15-08-2011
Wirtschaft
Herabstufung der Bonität der USA: Sorgen und Lösungsansätze in China
 

Die Ratingagentur Standard & Poor's hat am 5. August die Bonität der USA von der höchsten Stufe AAA auf AA+ herabgestuft. Dies erregte weltweite Aufsehen.

Die Sorgen der Investoren über die Zukunft der europäischen und amerikanischen Wirtschaft haben zugenommen. Zu Wochenbeginn führte dies zu einem Einbruch an den Weltbörsen. In China fiel der Aktienindex am 8. August an der Shanghai-Börse um 3,79 Prozent, während der an der Shenzhen-Börse Einbußen von 3,33 Prozent verkraften musste. An den europäischen Börsen fiel der Sturz der Aktienkurse noch dramatischer aus: Der DAX in Frankfurt fiel um über 5,0 Prozent, der Pariser CAC- 40-Index um 4,7 Prozent und der Londoner Financial Times Index FT-SE um 3,4 Prozent. Im Gegensatz dazu stieg der Goldpreis abermals kräftig an: Am 8. August wurde die Unze Feingold in New York zu über 1700 US-Dollar gehandelt.

In China haben Aktieninhaber in verschiedenen Internetforen ihrem Ärger Luft gemacht. Der Tenor der Aufregung: „Ich hätte das Geld lieber zur Bank tragen sollen, dann hätte ich keine Verluste zu verzeichnen gehabt." Auch etliche Wertpapierhändler bekamen den Unmut der Aktionäre zu spüren: „Die Kunden sind sehr unzufrieden, es hagelt empörte Telefonanrufe", berichtet Zhang Tao, Anlageberater in einer Zweigstelle der Guodu Securities Ltd. in Shanghai.

„Zum ersten Mal seit 94 Jahren sind die USA von der höchsten Bonitätsstufe herabgestuft worden, kurzfristig werden wir stürmische Zeiten auf dem Markt erleben", sagt Xu Yaxin, ein hochrangiger Finanzanalytiker.

Zudem breitet sich die Schuldenkrise, die im Mai vergangenen Jahres in der Euro-Zone ausgebrochen war, weiter aus. Da in den USA und Europa die Wirtschaft erneut deutlich abflauen könnte, suchen Kunden auf den Wertpapiermärkten kurzfristig nach Ausweichmöglichkeiten, um ihr Verlustrisiko zu verringern.

 

Kapitalflucht nach China

Da die Kreditwürdigkeit der USA bezweifelt wird, sind neue Anlagemöglichkeiten jenseits amerikanischer Staatsanleihen gefragt. Spekulationen um eine Aufwertung des Renminbi und die rosigen Perspektiven der wirtschaftlichen Entwicklung in China machten das Land zu einem Hafen für internationale Anleger. 

„Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit kann mehr heißes Geld nach China bringen", sagt Chen Gong, Leiter der Finanzmarktabteilung der Anbond Conculting Ltd.

Nach Lian Ping, Chefökonom der Bank of Communications, wird der Renminbi seit der Reform des Wechselkurses vom Juli letztes Jahres gegenüber dem US- Dollar weiter aufgewertet, in der ersten Jahreshälfte um durchschnittlich 2,3 Prozent. Die Spekulation auf eine weitere Aufwertung des Renminbi macht die chinesische Währung für Fluchtkapital attraktiv.

Der Leitzins wurde in China in diesem Jahr schon zum dritten Mal angehoben, der Abstand zum Zins für Spareinlagen in den USA beträgt mittlerweile mehr als drei Prozentpunkte, ein neuer Höchststand der letzten zehn Jahre. Der verstärkte Zufluss von Auslandskapital könnte zu einer weiteren Straffung der chinesischen Geldpolitik führen. Lian Ping geht davon aus, dass die Liquidität durch die Erhöhung der Reserveeinlagen der Geschäftsbanken gebremst wird, was für viele Unternehmen die Kreditaufnahme in Zukunft erschwert.

Am 9. August gab die US-Notenbank bekannt, den Leitzins bis Mitte 2013 weiterhin auf dem niedrigen Niveau zwischen null bis 0,25 Prozent zu belassen. Das bedeutet, dass die USA an ihrer lockeren Geldpolitik festhalten wollen.

He Qingming, Analyst der Pingan Securites, ist der Meinung, dass der US-Dollar aufgrund der lockeren Geldpolitik weiter abwerten wird, was zu erheblichen Anstiegen der Rohstoff- und Lebensmittelpreise führen kann, was wiederum den Inflationsdruck in China erhöht. Hinzu kommt der Wertverlust der in amerikanischen Staatsanleihen angelegten Devisenreserven Chinas. 

„China hat im Wert von  über 1,16 Billionen US-Dollar amerikanische Schulden aufgekauft, in dieser Abwertungsrunde muss China mit einem Verlust von rund sechs bis sieben Milliarden US Dollar rechnen", so He.

Wird als Folge der Abwärtsbewegung des US-Dollars der Renminbi zur Aufwertung gezwungen, wird dies der chinesischen Exportwirtschaft Schaden zufügen.   

 

Mehr Wert auf Realwirtschaft

Die Rückstufung der Bonität der USA und die Schwankungen auf den Kapitalmärkten sind der virtuellen Wirtschaft bzw. Finanzmarktgeschäften zu verdanken. Da sich die Schwellenländer einschließlich Chinas mehr auf die Entwicklung der Realwirtschaft konzentrieren, werden sie von diesen Tendenzen immer weniger beeinflusst werden.

„Die Realwirtschaft wird sich weiter stabil entwickeln," sagt Chen.

Experten meinen, China habe in den letzten Jahren einen hohen Energie- und Rohstoffverbrauch zu verzeichnen gehabt. Die Produktionsziffern in einigen wichtigen Industriezweigen hätten bereits die der USA übertroffen. Chinas Devisenreserven sollten künftig verstärkt in die Realwirtschaft fließen, zum Beispiel in den Erwerb von Immobilien in den Vereinigten Staaten und von Aktienanteilen an US-Unternehmen. (Quelle: Xinhua)