12-10-2011
Wirtschaft
Ein neues PR-Zeitalter
von Liu Xinlian

Social Media-Angebote sind weltweit auf dem Vormarsch und auch Chinas PR-Industrie entdeckt das Potential von sozialen Netzwerken, Mikroblogs und Onlineforen für sich. Youku, Renren, Weibo – die Firmen nutzen zunehmend die chinesischen Varianten von Youtube, Facebook, Twitter und Co., um ihre Produkte zu vermarkten. Die neuen Formen der Unternehmenskommunikation haben aber auch ihre Schattenseiten.

Mikroblogs auf dem Vormarsch: Werbekampagne von Tencent, Chinas meistgenutztem Internetportal. CFP

Social-Media-Angebote sind auf dem Vormarsch, das gilt auch für die PR-Branche. Immer mehr Unternehmen, Institutionen und Privatpersonen nutzen die neuen Onlinekanäle als Vermarktungsplattformen. Auch Chinas PR-Industrie entdeckt das Potential der neuen Angebote zunehmend für sich. Immer mehr Kunden ließen sich von den Vorzügen der Social-Media-Angebote überzeugen, sagt Michelle TT Yang, Geschäftsführerin von Text 100 China. Das Beratungsunternehmen mit Hauptsitz in den USA ist eine der 20 führenden Public-Relations-Agenturen weltweit.

Vor zwei Jahren habe ein entscheidender Wandel eingesetzt, wie die PR-Expertin erklärt: „Zwischen 2008 und 2009 haben wir eine Kampagne gestartet, um unseren chinesischen Kunden die Wichtigkeit und die Vorzüge von Social-Media-Angeboten zu vermitteln." Denn auch in China werden Social-Media-Angebote immer beliebter. Das Land hat längst seine eigenen Versionen populärer amerikanischer Social-Media-Plattformen: Tudou und Youku als Pendant zu Youtube, Renren und Kaixin statt Facebook, Weibo statt Twitter.

„Es wird für Unternehmen immer wichtiger, Social-Media-Angebote in ihr Kommunikationskonzept mit einzubeziehen", erklärt Jeremy Woolf, stellvertretender Direktor von Text 100. Pan Shiyi, Vorsitzender des Unternehmens SOHO China, einem Projektentwickler im Bereich Immobilien, spricht Mikroblogangeboten wie Weibo gar ein „fast magisches Marketingpotential" zu. „Ich hätte nie gedacht, welchen Marketingeffekt eine Post mit nur 100 chinesischen Zeichen haben kann", sagt Pan. Im Juli 2010 veröffentlichte der Unternehmer über seinen Weibo-Account einen Eintrag, in dem er dem Ersten, der auf seine Post reagierte, ein kostenloses Handy versprach. Innerhalb von nur zwei Tagen verdoppelte sich daraufhin die Zahl der Leser seines Blogs - auf einmal erreichte Pan über 1,16 Millionen Menschen; mittlerweile ist die Zahl seiner Leser auf mehr als vier Millionen geklettert.

Im Mai 2011 versteigerte Pan über seinen Mikroblog mehr als zehn Immobilien und fuhr einen Gesamterlös von rund 136 Millionen Yuan, umgerechnet etwa 15,7 Millionen Euro, ein. Die Kombination aus Public Relations und Social Media hat sich längst zum dynamischsten Sektor der PR-Industrie gemausert und auch für die Zukunft scheint das Modell vielversprechend. Das gelte besonders für China, sagt Woolf.

Florierende Branche

Die Erfahrungen von Pan und Yang zeigen, wie tief Social-Media-Angebote mittlerweile in China und der chinesischen PR-Industrie verwurzelt sind und welchen Auftrieb das Marktsegment derzeit erlebt. Im Juni dieses Jahres erreichte die Zahl der chinesischen Internetnutzer rund 485 Millionen, wie Statistiken des Staatlichen Internetinformationszentrums (CNNIC) belegen. Und auch die Zahl der Nutzer von Mikroblog-Portalen wie Sina Weibo oder Tencent Weibo stieg bis Juni auf mehr als 195 Millionen an.

Chinas Internetgemeinde begeistert sich zunehmend für Social-Media-Portale: In einer jüngsten Befragung des CNNIC gaben 65,5 Prozent der chinesischen Internetuser an, regelmäßig Mikroblogs zu verfolgen oder sogar selbst einen eigenen Mikroblog zu pflegen; 47,4 Prozent der Internetnutzer besitzen einen Account bei einem oder mehreren sozialen Netzwerken.

Social-Media-Angebote würden damit zu einem immer wichtigeren Bestandteil des chinesischen Alltagslebens und gleichzeitig zu einer Eintrittskarte zu gewissen sozialen Kreisen, sagt Andrea Fenn, Mitarbeiterin des Social-Media-Teams von Ogilvy Shanghai. Die amerikanische Ogilvy & Mather Gruppe gilt als das weltweit führende Unternehmen im Bereich Public Relations.

„Heute sind Social-Media-Dienstleistungen Teil des Service-Pakets von 80 Prozent unserer Kunden", erklärt Yang von Text 100. Die Einnahmen aus dem Social-Media-Bereich machten mittlerweile mehr als 40 Prozent der Gesamtumsätze des Unternehmens aus. PR-Experte Woolf schätzt sogar, dass die PR-Einnahmen aus dem Bereich Social Media schon in drei Jahren mit den derzeitigen Gesamtumsätzen des chinesischen PR-Marktes gleichziehen werden. Nach Angaben des Chinesischen Verbandes für Public Relations fuhr Chinas PR-Industrie im vergangenen Jahr bereits Jahresumsätze von rund 21 Milliarden Yuan (rund 2,4 Milliarden Euro) ein. Im Vorjahresvergleich entspricht das einem Plus von 25 Prozent.

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