08-08-2014
China Reportage
Einsparungen bei Regierungsfahrzeugen
von Yin Pumin

Die Regierungsbehörden erlassen neue Verordnungen für den Einsatz von Regierungsfahrzeugen.

 
 
Exklusiver Service: Regierungslimousinen stehen bei einem Treffen hochrangiger Politiker in Beijing auf einem Parkplatz bereit (CFP)

Der Einsatz von Regierungsfahrzeugen wird wegen hoher Anschaffungs- und Wartungskosten sowie der privaten Nutzung der Fahrzeuge seit langem von der Öffentlichkeit kritisiert.

Nach Angaben des Staatlichen Statistikamts wurden 2013 mehr als 4,25 Milliarden Yuan für die Fahrzeuge von 38 zentralen Regierungsorganen und 389 zugeordneten Institutionen ausgegeben. Das entspricht 60 Prozent der Gesamtausgaben für Geschäftsessen, Dienstwagen und Auslandsreisen von Parteifunktionären in diesem Jahr.

In einem aktuellen Bericht von CCTV, der sich auf Wissenschaftler beruft, die die Regierungsreformen untersuchen, heißt es, dass Regierungsfahrzeuge nur in rund einem Drittel  der Fälle offiziell eingesetzt werden, in den restlichen Fällen werden sie von Funktionären und Fahrern privat genutzt.

Als Reaktion auf diese Missstände haben Chinas Zentralbehörden am 16. Juli zwei Reformrichtlinien mit einem genauen Zeitplan erlassen. Demnach werden Fahrzeuge für den regulären Gebrauch ausrangiert und nur Fahrzeuge für Spezialzwecke wie Notfalleinsätze behalten.

Die exzessiven Ausgaben für Regierungsautos sowie deren private Nutzung würden nicht nur den Staatshaushalt stark belasten, sondern auch die Korruption fördern, erklärte Zeng Kanghua, Professor an der Central University of Finance and Economics in Beijing. "Das jetzige Vorgehen zeigt die Entschlossenheit der Zentralregierung, diese Probleme zu lösen", so Zeng.

Durchdachtes Vorgehen

Seit 1994 denkt man in China über Veränderungen beim Einsatz von Regierungsfahrzeugen nach. Damals erließen die Behörden erstmals eine entsprechende Anordnung. Dennoch stieg die Zahl der aus öffentlichen Geldern finanzierten Fahrzeuge in den folgenden 20 Jahren stark an. Mehrere Versuche, ihre Zahl zu reduzieren, schlugen fehl, weil sie nicht zielgerichtet oder realistisch genug waren, um Erfolg zu haben, hieß es in Medienberichten.

Zurzeit rollen mehr als zwei Millionen Regierungsfahrzeuge über die Straßen des Landes, schätzt Ye Qing, stellvertretender Direktor des Statistikamts der Provinz Hubei. Die Behörden selber haben nie genaue offizielle Zahlen publiziert. "Nach 20 Jahren der Diskussion gibt es nun aber endlich einen Durchbruch", meint er im Hinblick auf die jüngst präsentierten Richtlinien.

Cai Jiming, Professor am wirtschaftswissenschaftlichen Institut der philosophischen Fakultät der Tsinghua-Universität ist Mitglied der Expertenrunde, die die Regierung bei der neu gestarteten Reform berät. Seiner Meinung nach sind ihre Dynamik und Reichweite beispiellos.

Üblicherweise werden chinesischen Beamten in höheren Positionen Autos und Fahrer zur Verfügung gestellt - eine große Belastung für den öffentlichen Haushalt. Tong Zhiwei, Professor an der East China University of Political Science and Law in Shanghai, schätzt, dass pro Jahr und pro Fahrzeug bis zu 100.000 Yuan ausgegeben werden.  

Es stellte sich zudem heraus, dass viele Beamte die Fahrzeuge privat nutzten. Medien berichteten über Fahrer, die von der Regierung angestellt waren und mit den Autos ihre Kinder zur Schule brachten oder in die Ferien fuhren. Viele Beschwerden über Amtsmissbrauch waren die Folge.

Laut Richtlinien vom 16. Juli wird die Reform Partei- und Regierungsorganisationen, gesetzgebende und beratende Organe sowie Justiz- und Anklagebehörden aller Ebenen sowie staatliche Unternehmen und Einrichtungen des öffentlichen Dienstes betreffen.

Demnach soll Beamten auf der Ebene eines Büroleiters oder darunter kein Fahrzeug mehr zur Verfügung gestellt werden. Als Ausgleich erhalten sie staatliche Fahrkostenzuschüsse. Ein Beamter der Zentralregierung auf der Ebene eines Büroleiters hat beispielsweise Anspruch auf monatlich 1300 Yuan. Mitarbeiter von Lokalregierungen werden je nach Rang und Transportsituation bezuschusst. Fahrer und anderes Personal sollen versetzt werden oder können mit einem verbesserten Altersvorsorgeplan frühzeitig in Rente gehen.

