09-11-2012
Auto
Neue Verwaltungsbestimmungen über den Rückruf fehlerhafter Autos
Von Lan Xinzhen

Der Pekinger Li Baoquan ist neidisch auf amerikanische Autobesitzer. Sie haben nämlich ein Recht darauf, dass Fahrzeuge mit technischen Mängeln zurückgerufen werden. Chinesische Autofahrer haben da weniger Glück.

 

Li hat gerade einen Wagen von Chery gekauft, bei dem der Öltank undicht ist. Bei seinem Autohändler traf er auf weitere Käufer mit genau dem gleichen Problem. Innerhalb der Garantiezeit werde die Reparatur zwar noch vom Hersteller übernommen, versicherte ihm der Händler. Aber danach muss der Autobesitzer selber zahlen. Anders in den USA: Dort würde das Fahrzeug in jedem Fall zurückgerufen.

 

Sein Wagen hat zwar noch Garantie, aber Li macht sich Sorgen, dass er wegen weiterer technischer Probleme dennoch Schwierigkeiten mit der Reparatur bekommt. Er ist froh darüber, dass der Staatsrat am 10. Oktober einen Entwurf für die „Verwaltungsbestimmungen über den Rückruf fehlerhafter Autos“ verabschiedet hat.

 

China sei zwar der größte Absatzmarkt für Autos, meint Jia Xinguang, unabhängiger Analyst der Automobilindustrie. Für den Rückruf fehlerhafter Fahrzeuge fehlten aber immer noch gesetzliche Bestimmungen. Nach acht Jahren ist es nun geschafft: Rückrufaktionen werden per Gesetz geregelt - ein Ausdruck des Regierungsstrebens, die Situation auf dem Automarkt zu verbessern.

 

In den USA, Europa, Japan und Südkorea ist der Rückruf von Autos schon länger üblich. In China entwickelte sich die Autoindustrie erst nach dem WTO-Beitritt des Landes rasant. Der Rückruf fehlerhafter Fahrzeuge wird seit 2004 aber nur durch eine lockere Verwaltungsvorschrift geregelt.

 

Da Chinas Automarkt weiter wächst, rücken Qualitäts- und Sicherheitsprobleme immer mehr in den Fokus der Verbraucher. Die Hersteller reagieren jedoch selten auf Kundenbeschwerden oder Forderungen nach Rückrufaktionen. Internationale Hersteller wie Toyota und Honda rufen fehlerhafte Modelle zwar in anderen Ländern zurück, tun dies aber nicht in China.

 

Verglichen mit dem zweitgrößten Automarkt in den USA verzeichnet China sehr viel weniger Autorückrufe. Mit der steigenden Anzahl von Autobesitzern wird der Ruf nach besseren Gesetzen und Bestimmungen jedoch immer lauter.

 

Der Entwurf der „Verwaltungsbestimmungen über den Rückruf fehlerhafter Autos“ gilt als Antwort auf die Forderungen der Verbraucher. Der Entwurf besagt, dass Autohersteller eine Geldstrafe in Höhe von zwei bis zehn Prozent ihrer Verkaufserlöse zahlen müssen, wenn sie einen notwendigen Rückruf nicht durchführen.

 

Nach Ansicht von Qiu Baochang, leitender Anwalt bei der chinesischen Verbrauchervereinigung, könnte eine Geldstrafe in Höhe von zehn Prozent des Gesamtwerts der fehlerhaften Produkte Autohersteller zu mehr Rückrufen bewegen. Bei einer Menge von 1000 Wagen zu einem Stückpreis von 10 000 Yuan müsste der Hersteller dann immerhin 10 Millionen Yuan zahlen, eine Strafe mit Abschreckungseffekt.

 

Chinas Autohersteller müssen sich noch anpassen

 

Wegen Problemen mit der Größe des Benzintanks beschloss der chinesische Autohersteller Chery freiwillig, ab dem 29. September alle Fahrzeuge des Typs Jingang und Jinying, die vom 3. Januar 2009 bis 30. November 2011 produziert wurden, zurückzurufen. Davon waren insgesamt 55 018 Fahrzeuge betroffen.

