Reiche Ernte: Ein Bauer aus Dangyang in der zentralchinesischen Provinz Hubei beim Trocknen der Maisernte. Wen Zhenxiao
Mechanisierte Landwirtschaft: Geräte einer Genossenschaft im Kreis Keshan in der nordostchinesischen Provinz Helongjiang im Einsatz während der Aussaat. Wen Jianwei
Im Vergleich zu der Landwirtschaft in den entwickelten Ländern hat die chinesische Agrarwirtschaft noch einen langen Weg vor sich. Für die längst fällige Modernisierung der Landwirtschaft sind Strukturumwandelung und hohe Investitionen erforderlich.
Viele Chinesen kennen den Namen eines amerikanischen Ehepaares, das in der Kleinstadt Muscatine im US-Bundesstaat Iowa am Ufer des Mississippi lebte. Eleanor und Thomas Dvorchak. Vor 27 Jahren hat Xi Jinping, damals Parteisekretär des Landkreises Zhengding in der nordchinesischen Provinz Heibei, zwei Tage bei den Dvorchaks übernachtet. Seinerzeit leitete er eine Delegation, die sich im Mittleren Westen der USA über den neuesten Stand der Landwirtschaft informierte. Auf der Tour wurde Xi Jinping schnell klar, wie hoch das technische Niveau der amerikanischen Landwirtschaft war, insbesondere der Grad ihrer Mechanisierung. Die chinesische Agrarwirtschaft stützte sich damals noch vorwiegend auf die Kraft von Mensch und Tier und war von ihrer Leistungsfähigkeit her nicht im entferntesten mit der amerikanischen zu vergleichen.
Im Februar dieses Jahres hat Xi Jinping, diesmal als Vizepräsident Chinas, erneut die USA besucht. In Muscatine traf er auf alte Bekannte, darunter auch die Dvorchaks, die eigens aus Florida angereist waren, wo sie inzwischen ihr Rentnerleben genießen. Xi Jinping war damals im ehemaligen Kinderzimmer der Familie untergebracht, die beiden Söhne waren ausgezogen, um das College zu besuchen. Einer von ihnen, Mark Dvorchak, ist heute viel in China und anderen Regionen Asiens als Geschäftsmann unterwegs.
Aber auch die chinesische Agrarwirtschaft ist inzwischen erwachsen geworden: Der Getreidebau in den Hauptanbaugebieten ist voll mechanisiert. Agrartechnik findet eine immer weitere Verbreitung. Im Jahr 2011 konnte die Getreideproduktion Chinas zum achten Mal in Folge gesteigert werden.
Aber der Abstand zwischen der chinesischen und der amerikanischen Landwirtschaft ist noch immer riesig. Nach Darstellung des am 13. Mai vom Forschungsinstitut für die Modernisierung Chinas an der Chinesischen Akademie der Naturwissenschaften veröffentlichten „Berichts über die Modernisierung Chinas 2012: Modernisierungsansätze in der Landwirtschaft", hinkt die chinesische Landwirtschaft etwa 100 Jahre hinter der der USA her.
He Chuanqi, Leiter des Instituts, sagt, dass China zwar über die weltweit zweitgrößte Agrarwirtschaft verfügt, die Modernisierung dieses Sektors aber weit hinter der Modernisierung anderer Produktionszweige zurückliege. Der Prozess der Modernisierung des Landes könne nicht als abgeschlossen gelten, solange die Landwirtschaft nicht das gleiche Niveau erreicht habe wie die anderen Sektoren der Volkswirtschaft. Daher ist die Überwindung der Rückständigkeit der agrarischen Produktionstechnik ein wichtiges Thema, das von Regierung und Bevölkerung zunehmend ernst genommen wird.
Weite Kluft
Die Kluft zwischen der chinesischen und der amerikanischen Landwirtschaft bestand vor 27 Jahren eher im Unterschied der Produktionsmittel, heute hingegen klafft sie in der Produktivität. Untersuchungsergebnisse des Instituts für Modernisierung zeigen, dass die Produktivität der chinesischen Landwirtschaft weltweit auf dem 91. Platz liegt und nur etwa 47 Prozent des Durchschnittswertes aller Staaten erreicht.
Die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Landwirtschaften schätzt He Chuanqi so ein: „Die Produktivität der Agrarwirtschaft in den Vereinigten Staaten ist neunzigfach höher als die in China, und in Japan und Frankreich ist die Landwirtschaft jeweils hundertmal produktiver als in China. Die Produktivität liegt auch in Brasilien deutlich höher als in China."
Im Klartext heißt das, dass die Arbeit von 90 Bauern in China von einem einzigen Bauern in den USA erledigt werden kann.
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