08-11-2013
Wirtschaft
Reformpolitik: Unternehmen brauchen weniger Kapital
von Lan Xinzhen

Tiefgreifende Reformen sind ein viel diskutiertes Thema in der chinesischen Gesellschaft. China will den Reformprozess weiterführen.

 

Freier Markt: Die Leute stehen am 25. Oktober Schlange, um ihr Unternehmen, in der Shanghai Freihandelszone registrieren zu lassen (Pei Xin)
 
Vor der Eröffnung der 3. Plenarsitzung des 18. ZK der KP Chinas, die vom 9. bis 12. November stattfindet, hat die chinesische Zentralregierung wie üblich einige Reformmaßnahmen bekanntgegeben. Davon betroffen ist auch die Registrierung von Unternehmen.

Unter Leitung von Ministerpräsident Li Keqiang erließ der Staatsrat bei seiner Sitzung am 25. Oktober fünf Vorschriften für die Reform des Geschäftsverkehrs. Diese Maßnahmen sind ein Hinweis auf eine weitere unternehmerische Reform. So sollen die Kapitalanforderungen für die Registrierung eines Unternehmens gelockert werden. Start-ups benötigen kein Mindestkapital mehr.

"Indem wir den Zugang zum Markt erleichtern und ein transparentes, effizientes und modernes Registrierungssystem für Unternehmen schaffen, wollen wir die Verwaltung weiter verschlanken, fairen Wettbewerb schaffen und kleinere, vor allem innovativere Unternehmen unterstützen", zitierte ein Bericht der Nachrichtenagentur Xinhua den chinesischen Ministerpräsidenten.

Ermutigung für Start-ups

Moderne Unternehmen haben erst eine kurze Geschichte in China. Das erste Unternehmensgesetz ist gerade einmal 20 Jahre alt. Damals führte China ein kapitalistisches Rechtssystem ein, d. h. Unternehmen mussten registriertes Kapital vollständig einzahlen. Start-ups mussten außerdem sicherstellen, dass das Unternehmensvermögen dem registrierten Kapital entsprach.

Erst 2005 wurde diese Regelung abgeschafft und durch ein Grundkapital-System ersetzt, d. h. dass Stakeholder das registrierte Kapital nicht voll einzahlen müssen. Die Mindestkapitalanforderungen an GmbHs und Aktiengesellschaften wurden auf 30.000 Yuan bzw. 5 Millionen Yuan gesenkt. Dadurch wurden die Hürden für Start-ups kleiner und die Bereitschaft zu Investitionen größer.

Dennoch hinkte das alte System hinter den wirtschaftlichen Veränderungen hinterher und passte nicht mehr zum unternehmerischen Umfeld. Vor allem die Bedürfnisse von kleinen, innovativen Unternehmen und Start-ups blieben auf der Strecke. In aller Welt versuchen Staaten, ein günstiges Umfeld für Start-ups zu schaffen, daher sind solche Hürden faktische Behinderungen für Unternehmer.

2009 startete die Staatliche Verwaltung für  Industrie und Handel, im Rahmen der entsprechenden Gesetze, Regeln und Bestimmungen in Beijing, Shanghai und der südchinesischen Provinz Guangdong ein Pilotprojekt zur Reform des Registrierungssystems für Unternehmen.

Im Shanghaier Distrikt Pudong wurden die Anforderungen an das Mindestkapital komplett abgeschafft, mit guten Ergebnissen. Das neue System braucht aber noch  Bestätigung durch weitere Pilotprojekte.

Die Reformen seien ein Hinweis darauf, dass die Regierung von Überprüfungen und Bewilligungen zu Kontrollmaßnahmen übergegangen sei und die Einmischung in den Markt stark einschränken wolle, erklärte Zhang Liqun, Forscher im Professorsrang am Forschungszentrum für Entwicklung beim Staatsrat.

In Zukunft wird es leichter werden, ein Unternehmen zu gründen, gleichzeitig wird die Regierung den Geschäftsbetrieb stärker überwachen.

Dieses Vorgehen wird für ein besseres Investitionsumfeld sorgen, den stabilen wirtschaftlichen Aufschwung verstärken und ein Anreiz für soziale Investitionen sein. 

Vor Bekanntgabe der Reform der Registrierung des Unternehmenskapitals reichte das beim Staatsrat angesiedelte Forschungszentrum für Entwicklung den Reformplan 383 bei der 3. Plenarsitzung des 18. ZK ein. Der Entwurf löste schnell heiße Diskussionen aus.

 

Noch tiefgreifendere Reformen

Der Plan hat die Schaffung einer lebendigen, innovativen und umfassenden durch das Gesetz geschützten Marktwirtschaft zum Ziel. In der Tat handelt es sich mit Markt, Regierung und Unternehmen um ein Reform-Trio, außerdem betroffen sind acht Schlüsselbereiche und drei Pakete für mögliche Durchbrüche, daher der Name „383-Plan".

Der Plan berücksichtigt eine Reihe wichtiger Themen, viele davon sind identisch mit den Schwierigkeiten, vor denen China steht. Die politischen Maßnahmen zeugen von Mut, Entschlossenheit und Inspiration.

Der Entwurf ist eng verbunden mit der bevorstehenden 3. Plenarsitzung des 18. ZK der KP Chinas und zeigt, dass Reformen bei der diesjährigen Sitzung den Schwerpunkt bilden, sie sollen in vielen Bereichen mit Entschlossenheit vorangetrieben werden. Das erinnert an die bedeutende 3. Plenarsitzung des 11. ZK der KP Chinas Ende 1978.

Damals begann Chinas Politik der Reform und Öffnung, das Land machte vorsichtige und behutsame Schritte nach vorn, Fehler wurden in gewissem Ausmaß toleriert.

Das ist jetzt anders. Reformen müssen tiefsitzende institutionelle Missstände angehen. Daher ist nur wenig Raum für Fehler, obwohl es weder Beispiele, noch viele Erfahrungen gibt, auf die man zurückgreifen könnte. 

Die vorzeitige Bekanntgabe des Reformplans zeigt, dass die Regierung bereit ist,  die öffentliche Meinung zu berücksichtigen. So können Maßnahmen, die von der Öffentlichkeit befürwortet werden, gefördert und solche, die auf Ablehnung stoßen, beiseite gelegt werden.

Natürlich kann der „383-Plan" nicht alle Probleme Chinas lösen. Weitere Reformen werden folgen. In diesem Jahr hat die Regierung bereits sieben Reformmaßnahmen bekanntgegeben, darunter die Verringerung der staatlichen Einmischung, die Erhebung der Mehrwertsteuer statt der Gewerbesteuer sowie die Freigabe der Zinssätze. In den nächsten Tagen wird über noch mehr tiefgreifende Maßnahmen und Strategien entschieden, um Chinas Reform und Öffnung noch weiter voranzutreiben.