09-10-2013
Wirtschaft
Zeichen der Zeit: Apples neue Smartphone-Generation
von Corrie Dosh

Die Bestellungen für die nächste Generation von Apple-Smartphones nehmen trotz hoher Preise zu. Was bedeutet das für den Aufstieg von Chinas Mittelklasse?

 

Schlange vor dem Xidan Joy City Apple Store in Beijing am 20. September (Wang Zhen)

Werden chinesische Verbraucher mehr als 700 Dollar für ein iPhone zahlen? Apple setzt darauf,   dass viele dazu bereit sind, genug um die sinkenden Smartphone-Verkäufe des Unternehmens zu steigern. Zum ersten Mal kam die neueste iPhone-Generation (5C und 5S) am 20. September in Amerika und China gleichzeitig auf den Markt. Neu sind die auffällige goldene Farbe und auf den chinesischen Markt zugeschnittene Software.

Als Apple das iPhone 5 im vergangenen Jahr auf den Markt brachte, verkaufte das Unternehmen allein am ersten Wochenende 5 Millionen Exemplare. In diesem Jahr bringt Apple gleich zwei Handy in mehreren Ländern heraus, es wird mit Verkaufszahlen von bis zu 7 Millionen Stück am ersten Wochenende gerechnet. Falls das Unternehmen die Zahl von 6 bis 7 Millionen sofort verkauften Handys nicht erreicht, werden Investoren das in der Tat als Enttäuschung verbuchen. Medienberichten zufolge warteten am Morgen des Verkaufsstarts 40 Kunden vor Beijings Apple Store, das zeigt eine gesunde Nachfrage, entspricht aber kaum dem Kundenandrang, den sich Apple wohl erhofft hatte.  

Das Modell 5C gilt als eine günstigere Version des Smartphones, statt Aluminium wurden Plastik und billigere Materialien verwendet. Nach Apples Ankündigung bemerkten Beobachter, das "C" stünde für China oder für "cheap" (billig), da das Unternehmen Verbraucher in Schwellenländern im Visier habe. Auf der Apple-Website heißt es jedoch, dass das iPhone 5C erst ab 4488 Yuan zu haben sei, der Preis ist höher als der Einzelhandelspreis in Amerika und Hongkong. Das "C" stünde in Wirklichkeit für "costly" (teuer), klagten chinesische Verbraucher.

"C" könnte auch eine andere Bedeutung haben. Es könnte für "comfortable class" stehen, die obere Mittelschicht und High-End-Verbraucher, die sich leisten können, etwas mehr für ein hippes Smartphone auszugeben, ohne dass es ihr Konto sprengt. Die steigenden Verkaufszahlen bei Luxusprodukten sind unmittelbar am Markt sichtbar. Verkäufe von Luxusautos, seltenen Weinen und Uhren nehmen zu. Luxusapartments schießen überall in Shanghai und Beijing aus dem Boden. Luxus-Läden verkaufen Louis Vuitton, Gucci und Hermes, ihr Geschäft brummt. Die Kaufkraft von Millionen Chinesen steigt, sie können sich vielleicht keinen BMW leisten, aber mit Sicherheit einem goldenen iPhone nachjagen.

China Unicom, Chinas zweitgrößter Mobilfunkanbieter, vermeldete am 16. September, gerade eine Woche nach der Produktankündigung, bereits über 100.000 Vorbestellungen für das iPhone 5C und 5S. Natürlich werden chinesische Netzbetreiber bei Abschluss langfristiger Verträge Zuschüsse für das neue iPhone anbieten. Aber der Anstieg der Vorbestellungen ist nur ein weiteres Zeichen für den Aufstieg der Mittelklasse im Land.

Chinas Handy-Markt hat im vergangenen Jahr den amerikanischen Markt überholt, und Apple lechzt nach einem größeren Anteil an den möglichen Gewinnen. Dazu braucht das Unternehmen Partner in China und China Mobile mit seinen über 700 Millionen potenziellen Neukunden hat abgewartet und auf den richtigen Moment gewartet, seine Karten auszuspielen.

"China Mobile wird Monat für Monat stärker, Apple verliert an Einfluss", erklärte Tero Kuittinen, ein Mobilfunk-Analyst bei Alekstra gegenüber der New York Times. "Wir haben einen Zeitpunkt erreicht, in dem China Mobile alle Karten in der Hand hält."

Andere Mobilfunkanbieter wie China Unicom und China Telecom, haben bereits zugestimmt, die Geräte zu verkaufen. Prognosen des IDC zeigen, dass Smartphone-Lieferungen nach China bis 2017 auf 458 Millionen steigen werden. Ein Deal mit China Mobile wird Apple dazu verhelfen, pro Jahr 32 Millionen mehr iPhones im Land zu verkaufen.

Um die wachsende Zahl an Käufern aus der chinesischen Ober- und Mittelschicht in Kapital umzuwandeln, muss Apple das tun, was es in den vergangenen Jahren am besten konnte: beliebt sein. Andere Geräte mögen günstiger sein, bessere Features haben oder mehr Power, Apple-Produkte sind dagegen für ihre süchtig machende Nutzerfreundlichkeit, ihr schnittiges Design und ihre Popularität als Statussymbol bekannt. Laut McKinsey & Co. werden bis 2022 630 Millionen Chinesen zur Mittelklasse gehören, das sind 75 Prozent der städtischen und 45 Prozent der gesamten Bevölkerung. Die Anzahl der Haushalte mit einem Jahreseinkommen zwischen 10.000 und 60.000 Dollar beträgt bereits mehr als 300 Millionen und somit mehr als die gesamte Bevölkerung der USA.

Der Aufstieg der Mittelklasse ist entscheidend für ein stabiles und langfristiges Wachstum. Es reicht nicht, dass China reich wird, es muss ebenso verhindern, dass sich das Geschwür der Ungleichheit einnistet. Apple setzt auf China genau wie andere Verkäufer von Luxusprodukten. Der Anstieg der Vorbestellungen und Erstverkäufe zeigt, dass sie Recht haben.

(Der Verfasser ist Autor der Beijing Review und lebt in New York).