30-09-2011
Kultur und Kunst
Wenn Choreographie zur Inspirationsquelle anderer Künste wird
von Xu Bei

Am 28. September 2011 hat Christopher Roman, Choreograph und Forschungsmitarbeiter des Projekts „Synchronous Objects", auf Einladung des Goethe-Instituts Peking zusammen mit mehr als zwanzig jungen chinesischen Künstlerinnen und Künstlern aus verschiedenen Disziplinen einen ganzen Tag lang einen Workshop gestaltet.

Zu Beginn der Veranstaltung gibt Christopher Roman eine theoretische Einführung in die Ideen des amerikanischen Choreographen William Forsythe. Damit unmittelbar verbunden stellt er die Website „Synchronous Objects" vor, die in erster Linie als Lernhilfe gedacht ist für die schwierige Choreographie von ‚One flat thing, reproduced', einem komplexen Gruppenstück Forsythes aus dem Jahr 2000.

Bei „Synchronous Objects" handelt es sich um ein Projekt der choreografischen Visualisierung, welches William Forsythes physikalisches Denken auf ganz neue Art sichtbar macht. Das Projekt enthüllt ineinander verschachtelte Organisations-Systeme des Tanzes in Form von Animationen, interaktiven Mechanismen und anderen visuellen Interpretationen. Es erweitert die Sichtweise, indem es hinterfragt, wie körperliches Denken noch aussehen könnte.

Nach der Theorie folgt ein Warm-up, bei dem Christopher Roman bereits Tänzer und Nicht-Tänzer gleichermaßen involviert und ihnen einige Bewegungsabläufe beibringt. Er möchte den Teilnehmern klarmachen, wie viele Möglichkeiten der Bewegung sie mit ihrem Körper realisieren können. Nach und nach stellt Roman immer mehr Regeln vor, nach denen man tanzen sollte.

Nach der Mittagspause wird diese kleine Choreographie um die Möglichkeit erweitert, seinen Körper in verschiedenen Höhen zu halten und auch sitzen oder liegen zu dürfen. Es tritt die Regel hinzu, dass man die eigene Linie verlassen darf, um sich auf der Linie der anderen zu bewegen. Nach einer weiteren kurzen Pause wird diese Bewegungschoreographie ein letztes Mal erschwert, indem es nun erlaubt ist, mit den anderen Teilnehmern zu interagieren.

Die finale Aufgabe für die teilnehmenden Künstler besteht darin, alle in dem Workshop erfahrenen und erlernten Regeln zu erinnern, anzuwenden und aufzulösen. Gruppenweise bewegen sich nun die Tänzer, während die Nichttanzenden auf einer langen Papierrolle die Bewegungen der vor ihnen Tanzenden blind aufzeichnen.

Zum Schluss wurde diese sieben Meter lange Papierrolle von den Teilnehmern auf Augenhöhe gehalten, davorstehend tanzte jeweils einer nach dem anderen die Bewegungen mit dem Kopf nach.

Wang Xiao, Studentin der China Central Academy of  Fine Arts, sagt gegenüber der Beijing Rundschau: „Da ich seit langem Radierung studiere, kannte ich bis heute  Tanz, besonders modernen Tanz, überhaupt nicht. Christopher Roman hat uns zu Beginn ein Videoskript über ein Stück des klassischen Balletts gezeigt. Dann hat er einige Positionen des Balletts analysiert. Ich fand das sehr interessant."

Li Wenfeng, Maler mit einem Atelier in der Beijinger Heiqiao Kunstzone nahe 798, meint, dass Choreographie ganz ähnlich wie Malerei sei. Man müsse durch freie Körperbewegungen sich selber vergessen und durch Bewegung Inspiration suchen.

Peter Anders, Leiter des Goethe-Instituts Peking, sagt: „Wir freuen uns sehr darüber, dass wir die Zusammenarbeit zwischen einem Künstler aus dem Team von William Forsythe und chinesischen Künstlern aus verschiedenen Bereichen gefördert haben. Es ist für uns ganz wichtig, dass hier nicht nur Tänzer dabei sind, sondern auch bildende Künstler und Künstler aus weiteren Bereichen. Die Integration anderer künstlerischer Felder ist das zentrale Thema der CAFAM Pan-Biennale, die wir gegenwärtig in Beijing erstmals ausrichten."