Am 28. Januar hat die Stadt Chongqing damit begonnen, die neue Immobiliensteuer zu erheben. Wie Shanghai und andere große Städte Chinas ist auch Chongqing beim Probelauf zur Etablierung dieser Steuer dabei. In den letzten fünfzehn Jahren ist Chongqing zum Motor der wirtschaftlichen Entwicklung Südwest- und Westchinas geworden.
„Die Besteuerung von Immobilien soll Bürgern mit niedrigen und mittleren Einkommen dabei helfen, in bezahlbaren Wohnungen zu leben", sagte Huang Qifan, Bürgermeister von Chongqing und Abgeordneter des Nationalen Volkskongresses (NVK) kürzlich auf einer Pressekonferenz in Beijing. Er stellte sich dort Fragen rund um die neue Immobiliensteuer, die Einnahmen aus der Veräußerung von Grund und Boden durch die Stadtregierung und den Bau von Wohnungen für sozial Bedürftige und durchschnittlich Verdienende und öffentlich geförderten Eigentumswohnungen.
Steuer zielt auf Villen und Luxus-Apartments
Die Einführung der Immobiliensteuer sei ein Zeichen dafür, dass China in Zukunft sein Steuersystem weiter verbessern wolle, sagte Huang. Die neue Regelung sieht vor, auf den Kaufpreis von Villen und Luxus-Apartments, deren Wert den Durchschnittspreis der in den vergangenen zwei Jahren auf dem Chongqinger Wohnungsmarkt veräußerten Immobilien um weniger als das Dreifache übersteigt, eine Steuer in Höhe von 0,5 Prozent des Kaufpreises zu erheben. Bewegt sich der Kaufpreis um das Drei- bis Vierfache des durchschnittlichen Preisniveaus, so wird eine Steuer in Höhe von 1,0 Prozent des Kaufpreises fällig. Bei einem Wert, der den Durchschnittspreis um mehr als das Vierfache übersteigt, beträgt die Steuerlast 1,2 Prozent des Kaufpreises.
„Diese neue Immobiliensteuer wird in drei Richtungen erhebliche Wirkungen entfalten", sagt Huang. Er glaubt, dass die Erhebung der Steuer dazu beitragen werde, Fairness auf Chinas Immobilienmarkt zurückkehren zu lassen. Die neue Steuer ziele hauptsächlich auf den Markt für Luxusimmobilien. Mit dem Erlös aus dieser Reichensteuer soll in den sozialen Wohnungsbau investiert werden.
Huang meint, dass die neuen Immobiliensteuer zu einer Trendänderung auf dem Markt beitragen kann. Die Steuer verteuert den Handel mit Immobilien, was Investoren dazu bewegen mag, sich nach neuen Investitionszielen umzusehen. Außerdem könne die Umsetzung der Immobiliensteuer dabei helfen, Chinas Steuersystem als Ganzes zu verbessern.
Man sollte die Hoffnung auf eine Normalisierung der Immobilienpreise jedoch nicht allein auf das neue Steuerprojekt setzen: „Die Immobilienpreise sind von Angebot und Nachfrage abhängig und davon, welchen Anteil der Immobiliensektor an den Gesamtinvestitionen der Zentralregierung in die Infrastruktur hat. Von Bedeutung sind auch die Geld- und allgemeine Steuerpolitik." Für den Immobilienmarkt spiele die Besteuerung auf den Kaufpreis zwar eine Rolle, aber sie ist nur ein Faktor unter vielen. „Deshalb", so Huang, „lassen sich die Probleme des chinesischen Immobilienmarktes nicht allein durch die Erhebung der Immobiliensteuer lösen." Unter den Einwohnern Chongqings besteht die Sorge, dass die neue Immobiliensteuer letztlich auch den Erwerbern von Durchschnittsimmobilien aufgebürdet wird. Huang Qifan aber versprach, dass die neue Steuer ausschließlich bei Luxusimmobilien erhoben wird. „Die Zentralregierung hat bei der Einführung dieser Steuer sogleich festgelegt, dass ihr Erlös dem Bau von Sozialwohnungen zufließen soll. Dies hilft Bürgern mit niedrigen und mittleren Einkommen. Es ist also ausgeschlossen, dass die Steuer nachteilig in den Alltag des kleinen Mannes eingreift."
Weniger Einnahmen aus Bodenveräußerung
Fast 45 Prozent der Einnahmen der Chongqinger Regierung stammen aus der Veräußerung von Bodennutzungsrechten. Die Entschlossenheit der Zentralregierung, den Immobilienmarkt zu regulieren, scheint den Interessen der Stadt Chongqing zu wiedersprechen, denn eine Reduzierung der Immobilienflächen führt unmittelbar zu einem Rückgang der Einnahmen der Stadt.
Der Bürgermeister zeigte sich allerdings unbesorgt. In den ersten zwei Monaten des laufenden Jahres seien die Steuereinnahmen der Regierung um mehr als 40 Prozent gestiegen. Aufs Jahr gerechnet werden sich die Steuereinnahmen voraussichtlich um mehr als 30 Prozent erhöhen.
„Wenn die Lokalregierung die Bodenpreise erhöht und viel Land verkauft, kann sie damit tatsächlich in kurzer Zeit viel Geld machen. Das ist zwar gut für die Dauer der Amtszeit einzelner Politiker, aber für die langfristige Entwicklung der Wirtschaft der Stadt ist das sehr schlecht", meinte Huang. Für ihn kann sich die Wirtschaft einer Stadt erst dann nachhaltig entwickeln, wenn der Immobilienpreis sinkt. Wenn Wohnraum weniger kostet, können mehr Berufstätige in der Stadt gut leben und arbeiten.
„Wenn es auf dem Immobilienmarkt zu einer vernünftigeren Preisentwicklung kommt und für Wanderarbeiter und Geringverdiener eine ausreichende Zahl von Sozialwohnungen zur Verfügung stehen, werden auch die Wanderarbeiter in Chongqing ihr Auskommen haben, was einen bedeutenden Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg der Region leisten kann", so der Bürgermeister. Die Regulierung des Immobilienmarktes seit letztem Jahr könne dazu beitragen, den Strukturwandel der Wirtschaft zu beschleunigen und die Attraktivität der Stadt langfristig erhöhen.
Aufstrebender Sozialwohnungsbau
In den letzten Jahren sind die Zuzugsvorschriften in Chongqing gelockert worden. Zahlreiche Landbewohner sind in die Stadt gezogen, wobei die Wohnungssuche für diese Neuankömmlinge ein großes Problem darstellt.
Huang spricht sich dafür aus, dass soziale Wohnungsbauprojekte durch Steuernachlässe begünstigt werden. Die Entwickler und Träger dieser Projekte sollten Steuerbefreiung genießen. Zur Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus meinte Huang Qifan, dass die Regierung den Großteil der Finanzierung tragen sollte, der Rest könnte aus Bankkrediten, Investitionen der Versicherungsbranche und den Fonds der Sozialversicherungen beigesteuert werden. „Diese Form der Finanzierung entspricht marktwirtschaftlichen Gepflogenheiten und kann auf breiter Front eingeführt werden."
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