 

Laut Statistik von www.qiche365.org.cn ist dies erst das siebte Mal seit drei Jahren, dass hiesige Autohersteller eine Rückrufaktion veranlasst haben. Von den rund 30 einheimischen Autobauern haben nur fünf jemals einen Rückruf ausgeführt. Zum Vergleich: Joint-Ventures und internationale Hersteller verzeichneten insgesamt 170 Rückrufe in China.

 

Für Cui Dongshu, stellvertretender Generalsekretär des chinesischen PKW-Verbandes (CPCA) ist offensichtlich, dass die niedrige Zahl der Rückrufe keinesfalls der guten Qualität chinesischer Fahrzeuge zu verdanken ist, sondern der Sorge der Autohersteller um ihr Image.

 

Nach der Verabschiedung des Entwurfs der „Verwaltungsbestimmungen über den Rückruf fehlerhafter Autos“ dürften Chinas Autohersteller wegen der drohenden hohen Geldbußen den Vorschlag des Staatlichen Amts für Qualitäts- und Technische Kontrolle wohl leichter respektieren. Die Häufigkeit der Rückrufe werde in Zukunft mit Sicherheit zunehmen, so Cui.

 

Der Gesetzentwurf werde die Entwicklung einheimischer Marken, eine strengere Qualitätskontrolle und eine bessere Kommunikation zwischen Käufern und Herstellern fördern, so Cui. Die Verbraucher könnten künftig mehr Vertrauen in Produkte haben.

 

Zhu Huarong, Vizepräsident des chinesischen Autokonzerns Chang´an, erklärte gegenüber der Presse, dass chinesische Unternehmen in Zukunft unter größerem Druck stehen würden, fehlerhafte Produkte zurückzurufen. „Wir sind im Hinblick auf technische Entwicklungen, Qualitätskontrollen, Zuliefererteile und -komponenten weit hinter internationale Marken zurückgefallen“, so Zhu .

 

Für Jia Xinguang sind stärkere Kontrollen und der zwingende Charakter der Vorschriften notwendige Voraussetzungen für die Realisierung von Rückrufaktionen.

 

„Die Bestimmungen sind noch nicht wirklich konkret. Wir müssen noch Mechanismen für eine Kontrolle von dritter Seite und den Umgang mit Kundenbeschwerden finden sowie eine Datenbank mit Informationen zu Qualitätsstandards, Sicherheitstechnologien und Unfallanalysen aufbauen.

 

Darüber hinaus sollen die Verbraucher mehr Kontrollmöglichkeiten erhalten. Bislang dürfen sie lediglich Beschwerden abgeben. Künftig sollen sie auch das Recht haben, Anträge auf Rückrufe zu stellen, sowie über deren Bearbeitung und das Ergebnis des Rückrufs informiert zu werden.

 

Nach Ansicht von Dong Lequn, Vizedirektor der Abteilung für Gesetzesvollzug bei dem Staatlichen Amt für Qualitäts- und Technische Kontrolle, müssten sich Autohersteller verstärkt um den Service kümmern und mehr Kundenverantwortung zeigen.

 

Er empfiehlt den Autobauern, eigene Abteilungen für Produktrückrufe einzurichten und mehr in eine vorbeugende Qualitätssicherung zu investieren. Um ein echtes Qualitätsmanagement aufzubauen, müssten Mitarbeiter zum Thema Produktsicherheit geschult sowie Informationen zu Produktsicherheit und - risiken sowie Mängelberichte gesammelt werden.

 

Solche Abteilungen gibt es in vielen chinesischen Unternehmen allerdings noch nicht. Eine zügige und gründliche Bearbeitung von Rückrufaktionen bleibt daher erst einmal schwer realisierbar.