15-03-2011
Kultur und Kunst
Handel am Ende der Seidenstraße
von Zan Jifang

Besucher des Tangzeitlichen Westmarktmuseums betrachten Objekte, die auf dem Gelände des antiken Westmarktes gefunden wurden. Die Relikte sind unter einer Glassabdeckung konserviert. (Foto von Wei Yao)

Als den Verantwortlichen die archäologische Bedeutung der Stätte bewusst wurde, verwarf das Unternehmen die Baupläne für einen 50 000 Quadratmeter großen Komplex von Geschäftsgebäuden. Stattdessen investierte die Firma 320 Millionen Yuan (rund 35 Millionen Euro) in den Bau eines Museums, um so die Fundstücke zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

„Moderne Häuser können wir auch morgen noch bauen, aber um den Schutz historischer Stätten und die Pflege des kulturellen Erbes unserer Vorfahren, müssen wir uns heute kümmern", sagt Lu Jianzhong, Präsident des Unternehmens.

Es war das erste Mal in China, dass ein privates Unternehmen ein Museum zum Erhalt einer historischen Stätte investierte; dieser Schritt legt Zeugnis ab für das wachsende soziale Verantwortungsgefühl der Unternehmer. Normalerweise ist die Regierung für den Erhalt solcher Kulturstätten verantwortlich. Private Investitionen sind äußerst selten, da sich solche Projekte wirtschaftlich betrachtet kaum rentieren.

Das Tangzeitliche Westmarktmuseum hat eine Grundfläche von mehr als 10 000 Quadratmetern. Das Unternehmen heuerte Spezialisten an, um die gefundenen Relikte fachmännisch zu konservieren und die Ausstellung zu konzipieren. Außerdem führen die Experten weitere Forschungen durch.

„Die Konservierung der Fundstücke in unserem Museum entspricht nationalen Standards. Alle Arbeiten werden ausschließlich von ausgebildeten Archäologen vorgenommen, so ist der Erhalt der Relikte sichergestellt", sagt Wang Bin, Kurator des Museums und ehemaliger Museumsleiter des historischen Museums der Provinz Shaanxi.

„Unsere Sammlung umfasst rund 20 000 Exponate", erklärt Wang. „Der Großteil der Ausstellungsstücke stammt direkt von der Ausgrabungsstelle. Alle Fundstücke sind bei der Regierungsbehörde für kulturelle Relikte registriert und wurden als nationale Kulturrelikte eingestuft. Sie sind Eigentum des Landes", sagt Wang. "Unser Museum ist lediglich damit betraut, die Fundstücke der Öffentlichkeit zu präsentieren."

Einzigartig ist die Präsentation des Originalschauplatzes. Auf einer Gesamtfläche von 2500 Quadratmetern wurde der historische Marktplatz restauriert. Ein besonderes Highlight: Die Besucher können auf einem verglasten Bodenabschnitt direkt auf die antiken Spurrinnen der Wagen, den Wasserlauf sowie Brücken und Mauerreste des antiken Marktes blicken. Alles ganz genau so, wie es vor mehr als 1000 Jahren ausgesehen hat.

Außer den Ausgrabungsstücken zeigt die Ausstellung auch Relikte aus dem Besitz von Privatsammlern und stellt lokale Kunst und Volksbräuche Xi'ans vor. Das Museum gibt einen Überblick über Geschichte, Kultur und Gesellschaft der Stadt.

Seit seiner Eröffnung am 7. April 2010 hat das Museum eine immer größere Besucherschar angelockt. Zeitweise hätten sich täglich bis zu 1800 Menschen die Ausstellung angesehen, sagt Wang. „Für ein privates Museum sind diese Zahlen wirklich beachtlich", sagt er.

Dem antiken Handelsplatz neues Leben einhauchen

Dabei war der Weg bis zur fertigen Ausstellung durchaus sehr steinig. Firmenchef Lu musste zunächst seine beiden Geschäftspartner von seiner Vision überzeugen, den historischen Westmarkt zu neuem Leben zu erwecken und auf die Umsetzung des Immobilienprojekts zu verzichten. Lu zahlte den beiden beteiligten Unternehmen schließlich die doppelte Summe ihrer ursprünglichen Investitionen aus.

2001 wurde schließlich mit dem 4,5 Milliarden Yuan teuren Bauprojekt „Tangzeitlicher Westmarkt" begonnen. Der antike Handelsplatz wurde an seiner historischen Stätte teilweise wieder aufgebaut. Neben dem Museum umfasst der Komplex außerdem mehrere Ausstellungshallen, ein Veranstaltungszentrum, einen antiken Markt, eine Ausstellungshalle für immaterielles Kulturerbe der Provinz Shaanxi, ein Einkaufszentrum und einen exklusiven Businessclub.

„Der überwiegende Teil des Komplexes ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Im Moment arbeiten wir an einem weiteren Highlight: einem Straßenzug mit ausländischem Kunsthandwerk und ausländischen Waren", erklärt Lu.

Wenn die Straße fertig gestellt ist, davon ist Lu überzeugt, wird sie ein bedeutendes Ausstellungszentrum für Architektur aus anderen Ländern entlang der Seidenstraße. Außerdem wird es zahlreiche internationale Spezialitäten und ausländische Produkte geben. „Hier werden die chinesischen Besucher die kulturelle Essenz der Seidenstraße erleben können, eine kleine Weltreise entlang nur eines Straßenzuges", schwärmt Lu.

„Wir werden Menschen aus den entsprechenden Ländern einladen, hier eigene Geschäfte zu eröffnen. Ich hoffe auf eine große Resonanz unserer ausländischen Freunde – es ist eine Chance, unsere historische Stadt kennen zu lernen und hier gute Geschäfte zu machen", sagt er. „Schon vor 1000 Jahren fand ein solcher Handels- und Kulturaustausch zwischen Chinesen und Ausländern an diesem Ort statt. Es liegt an uns, diese Tradition in der Gegenwart fortzuführen."

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