Am 12. Oktober fällt in China der Startschuss für das neue Visa-Informationssystem (VIS). Für ein Deutschland-Visum sind dann auch Fingerabdrücke und ein biometrisches Foto erforderlich. Außerdem sind Antragsteller verpflichtet, zur Abgabe ihrer Unterlagen persönlich zu erscheinen, die Einreichung durch einen Bevollmächtigten oder auf dem Postweg ist ausgeschlossen.
Patricia van de Water, stellvertretende Leiterin der Visastelle der Deutschen Botschaft in Beijing, erläuterte die neuen Visaregelungen bei einer Informationsveranstaltung. (Foto: Maike Schulte)
Das VIS ist ein System zum Austausch von Visa-Daten zwischen den Schengen-Staaten. Seit dem 11. Oktober 2011 wird es auf Beschluss der Europäischen Kommission schrittweise eingeführt. Mit China, Japan, Korea und der Mongolei werden zum 12. Oktober die Visastellen Ostasiens mit der zentralen VIS-Datenbank verbunden. Bis Ende 2015 sollen weltweit alle Schengen-Visastellen angeschlossen sein.
Für den Antragsteller ändert sich abgesehen von Fingerabdrücken, biometrischem Foto (d.h. neutraler Gesichtsausdruck, kein Lächeln) und dem Visumseintrag „VIS" für ein nach den neuen Kriterien vergebenes Visum wenig. Gebühren, Formulare und Prozedere bleiben gleich. „Wichtig ist aber, dass der Antrag und die biometrische Daten bei der gleichen Annahmestelle zusammen abgegeben werden. Das hat sicherheitstechnische Gründe", erläutert Patricia van de Water, stellvertretende Leiterin der Visastelle der Deutschen Botschaft in Beijing. Fingerabdrücke und Foto müssen nicht bei jedem Visumsantrag neu eingereicht werden, da die Daten 59 Monate lang in der VIS-Datei gespeichert und wiederverwendet werden. In dieser Zeit können Folgeanträge wie früher auch durch einen Bevollmächtigten oder per Post gestellt werden.
„Das neue System ermöglicht ein vereinfachtes Visumsverfahren", wirbt van de Water. Profitieren können aber wohl in erster Linie Vielreisende. Denn neben den biometrischen Daten werden in der VIS-Datenbank alle in einem Schengen-Staat eingereichten Visaanträge gespeichert. „Dadurch sind Vielreisende leichter zu erkennen und sie erhalten schneller ein Jahres- oder Mehrjahresvisum", so van de Water. Politisches Ziel des neuen Systems sind leichtere Grenzkontrollen. Den Behörden ermöglicht der Zugriff auf das VIS eine schnelle und eindeutige Feststellung der Identität der Reisenden.
„Das neue Verfahren schützt auch vor Identitätsdiebstahl", erläutert die Visumsbeauftragte weiter. Besonders in China, wo viele Menschen den gleich Namen haben, aus demselben Ort stammen und ihre Fotos für ausländische Augen oft zum Verwechseln ähnlich aussehen. „Für diese Personen wird sich die Situation verbessern. Denn in der Vergangenheit hat sich die Bearbeitung eines Visumsantrags aus diesen Gründen oft verzögert", erklärt sie.
Und Langsamkeit will man sich in der deutschen Botschaft auf keinen Fall nachsagen lassen. „Kundenfreundlichkeit und ein zügiges Visumsverfahren haben für uns höchste Priorität. Wir sind konkurrenzlos schnell", betont Frank Rückert, Leiter der Wirtschaftsabteilung der Botschaft. „Auch während der Hochsaison sei in der Regel eine Antragsbearbeitung innerhalb von 48 Stunden garantiert.
Vereinfachung des Visumverfahrens geplant
Für eine zügige Bearbeitung sollen auch neue Visastellen in China sorgen, die die bereits bestehenden Visaannahmezentren in Beijing, Shanghai, Chengdu, Shenyang und Guangzhou. entlasten sollen. „Es gibt positive Signale von Regierungsseite und sobald wir grünes Licht haben, legen wir los", berichtet van de Water.
Bei regelmäßigen Briefings und in Absprache mit der Deutschen Tourismuszentrale und TLScontact, der Partneragentur zur Bearbeitung der Visaanträge, arbeitet man Rückerts Angaben zufolge an weiteren Vereinfachungen des Visumsverfahrens. So sollen künftig weniger Dokumente für seinen Antrag erforderlich sein. Durchaus überlegenswert angesichts des Papierstapels, den Chinesen beispielsweise für ein Touristenvisum (Kostenpunkt: 60 Euro) vorlegen müssen, wenn sie an einer organisierten Gruppenreise teilnehmen wollen: Neben üblichen Unterlagen wie Pass, Fotos und Antragsformular gehören auch der Nachweis einer Reisekrankenversicherung, Kontoauszüge, eine Anstellungsbestätigung des Arbeitgebers, dessen Geschäftslizenz und Nachweise über vorausgegangene Reisen in den Schengen-Raum dazu.
Der Visanachfrage tut das keinen Abbruch. „Wir verzeichnen eine Rekordzahl von Anträgen", erläutert van de Water. Den größten Andrang melden dabei regelmäßig die Annahmestellen in Beijing und Shanghai. Insgesamt 330.000 Visaanträge wurden 2014 in China eingereicht, von Januar bis Juli dieses Jahres waren es bereits 250.000, hochgerechnet ein Plus von 26 Prozent. Zwar waren mehr als die Hälfte davon Business-Visa, doch der Anteil der Touristenvisa steigt. 18.000 Anträge für organisierte Gruppenreisen wurden gestellt, ein Zuwachs von 64 Prozent, und 73.000 individuelle Touristenvisa ausgestellt, 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch die Zahl langfristiger Visa für Vielreisende hat zugenommen. „Wir haben zwar den Ruf, hart und streng zu sein. Doch unsere Bewilligungsquote liegt bei 97 Prozent", betont van de Water.
Zwei Ausnahmen gibt es übrigens von den neuen Visavorschriften: Vor dem 12. Oktober erteilte Visa, auch Langzeitvisa, bleiben auch ohne Fingerabdrücke und biometrisches Foto gültig. Und Personen mit gravierenden Hand- und Fingerverletzungen sowie Kinder unter zwölf Jahren dürfen weiterhin nach den alten Regeln nach Deutschland reisen.
Weitere Infos:
Visa-Informationen der Deutschen Botschaft in Beijing:
http://www.china.diplo.de/Vertretung/china/de/01-Visa-und-Konsularservice/01-visa/00-visa-hbs.html
Website des Visaantragungszentrums TLScontact: https://cn.tlscontact.com/cnBJS2de/splash.php
Visa-Informationssystem (VIS): http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-we-do/policies/borders-and-visas/index_en.htm
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