan, der berühmt für seinen Einsatz für die Gongfu (Kungfu) ist, hat kürzlich den Sprung in die Geschäftswelt gewagt. Es wurde bestätigt, dass eine Immobilie in Australien gekauft wurde, um dort einen Tempelableger zu eröffnen. Das Projekt beinhaltet ebenfalls ein 4-Sterne Hotel und einen Golfplatz.

Bereits in den letzten Jahren forderte der Tempel mit seiner Vielzahl von kommerziellen Aktivitäten das traditionelle gesellschaftliche Konzept einer religiösen Organisation heraus.

Sein Plan, eine Filiale in Australien zu eröffnen, wird als weiterer Schritt zur Kommerzialisierung gesehen und spaltet die öffentliche Sichtweise. Während einige diesen Schritt als schädlich für das Image als heiligen Ort der Verehrung und Pilgerstätte sehen, sind andere wiederum der Meinung, dass so die Kultur des chinesischen Buddhismus weiter in die Welt hinausgetragen wird.

 

Angemeldete Zweifel

He Yonghai (www.gmw.cn): In den letzten Jahren wurde der Shaolin-Tempel mehr wie eine Firma als wie ein religiöses Institut geführt. Er ist in die verschiedensten Unternehmungen eingestiegen, wie Kampfkünste, die Teeindustrie, Tourismus und Filmproduktionen. Man kann nicht darüber hinwegsehen, dass Shaolin mittlerweile zu einer Millionendollarmarke geworden ist. Mit seinem Plan, eine Filiale in Australien zu eröffnen, ist der Shaolin-Tempel wohl kein Tempel im traditionellen Sinne mehr, sondern ein transnationales Unternehmen.

Bei der Erörterung des neuen Programmes in Australien, erklärte der Tempel, dass die Eröffnung eines Ablegers außerhalb Chinas die Verbreitung der Shaolin-Kultur und ihre aufblühende Popularität fördern würde. Shi Yongxin, der Abt des Shaolin-Tempels, sagte, dass dies im Geiste der Globalisierung wäre und dass die Kultur des chinesischen Buddhismus hinausgehen und einen größeren Beitrag zu einer vielfältigeren Welt machen solle. Chinas Kungfu, das vor allem durch die Kampfkünste der Shaolin bekannt wurde, ist tatsächlich weltberühmt. Aber ist es deshalb notwendig, eine Filiale außerhalb Chinas zu eröffnen, um die Kultur der Shaolin zu exportieren?

Die Errichtung des Ablegers wird viel Geld kosten und steht so für eine Ressourcenverschwendung. Das Programm in Australien wird 1,76 Milliarden Yuan Kosten (283 Millionen USD), von denen der Großteil aus Spenden der gläubigen Anhänger des Buddhismus kommt. Wie werden sich diese Leute fühlen, wenn sie erfahren, dass es für den Bau einer Shaolin-Filiale in Australien verwendet wird? Es wäre besser, wenn der Tempel dieses Geld investieren würde, um die Lebensumstände der Anwohner zu verbessern, anstelle eine Filiale in einem entfernten Land zu eröffnen.

Unter dem Banner der religiösen Kultur wird hier das Ziel der kommerziellen Expansion verfolgt. Tempel sind Orte für Gläubige, um ihre religiösen Aktivitäten durchzuführen und ihrem Glauben Ausdruck zu verleihen. Sie sollten Kuratoren der Religionsgeschichte und Kultur sein, keine Geschäftsleute. Wie auch immer, in den letzten Jahren hat sich der Shaolin-Tempel nicht viel aus öffentlicher Kritik gemacht und besteht darauf, seine Kommerzialisierung fortzusetzen.

Wenn er seine uralte religiöse Tradition in der Welt verbreiten will, kann der Shaolin-Tempel doch Schüler aus dem Ausland rekrutieren. Es kann auch seine Mönche aussenden, um mit ihren Kampkünsten aufzutreten und so die damit verbundene Kultur populär zu machen. Liegenschafts- und Tourismusprogramme im Namen der Religion und Kultur durchzuführen ist äußerst unpassend.

 

Wang Yahuang (www.cb.com.cn): Abt Shi fragte vor kurzem, warum er und seine Schüler die Shaolin-Kultur nicht exportieren könnten, schließlich könne China auch Disney aus dem Ausland importieren.

Die Diskussion über die Australienpläne konzentriert sich auf die Frage, wie sich der Tempel positionieren solle. Die offizielle Erklärung besagt, dass der Tempel den lokalen Anhängern dem Buddhismus dienen soll. Ob das Erfolg haben wird, bleibt erst einmal unbekannt. Zusätzlich lädt Shis Vergleich des Shaolin-Tempels mit dem U.S. Entertainmentriesen förmlich zu Zweifeln und Spott ein.

