Ein überraschender Trend breitet sich auf chinesischen Campus aus
Ursprünglich aus einer Laune geboren, erhält die "Up Assiocation" der Universität Peking – der "Raus aus dem Bett"-Verein – plötzlich eine Menge Zulauf und Zuspruch.
„Seit sieben Monaten kämpfen wir um das Frühaufstehen", erzählt Hu Xiaonan, Gründerin der "Up Assiocation", die sich zur Aufgabe gemacht hat, Studenten zu hefen, morgens aus dem Bett zu kommen.
Um elf Uhr vormittags, wie gewöhnlich, stand Hu auch am 25. März auf. Aber diesmal war etwas anders, sie hatte plötzlich Gewissensbisse, als sie erkannte, wie wenig sie so auf die Reihe bekommen würde. "Ich wollte das ändern", erzählt Hu. Sie ging sofort online, um eine Gruppe zu gründen, die auf die vielen Vorteile des "frühen Vogels", also des Frühaufstehens aufmerksam macht.
Innerhalb kürzester Zeit fand die Idee Zuspruch bei mehr als 1.000 Studenten der Universität Peking, auch wenn beim ersten Gruppenfrühstück am nächsten Morgen um 7:30 Uhr nur 20 dabei waren.
"Viele Studenten schlafen lange und stehen erst gegen Mittag auf", so Hu. "Das liegt auch daran, dass der Stundenplan an der Uni deutlich entspannter, als an der High School ist."
Hu macht aber auch die Sucht nach Computerspielen, Smart Phones und Tabletts für die Schlafkrankheit der jungen Generation verantwortlich.
"Einige meiner Freunde klagen darüber, dass sie nicht früher aufstehen können. Und schwören, dass sie diesmal wirklich früher ins Bett gehen und früher aufstehen wollen. Aber es ist alles andere als leicht, eine Gewohnheit zu durchbrechen", sagt Hu. "Selbst unter den Mitgliedern der "Up Assiocation" kommt es vor, dass einige es nicht schaffen. Wir sehen hier die Leute kommen und gehen. Und weniger als zehn sind wirklich jeden morgen dabei."
KOPF RUNTER: Schüler der Huwan Grundschule im Landkreis Jinzhai, Provinz Anhui, machen ein Schläfchen auf ihrem Tisch nach dem Mittagessen (Liu Junxi)
Keine leichte Aufgabe
Für Studenten bedeutete es mehr als nur ein bisschen Selbstdisziplin, einen gesunden Schlafrhythmus einzuhalten, für andere jedoch ist es noch schwieriger.
Am 8. November diesen Jahres gab die Chinese Medical Doctor Association (CMDA) den "Schlaf Index" der chinesischen Bevölkerung bekannt: Er liegt bei 64.3, gerade über dem Pass von 60. Diese Statistik zeigt, dass mehr als 90 Prozent der Bevölkerung zu wenige Tiefschlafphasen haben, obwohl die Zeit, die sie schlafen eigentlich ausreichend wäre. Denn im Durchschnitt schlafen Chinesen acht Stunden und 50 Minuten am Tag, also deutlich länger, als die sieben bis acht Stunden Schlaf, die Ärzte empfehlen.
Im März startete die CMDA eine Untersuchung über die unterschiedlichen Schlafgewohnheiten von Bewohnern in je 20 Städten, Landkreisen und ländlichen Gebieten, verteilt über ganz China. Insgesamt 107.000 Menschen wurden über den Zeitraum von zwei Monaten befragt..
Das Ergebnis zeigt, dass 14 Prozent der Befragten bis nach Mitternach wach bleiben, 15 Prozent fällt es schwer, einzuschlafen und mehr als 55 Prozent gaben an, dass sie zu Hilfsmitteln wie meditative Musik oder lesen greifen, um Schlaf zu finden. Depressive Stimmung, körperliches Unwohlsein und Stress üben dabei den größten Effekt auf die Schlafqualität aus.
Grundsätzlich haben mehr als 70 Prozent der Befragten Probleme, ausreichend erholsamen Schlaf zu finden, was unter anderem an Insomnia, Schlafapnoe (unregelmäßige Atemaussetzer während des Schlafs) oder körperlichem Unwohlsein liegt.
Unter jungen Erwachsenen ist der Anteil mit Schlafproblemen besonders hoch, 62 Prozent geben an, dass Stress am Arbeitsplatz sowie Ablekung durch Computerspiele und Ähnliches der Hauptgrund hierfür sind.
Fast 70 Prozent der befragten Stadtbewohner nutzen Handy, Tablet oder Comuter, bevor sie schlafen gehen. Und unter denen, die spät zu Bett gehen, gab beinahe die Hälfte an, dass sie bis in die Nacht chatten oder spielen.
"Ich bin wirklich müde, wenn ich abends vom Büro nach Hause komme und nehme mir jedesmal vor, früh schlafen zu gehen", sagt Liu Yuxiao, ein 25-jähriger Angestellter aus Beijing. "Aber sobald ich mich ins Bett lege, nehme ich mein Handy in die Hand."
Technisierte Unterstützung
Da man annimt, dass der dauerhafte Gebrauch digitaler Geräte wie Smart Phones Menschen vom Schlaf abhält, wurden bereits einige Handy-Programme entwickelt, um sie genau daran zu hindern, die "Früh ins Bett"-App ist eine der bekanntesten.
Ab einem bestimmten Zeitpunkt, den der User wählt, wird das Telefon mit der "Früh ins Bett"-App in den "sleep mode" versetzt und ist dann für zwei Stunden gesperrt. Der Modus lässt sich zwar verzögern, allerdings informiert die App darüber dann auch alle Freunde – der öffentliche Pranger quasi als Bestrafung.
"Die Idee der App ist es, den sozialen Druck zu nutzen, um die User, also Studenten und junge Arbeitnehmer zu ermutigen, früh ins Bett zu gehen", sagt Yang Yuan, der 23-jährige Entwickler.
Yang selbst gibt zu, meist sehr spät ins Bett zu gehen. "Mein Gehirn funktioniert spät am Abend einfach besser und viele meiner Freunde gehen höchst ungern abends schlafen. Die App dient nur als Erinnerung", erzählt er. "Solche tools sind eine neue Möglichkeit, Menschen von schlechten Gewohnheiten abzubringen, indem sie auf Eigenverantwortung setzen. Denn selbst, wenn das Handy gesperrt ist, können die Leute einfach ihr iPad nutzen, wenn sie immer noch chatten oder spielen wollen."
"Dass Schlaf wichtig ist, wissen die Menschen. Aber sie wissen nicht immer, dass sie unter schlechtem Schlaf wirklich leiden", erzählt Ye Jingying, Schlafspezialist im Beijing Tongren Hospital. "Wenn jemand häufig aufwacht oder den ganzen Tag über groggy ist, sollte er schon mal über seine Schlafgewohnheiten nachdenken."
Laut Ye sollten Menschen mindestens eine Stunde vor dem Zubettgehen die Finger von elektronischen Geräten lassen, da diese das Gehirn erstaunlich lange auf Trapp halten. Weitere Tipps: immer zur gleichen Zeit ins Bett gehen und aufstehen -- selbst am Wochenende und im Urlaub -- und eine Art Einschlafritual entwickeln, das entspannt und beruhigt.
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