14-01-2009
Auto
Wettbewerbsfähige Elektroautos dank moderner Technik

Der 42-jährige Unternehmer Wang hält den Bau von Elektroautos für so einfach wie den Bau von Digitaluhren: „Jeder kann Digitaluhren entwerfen und herstellen, aber für einen Newcomer ist es praktisch unmöglich, eine Uhr zu machen, deren Präzision an diejenige einer Schweizer Armbanduhr heranreicht.“

Tatsächlich hat das reine Elektroauto BYDe6 lediglich zwei Motoren, die aus jeweils 45 Teilen zusammengesetzt werden. Ein Motor treibt die Vorderachse an, der andere die Hinterräder. Hinzu kommen zwei Schaltgetriebe, die aus jeweils 60 Teilen bestehen. Das ganze System besteht also aus lediglich 210 Teilen, nicht eingerechnet die Befestigungselemente. Im Gegensatz dazu bestehen Motor und Getriebe des BYD F6, eines reinen Benziners, aus insgesamt 1 400 Teilen: ein Sechs-Zylinder-Motor aus 840 Teilen und ein Getriebe, das aus 560 Teilen zusammengesetzt ist.

Am Standort Shenzhen baut BYD Elektromotoren und Batterien unter geringem Einsatz moderner Anlagen: ein hi-tech Gefühl kommt hier nicht auf. Endlose Reihen meist weiblicher Arbeiter bis Mitte zwanzig, gekleidet in blauen Uniformen, setzen die Werkteile meist in Handarbeit zusammen.

Die Begeisterung Wangs für Batterien geht auf seine Studentenzeit Mitte der achtziger Jahre zurück, als er Physikalische Metallurgie und Chemie studierte. Nach seinem Abschluss kam er in der Forschungsabteilung des Zentralinstituts für Buntmetalle in Beijing unter. Dort, so erinnert er sich, habe er eine ziemlich ruhige Kugel geschoben. Das aber wurde ihm bald langweilig und er beschloss, selbst etwas auf die Beine zu stellen, gerade als Chinas Experiment in Kapitalismus zum Höhenflug ansetzte.

Mit zwei Dutzend Ingenieuren ging Wang an den Start. Innerhalb weniger Jahre wurde die Firma zum Batteriezulieferer unter anderem für Motorola, Nokia und Samsung. Laut Wang verdoppelten sich die Umsätze jedes Jahr. 2002 ging BYD an die Hongkonger Börse.

Eine Branche, auf die Wang ein Auge warf, war die Autoindustrie, obwohl er damals noch nicht einmal einen Führerschein hatte (jetzt kann er autofahren und kommt mit einem Lexus ins Büro). Anfang 2003 entschloss er sich, eine kleine Automobilfabrik in Xi´an zu kaufen, Qinchuan Motors, aber dies stieß auf den heftigen Protest seiner Investoren.

Auf einer eilig einberufenen Konferenz legte Wang offen, dass seit 1998 zwanzig seiner Spitzeningenieure an einer Verbesserung seiner Handyakkus sitzen würden, mit dem Ziel, Batterien zu entwickeln, die sich zum Antrieb von Elektroautos eignen würden. Sie entwickelten ein klobiges Vehikel namens „Flyer”, der kaum mehr als ein Golfwagen war.

Solcherart beflügelt, gaben die Investoren ihren Segen zur Konstruktion eines herkömmlichen Benziners, damit BYD Erfahrungen im Fahrzeugbau sammeln konnte. 2005 brachte BYD ihr erstes Auto auf den Markt: eine kleine Limousine namens F3. Kritische Beobachter aus dem Ausland identifizierten den F3 als eine Kopie des Toyota Corolla. Wang hingegen hebt seine Sorgfalt in urheberrechtlichen Fragen hervor: „Auf der Grundlage guter Ideen von Toyota und anderen hat BYD in China schnell einen eigenen Wagen schaffen können.“ Seiner Ansicht nach gibt es keinen besseren Weg, das Handwerk der Branche zu erlernen, als sich deren herausragende Produkte zum Vorbild zu nehmen.

Hitoshi Yokoyama, Sprecher von Toyota in Beijing, sieht keinen Handlungsbedarf, Klage gegen BYD einzureichen: „Normalerweise ziehen wir immer vor Gericht, wenn sich eindeutige Hinweise auf Verletzung unserer Urheberrechte feststellen lassen.“

Hinter den Kulissen hat BYD weiter an seinen Elektroautos gefeilt. Als er im April 2008 auf der Beijinger Autoschau den Prototyp des e6 vorstellte, war dies ein besonderer Moment im Leben eines Mannes, der in ärmlichen Verhältnissen in einer Reisbauerfamilie im ländlichen Anhui aufgewachsen ist und im Alter von 15 Jahren beide Eltern verloren hat.

Zwischen Chinaböllern und Konfetti verkündete Wang den Anbruch eines neuen Zeitalters in der Geschichte des Automobils: „Wir sind sehr zuversichtlich, GM, Toyota und andere Weltmarken in Sachen Elektroauto den Rang abzulaufen.“

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