19-09-2012
Porträt
Yang Shanzhou: Ein Lebensabend für den Umweltschutz
von Tang Shubiao und Li Guowen

Leben für den Umweltschutz: Nach seiner Pensionierung 1986 gab Yang Shanzhou den Komfort und die Annehmlichkeit des Stadtlebens auf und zog in sein altes Heimatdorf zurück, um Bäume anzupflanzen.

 

Als wir an jenem Vormittag im Februar dieses Jahres die Witwe von Yang Shanzhou besuchen, fragen wir die alte Dame, ob sie ihren verstorbenen Mann denn vermisse. „Nein." Die Antwort der 84-Jährigen kommt zögerlich, aber bestimmt. Wir sind zunächst verblüfft. Doch im Gespräch im kleinen Hof des Hauses im Dorf Daliushui in der Stadt Boshan, Provinz Yunnan, wird schnell klar, wie diese Antwort zu verstehen ist. Yang Shanzhou war ein engagierter Mann, nicht nur was seine Karriere als regionaler Beamter betraf, sondern auch nach seiner Pensionierung, als er sich ganz der Aufforstung des Berggebiets rund um das Dorf Daliushui verschrieb. Für die Familie blieb dabei wenig Zeit. Nicht selten plagten Yang deshalb Schuldgefühle. „Das hat er mir gegenüber immer wieder geäußert", erinnert sich die Witwe. Schuldgefühle, die Yang bis auf das Sterbebett begleiteten. „Er wollte deshalb unbedingt auf dem Berg hinter unserem Dorf beigesetzt werden. So könne er jeden Tag bei mir sein, hat er zu mir gesagt."

 

Eine schwierige Mission

Vor seiner Pensionierung war Yang Shanzhou zehn Jahre lang als Parteisekretär der Präfektur Baoshan tätig, die heute zur Stadt Baoshan geworden ist. Yang ging seinem Amt mit Eifer nach, ein vorbildliches Engagement, das nicht unbemerkt blieb. Im Jahr 1980, als Hu Yaobang, Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, auf eine Stippvisite nach Baoshan reiste, pflanzte Yang unter sengender Sonne mit anderen Bauern Reissetzlinge. Hu war gerührt, als er den Parteisekretär mit Schlamm verschmiertem Gesicht auf dem Acker sah. „Nur wenige Kader arbeiten, wie Sie es tun", gab Hu ihm mit auf den Weg.

Nach seiner Pensionierung 1986 gab Yang Shanzhou den Komfort und die Annehmlichkeiten des Lebens in der Stadt auf und zog zurück aufs Land, in das Dorf, wo er aufgewachsen war. Am 4. März 1988 fuhr er mit 17 Mitarbeitern der Behörde für Forstwirtschaft des Kreises Shidian tief in die Wälder des Daliang-Gebirges. Dort wollte er Bäume anpflanzen und so seinem Versprechen nachkommen, nach seiner Pensionierung nützliche Dinge für seine Heimat zu tun.

Bis dahin gehörten die Grundstücke ringsum den Berg vertraglich den jeweiligen Haushalten. Yang schlug vor, alle kleinen Grundstücke zusammenzulegen und eine Forstplantage aufzubauen, die von der lokalen Regierung und den bäuerlichen Haushalten gemeinsam betrieben werden sollte. Yang vermittelte persönlich bei den Verhandlungen zwischen Regierungsgesandten, den Dorfkadern und den Vertretern der Haushalte. Schließlich konnten sich alle Seiten auf eine Vereinbarung einigen.

In einem ersten Schritt wurde ein Hauptquartier für die Aufforstung gegründet und Yang als dessen Leiter gewählt. Noch am Abend der Gründung versammelten sich Yang und sein Team am Lagerfeuer, um Arbeitspläne zu diskutieren und beschlossen, noch vor Beginn der nahenden Regensaison im Mai rund 670 Hektar Land zu kultivieren. In den folgenden Jahren traf sich das Team regelmäßig zu derartigen Treffen, wie sich Zi Xuehong, ehemaliger Chef der Forstplantage Daliang, zurückerinnert.

In den 12 Tagen nach dem ersten Zusammentreffen inspizierten Yang und sein Team die geographischen Bedingungen des Berges und entschieden, welche Baumarten gepflanzt und welche Methoden zu ihrer Pflege ergriffen werden sollten.

Die Forstplantage wurde mit nur wenig Geld ins Leben gerufen und das begrenzte Budget brachte nicht wenige Schwierigkeiten mit sich. Doch Yang Shanzhou ließ sich nicht beirren und mobilisierte alle verfügbaren Ressourcen, um die auftretenden Hindernisse zu überwinden. Um die erforderlichen Sämlinge zu sammeln, stöberten Yang und sein Team sogar Obstkerne auf der Straße auf, die später zu hohen Bäumen heranwachsen sollten. „Er hat sogar Bonsai-Kiefern, Bonsai-Pflaumen und Bonsai-Ginko von seiner Familie auf den Berg transportiert", erzählt Li Jun, Mitarbeiter der Behörde für Forstwirtschaft des Kreises Shidian. Die Bäume wuchsen und gediehen und sprießen noch heute als stille Monumente des Verstorbenen.

In der Anfangsphase konnte es sich die Forstplantage nicht einmal leisten, ihren Forstarbeitern eine richtige Unterkunft bereitzustellen. Acht Jahre lang arbeiteten und lebten Yang und sein Team in zusammengeschusterten Hütten aus einfachen Holzrahmen, die behelfsmäßig mit Planen überdacht waren. Einige dieser Behelfsbehausungen, die Yang früher als Büro und Wohnsitz dienten, stehen noch heute. Das schlichte Mobiliar – nicht mehr als ein paar einfache Schreibtische, Stühle und Betten, die Yangs Team eigenhändig gebaut hatten – zeugen von den schwierigen Lebensbedingungen ihrer Erbauer. Selbst an einfachsten Grundbedürfnissen wie Bettwäsche mangelte es in den Hütten. Die Mitarbeiter nächtigten auf Kiefernnadeln und Heu.

In den ersten zwei Jahren nach Gründung der Forstplantage führten noch keine asphaltierten Wege in den Berg. Die Mitarbeiter schlängelten sich auf Pferden ihren Weg durch das Unterholz, um Werkzeuge und Zubehör auf die Plantage zu schaffen. 1990 heuerte Yang schließlich ein paar Facharbeiter an und besorgte die nötige Grundausstattung zum Bau einer Straße. Mit einem minimalen Kostenaufwand von nur 10 000 Yuan pro Kilometer, umgerechnet rund 1280 Euro, legten die Arbeiter eine 14 Kilometer lange Straße. Es ist Aktionen wie diesen zu verdanken, dass auf den einstmals kahlen Hängen des Daliangs heute wieder üppige Vegetation wuchert.

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