Schätzungsweise 5000 Fahrzeuge sollen bis Ende des Jahres aus dem Verkehr gezogen werden. Die restlichen Autos sollen versteigert werden, die Einnahmen an das Finanzministerium zurückfließen. Laut Plan sollen Lokalregierungen die Reform bis Ende 2015 in die Tat umsetzen, in anderen Organen des öffentlichen Dienstes soll dies in zwei bis drei Jahren geschehen.

"Durch die Zuschüsse sparen wir eine Menge Geld ein. Sie garantieren außerdem, dass die Reform trotz der politischen Übergangsperiode durchgeführt werden kann", erklärte Tong, lokale Behörden sollten Mietwagen in Anspruch nehmen, fügte er hinzu.

Einsparungen seien das wichtigste Ziel der Reform, betonte auch Lian Weiliang, Vizeminister der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform, denn die Gesamtsumme der Zuschüsse solle unter den bisherigen Ausgaben für die Regierungsfahrzeuge bleiben.

"Die Auswirkungen der Reform werden sich langfristig und schrittweise zeigen", sagt Wang Yongjun, Direktor des Institute for Finance and Economics Research an der Central University of Finance and Economics.

Aktuell betroffen seien rund 800.000 Fahrzeuge von Lokalregierungen und rund 6400 Fahrzeuge von Regierungsministerien, so Jia Kang, Direktor des Forschungsinstituts für Finanzwirtschaft am Finanzministerium. "Die Reform wird die Verwaltungskosten für Regierungsfahrzeuge um 7 bis 27 Prozent senken", schätzt er. Wenn man weitere Einsparungen bei der Anschaffung und Wartung der Fahrzeuge, bei Benzinkosten, Parkgebühren sowie Gehältern für Fahrer und Automechaniker hinzuzählt, läge die Einsparquote bei 50 Prozent. "Wenn wir rund 300 Milliarden Yuan an jährlichen Kosten für die Fahrzeuge ansetzen, kämen wir auf jährliche Einsparungen von 150 Milliarden Yuan", erklärte er.

Zu verkaufen: Interessenten inspizieren ehemalige Regierungsfahrzeuge, die anschließend bei einer Auktion in Zaozhuang (Provinz Shandong) versteigert wurden (Feng Jie)

Weitere Herausforderungen

Für die geplante Reform gab es diesmal viel Applaus, dennoch müsse man mit Schwierigkeiten und Problemen rechnen, meinen Beobachter. "Betroffene Beamte werden Probleme machen", erklärte Wang. "Die Reform geht gegen ihre Interessen, daher werden sie vielleicht nach Möglichkeiten suchen, die Veränderungen zu umgehen." Einige könnten versuchen, die Fahrzeuge weiter zu benutzen und gleichzeitig Zuschüsse zu kassieren.

Ye, stellvertretender Direktor des Statistikamts   in der Provinz Hubei, schlägt klar definierte Strafen für die private Nutzung von Regierungsfahrzeugen vor. „Ein solches Verhalten ist gleichbedeutend mit der Annahme von Bestechungsgeldern. So kostet ein Passat als Leihwagen am Tag rund 300 bis 400 Yuan. Benutzt ein Beamter einen Passat in Regierungsbesitz privat, so entspricht dies der Veruntreuung eben dieser Summe", erklärte er. Er fordert außerdem Maßnahmen, die verhindern, dass einflussreiche Beamte ihre Position ausnutzen und untergeordnete Mitarbeiter oder Unternehmen dazu zwingen, Autos an sie zu verleihen.

Die aktuellen Richtlinien würden zu mehr Kontrolle führen und enthielten zudem spezielle Verbote, um die private Nutzung der Regierungsautos zu verhindern, erklärte Vizeminister Lian. "Wir brauchen außerdem die Kontrolle durch die ganze Gesellschaft", erklärte er.

Bedenken gibt es hinsichtlich der geplanten Auktionen. In vergangenen Jahren wurden dabei immer wieder Deals unter der Hand abgeschlossen. Viele Regierungswagen fielen so am Ende zu günstigen Preisen in die Hände von Beamten oder deren Fahrern, was zu einem Verlust von staatseigenem Vermögenswerten führte.

"Fairness und Transparenz sind wichtig bei diesen Versteigerungen, um den Erfolg der Reform zu garantieren", erklärte Gao Bo, Vize-Generalsekretär des Forschungszentrums für ehrliche Politik an der Chinesischen Akademie der    Sozialwissenschaften. Dazu müsse die öffentliche Kontrolle verstärkt werden, meint er. „Sonnenlicht ist das beste Antiseptikum. Abgesehen von einem genau ausgearbeiteten Verfahren und sorgfürfältiger Planung ist es am wichtigsten, den Auktionsprozess komplett zu öffnen und die Öffentlichkeit über die Endergebnisse zu informieren", fordert er.