27-07-2011
China Reportage
Wege zum Wohlstand
von Wang Jun

YANG JIAO Auf der Straße zum Erfolg: Die Betonröhrenfabrik in Baji im Landkreis Nyingchi Von Wang Jun

Gemeinsame Entwicklung

Sanggyai, der Leiter des Dorfkomitees von Baji, erinnert sich daran, wie man vor dreißig Jahren noch ums Überleben kämpfen musste. Die Felder warfen nur magere Erträge ab, das Einkommen und der Lebensstandard der Dorfleute waren niedrig. Aber Baji verfügt über einen günstigen Anschluss an eine Staatsstraße und liegt nur drei Kilometer vom Verwaltungssitz des Landkreises Nyingchi entfernt. In den frühen achtziger Jahren beschlossen  die Mitglieder des Dorfkomitees, sich diese Vorteile zu Nutzen zu machen und organisierten ein Transportteam. Seither hat sich das Dorf von reinem Ackerbau und Viehzucht in Richtung einer diversifizierten Wirtschaft entwickelt.  Das   Fuhrwesen ist noch immer der Grundpfeiler des Einkommens des Dorfes. Nach Angaben der Kreisregierung sind 50 Haushalte in Baji im Logistikbereich tätig, aus dem sie im letzten Jahr ein Einkommen von 2,4 Millionen Yuan (257 280 Euro) generiert haben.

Da der "Park der weltgrößten Zypressen" in Baji lokalisiert ist, arbeiten viele Leute im Dienstleistungssektor. Die Einnahmen aus dem Tourismus beliefen sich in Baji im Jahr 2010 auf 632 700 Yuan (67 825 Euro).

2005 gründeten 300 Leute aus 45 Haushalten eine Kooperative, die einen Maschinenring unterhält, der heute siebzig Landwirtschafts-, Bau- und Transportmaschinen umfasst. Im ersten Halbjahr 2011 hat die Kooperative 850 000 Yuan (91 120 Euro) erwirtschaftet.

Im Juli 2009 wurde ein milcherzeugender Betrieb gegründet. Der Staat gab zu den 320 000 Yuan (34 304 Euro), die die Dorfbewohner selbst aufbringen konnten, noch einmal 1,56 Millionen Yuan (167 232) hinzu. Dieses Jahr nahm der Betrieb bereits mehr als 80 000 Yuan (8576 Euro) ein. 

In Baji wurden auch einige Produktionsstätten für Baustoffe errichtet, die Baustellen im Landkreis Nyingchi mit Material versorgen. 1999 nahm eine Fabrik zur Herstellung von Betonröhren die Produktion auf. Heute trägt die Firma alljährlich eine Million Yuan (107 200 Euro) zu den Einnahmen des Dorfes bei. 2009 erweiterte die Fabrik das Produktionsspektrum um eine Anlage zur Verarbeitung von Materialien, die Beton als Zuschlag beigefügt werden können. Auch hier ist die Bilanz positiv: Im ersten Halbjahr 2011 wurden 600 000 Yuan  (64 320 Euro) erwirtschaftet. Sanggyai erzählt, dass im Dorf die Errichtung eines Betonwerks und eines Verkaufszentrums für Baumaterialen geplant ist.

Der Geschäftserfolg dieser Unternehmen hat das Einkommen der Bewohner von Baji steil ansteigen lassen: 2010 betrug das Gesamteinkommen des Dorfes 7,76 Millionen Yuan ( 831 872 Euro). Das Pro-Kopf-Nettoeinkommen der Dörfler liegt mit 10 360 Yuan (1110 Euro) deutlich über dem landesweiten Durchschnitt in Höhe von 5919 Yuan (635 Euro).

Sanggyai sagt, dass in Baji fünf Haushalte über insgesamt mehr als 10 Millionen Yuan (1,07 Millionen Euro) verfügen und 10 Haushalte über ein Vermögen zwischen fünf Millionen (536 000 Euro) und zehn Millionen Yuan. Auf dem Bankkonto des Dorfes liegen 14 Millionen Yuan (rund 1,5 Millionen Euro).

Der 40-jährige Galsang Wangqug zählt zu den reichsten Leuten in Baji. Früher hat er seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Milch und Butter bestritten. 1992 kaufte er sich einen Lastwagen, um Holz und Baumaterial zu transportieren. Später hat er einige Maschinen gekauft und damit einen Geräteverleih aufgebaut und vier Fahrer angestellt. Im Jahr 2010 hat er mehr als 400 000 Yuan (42 880 Euro) eingenommen.

"Alle Haushalte im Dorf verfügen über geräumige, gut ausgestattete Wohnlichkeiten und Autos. Unser Leben ist sicher nicht schlechter als das von Stadtbewohnern", sagt Sanggyai.

Den Erfolg von Nyingchi zu kopieren, dürfte schwierig, wenn nicht unmöglich sein. Denn nirgends herrschten identische Gegebenheiten für die Wirtschaftsentwicklung, meint Wei. Die Kleinstädte und Dörfer haben in Übereinstimmung mit ihren jeweils eigenen Bedingungen ihre eigenen Wege zum Wohlstand beschritten und sind dabei erfolgreich. „Wir können nicht die Art von Industrialisierung und Modernisierung nachahmen, die in anderen Teilen des Landes betrieben wird. Wir sollten uns an den lokalen Bedingungen orientieren und unsere Kernkompetenzen für eine nachhaltige Entwicklung nutzen", sagt Wei.

 

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