Aufgrund dieser exzessiven Kommerzialisierung der letzten Jahre, in Verbindung mit anderen Faktoren, verlor das Image der Shaolin in China seinen Glanz. Nichtsdestotrotz werden sie im Ausland weiterhin hoch eingeschätzt. Besonders die großartigen Vorführungen des Shaolin stärken die internationale Anerkennung des Tempels.

Wenn die Filiale in Australien einmal fertiggestellt ist, wird es zweifelsohne auch an anderen Orten Bedarf an Shaolin-Ablegern geben. Wahrscheinlich werden wir sehen, wie sich der Tempel zu einem blühenden Franchiseunternehmen entwickelt, ähnlich wie Disneyland. Doch wenn das einmal abgeschlossen ist, wird das Image nicht einen Rückschlag erhalten und die Shaolin auch in diesen Ländern an Reputation verlieren, wie das in China der Fall war?

 

Kulturverbreitung

Wang Jiangtao (Baotou Evening News): Die meisten Nachrichten über den Shaolin-Tempel betonen das Spannungsverhältnis zwischen den überholten Vorstellungen „des alten Tempels im Wald" und den weltlichen Anforderungen des echten Lebens. Gegenwärtig führt die Bestätigung, dass ein 4-Sterne Hotel und ein Golfplatz neben einem Ableger des Shaolin-Tempels gebaut werden, zu Kritik, die meist darauf abzielt, dass solche Aktionen dem buddhistischem Glauben zuwiderlaufen würden.

Wie auch immer, wenn man die Entwicklungen letzten drei Jahrzehnte berücksichtigt, ist der Tempelableger sehr wahrscheinlich ein erfolgreicher Schritt, um die Kultur des Buddhismus zu verbreiten. „The Shaolin Temple", ein Film mit Jet Li aus dem Jahr 1982, brachte internationale Berühmtheit sowohl für den Tempel als auch für die damit verbundene Kultur. In den letzten Jahren tourten Kungfu-Mönche des Shaolin-Tempels um die ganze Welt, um ihre Kampfkünste zu zeigen. Buddhistische Mönche sind angehalten, inneren Frieden zu bewahren, aber ihre Anstrengungen, die buddhistische Kultur zu verbreiten, werden sie unweigerlich der säkularen Welt näher bringen.

Zu alten Zeiten waren die Tempel in den Bergen verborgen. Dennoch gelang es ihnen mit ihren Anhängern in Kontakt zu bleiben. Heute, haben wir angenehmere Transportnetzwerke und moderne Kanäle zur Informationsverbreitung. Es ist großartig, dass sich der Shaolin-Tempel besser durch seine Einbindung in die verschiedensten Aktivitäten und die Verwendung der neuen Medien, wie das Internet, besser bekannt macht.

Eigentlich ist das ja nicht das erste Mal, dass die Chinesen solche Aktivitäten setzen. Jianzhen (688-763), ein renommierter Mönch zur Zeit der Tang-Dynastie (618-907), reiste nach Japan, um dort den Buddhismus zu lehren und seine Erfahrung wurde lange als gutes Beispiel internationaler kultureller Kommunikation gepriesen.

 

Sun Haigang (blog.ifeng.com): Es ist schwer zu glauben, dass ein solch bedeutendes Ereignis, das die Verbreitung der chinesischen buddhistischen Kultur fördert und welches die Beschäftigung ankurbelt, in China so vehement kritisiert wird. Die, die gegen die Gründung des Ablegers sind, argumentieren, dass die Mönche sich auf buddhistische Studien und Kampfkunst konzentrieren, sollten anstelle Geschäfte zu machen.

Ist es also richtig, dass der Shaolin-Tempel einen Ableger in Australien eröffnet? Meiner Ansicht nach, wenn die Bedingungen hierfür erfüllt sind, warum nicht? Wenn das Programm erfolgreich durchgeführt wird, wird es Chinas kulturellen Einfluss verstärken. Die Eröffnung eines 4-Stern Hotels neben dem Tempel ist ebenfalls verständlich, da nicht alle säkularen Schüler an das Leben im Tempel adaptierbar sind. Außerdem würden die Mönche wahrscheinlich von ihren täglichen Aktivitäten abgelenkt werden, wenn zu viele Besucher im Tempel wären.

Viele Menschen haben lange das Missverständnis gehegt, dass sich Buddhismus immer auf seine religiöse Seite, wie Meditation, konzentrieren solle. Wie auch immer, das variiert zwischen den Schulen. Während sich die Anhänger des Hinayana im wesentlichen um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern und unter meist unter sich bleiben, sind die Mahayana-Anhänger angehalten sind, den Rest der Welt durch ihre Handlungen zu beeinflussen. Laut ihrer Lehre sollten sie anderen helfen und soziale Verantwortung tragen. Daher ist die Eröffnung eines Ablegers in Australien ein nobler, Akt um die chinesische buddhistische Kultur zu verbreiten, von dem die allgemeine Entwicklung dieser Religion profitieren wird.