23-07-2014
Kultur und Kunst
Das Qixi-Fest: Träume in der Sommernacht

Im siebten Monat des Bauerkalenders ist in China gerade glühend heißer Sommer. Die Leute sitzen am Abend nach harter Arbeit im Hof und fächeln sich kühle Luft zu, schauen in den klaren Sternenhimmel und erzählen sich alte Sagen und Legenden. Diese stehen meist mit den Sternen in Verbindung. Die Nacht des 7. Tages des siebten Monats wird Qixi genannt. Dazu gibt es eine rührende Liebesgeschichte.

 

Die Sage vom Kuhhirten und der Weberin

Fast jeder kennt die Sage vom Kuhhirten und der Weberin, sie wird gerne am Qixi-Fest erzählt.

Nach der Überlieferung war der Kuhhirt ein ehrlicher, aufrichtiger und arbeitsamer Junggeselle. Nach dem Tod seiner Eltern lebte er bei seinem älteren Bruder und dessen Frau. Doch die Frau war selbstsüchtig und wollte sich nicht um ihn kümmern, so wurde der Kuhhirt weggeschickt. Er bekam nur einen alten Ochsen, einen wackeligen Wagen und ein kleines Stück unfruchtbares Land, von dem er sich ernähren sollte. Der junge Mann und der Ochse waren aufeinander angewiesen, „großen Bruder" nannte er das Tier. Der „große Bruder" sah, wie einsam und allein der junge Mann war, und so wollte er ihm helfen, eine Frau zu finden. Er verriet ihm, dass an einem bestimmten Tag sieben Feen vom Himmel kommen und im Fluss baden würden. Derjenige, der einer Fee die Kleidung wegnähme, würde diese zur Frau bekommen. Gesagt, getan! Der Kuhhirt bekam eine Fee zur Frau. Der Hirt bestellte den Acker, während die Fee zu Hause Stoffe webte. Drei Jahre lebten sie glücklich zusammen und bekamen zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Als aber der Himmelskaiser davon erfuhr, sandte er die Kaiserin Wangmu zur Erde, um die Weberin in den Himmel zurück zu bringen und zu bestrafen. Ein glückliches Paar wurde auseinandergerissen. Dem Kuhhirten war es nicht möglich, den Himmel zu erreichen, er war allein und sehr traurig. Der „große Bruder" konnte es nicht ertragen, die beiden getrennt zu sehen; er brach sich ein Horn ab, das sich in ein fliegendes Boot verwandelte. Der Hirt konnte mit seinen zwei Kindern in diesem Boot in den Himmel fahren und seine Frau suchen. In dem Augenblick, als der Hirt seine Frau erreichen sollte, warf Wangmu ihre goldene Haarnadel ab, die im Nu zu einem reißenden Strom - der Milchstrße - wurde. Der Kuhhirt konnte die Milchstraße nicht überqueren, die beiden Liebenden, durch das Wasser getrennt, sahen sich in der Ferne an. Ihre Liebe aber bewegte den gütigen Phönix, er rief die Elstern in der Nacht des 7.Tages des siebten Monats zusammen und ließ sie eine Brücke bilden, die dem Kuhhirten und der Weberin ermöglicht, jedes Jahr einmal am Qixi-Fest zusammenzukommen. Man glaubt, in dieser Nacht das Flüstern des Hirten und der Weberin hören zu können, wenn man sich unter Weinreben versteckt. Liebende wissen den Tag zu schätzen, um einen stimmungsvollen Abend zusammen zu verbringen.

Wenn man in der klaren Nacht die strahlende Milchstraße erblickt, dann können diejenigen, die besonderes Glück haben, die Weberin auf der Brücke sehen. Es heißt, man könne sich in diesem Fall Reichtum, Gesundheit oder Kinder wünschen. Der Wunsch werde innerhalb von drei Jahren in Erfüllung gehen.

Qiqiao, „Bitte um Geschicklichkeit "

Die Weberin, so sagt die Legende, hatte besonders geschickte Hände bei der Näharbeit. So heißt das Qixi-Fest im Volk auch Qiqiao, Fest der Bitte um Geschicklichkeit. Das bedeutet, dass Frauen den Wunsch haben, so geschickt wie die Weberin arbeiten zu können. Früher gab es zwei verschiedene Methoden, die Kunstfertigkeit zu prüfen bzw. zu beweisen. Die eine hieß Buqiao, das bedeutet soviel wie Weissagung. Man schloss eine kleine Spinne in einer Schachtel ein und wartete zwei Tage. Fand man dann in der Schachtel ein ordentliches, dichtes, sauber gearbeitetes rundes Netz vor, sei die Fähigkeit für die Näharbeit bestätigt. Die zweite Methode nannte man Paoqiao: Die Frauen legten im sechsten Monat des Jahres Bohnensamen in frisches Brunnenwasser und wechselten regelmäßig das Wasser; bis zum 7. Tag des siebten Monats waren die Bohnensprossen ungefähr einen Fuß groß. Dann band man diese mit rotem Papier zusammen und warf sie in ein Becken mit Wasser. Am nächsten Morgen schaute man, ob die Bohnensprossen im Becken einen Schatten in Form einer Nadel warfen. War dies der Fall, freuten sie sich, weil das bedeutet, dass sie so geschickt seien wie die Weberin. Mädchen, so heißt es, die in der ruhigen Nacht des 7. Tages des siebten Monats an einem alten Brunnen oder unter Weinreben still sitzen und das Geflüster des Kuhhirten und der Weberin hören, haben auch ein besonderes Geschick für die Näharbeit. An manchen Orten wird dieser Tag auch direkt „Frauenfest"  ´genannt; Mädchen und Frauen kommen in der vorhergehenden Nacht zusammen und veranstalten Nähwettbewerbe. Zuvor werden den zwei Sternen, die jeweils den Namen des Kuhhirten und der Weberin tragen und durch die Milchstraße getrennt sind, Wein und Früchte geopfert. Der Siegerin der Wettbewerbe wird ebenfalls besondere Geschicklichkeit nachgesagt. 

Qixi-Gedichte

Die bewegende Geschichte des Kuhhirten und der Weberin inspiriert bis heute viele Dichter. Unter dem Eindruck dieser Geschichte entstanden viele hervorragende Gedichte. Das früheste und bekannteste ist das Gedicht So weit ist der Stern des Hirten:„So weit ist der Stern des Hirten, ihm gegenüber steht das Mädchen,integer und anmutig, getrennt durch den Himmelsfluss. Ihre geschickten Hände weben Tag und Nacht, ohne jemals fertig zu werden. Denn die Liebesehnsucht ist groß, Tränen vernebeln ihre Sicht. Klar und seicht ist das Wasser des Flusses, und doch unüberwindbar. So strömt das Wasser dahin, von der Ferne nur sieht man sich stumm." Der Song-Dichter Qin Guan schrieb in seinem Werk Queqiaoxian einige Zeilen, die die beständige Liebe der beiden besingen:„Dünne Wolken, eine Sternschnuppe, eine traurige Liebesgeschichte. Der Himmelsfluss kann nur bei dieser Nacht überquert werden. Ihr Zusammensein ist so reizvoll, dass die Liebenden diesseits sie beneiden. Eine rührende Liebe, doch sie treffen sich nur im Traum. Wie können sie ertragen, über die Elsternbrücke zurückzukehren. Der wahren beständigen Liebe vermag auch die größte Entfernung keinen Schaden zuzufügen."