17-01-2012
Porträt
Bauchentscheidung mit Folgen
von Yuan Yuan

 
Yan mit Kindern

 

„Alle waren sehr unglücklich mit meinem Job in der Schule, sie hielten ihn für unsicher. Wir haben lange Zeit darüber gestritten", erinnert sich Zhang, die eigentlich weiter machen wollte. Unter Tränen verließ sie schließlich die Schule. Auch Yan bedauerte den Abschied sehr. „Wir haben derzeit zwölf Lehrer hier an der Schule, aber wir wissen nicht, wie lange sie bei uns bleiben werden", sagt er. Dabei hat Yan bereits unzählige Anstrengungen unternommen, neue Lehrer für die Schule zu gewinnen.

Anders als für Fächer wie Mathematik, Chinesisch oder Englisch ist es sehr  schwierig, Lehrer für Kunst, Sport und Musik zu finden. Lange Zeit drehten die Schüler im Sportunterricht nervtötende Runden auf dem kleinen Schulhof, angeleitet durch Lehrer anderer Fächer. Dann veröffentlichte Yan ein Stellengesuch für einen Sportlehrer über seinen Mikroblog, auf das ein Beijinger Fußballverein, die „I Love Football Union" aufmerksam wurde. Seit September 2011 wird der Sportunterricht nun jeden Mittwoch von ehrenamtlichen Helfern des Clubs geleitet.

„Es bereitet uns große Freude, auch wenn die Schule so weit außerhalb liegt", sagt Li Jun, Cheftrainer des Vereins. „Ich bewundere Yan für das, was er tut. Es ist wirklich keine leichte Aufgabe, die er da stemmt, und es ist ganz schwierig, das durchzuhalten."

 

Zusätzliche Gelder müssen her

Yan mag zwar ein Idealist sein, aber was die finanzielle Lage der Schule angeht, machte er sich aber von Anfang an keine großen Illusionen. „Wir waren auf das Schlimmste vorbereitet, nämlich, dass die Schule schon nach zwei Monaten ihre Pforten hätte schließen müssen", erinnert sich Yan. Das Hauptproblem: die Finanzierung.

Pro Kopf zahlt jeder Schüler pro Halbjahr ein Schulgeld von 700 Yuan, rund 82 Euro. 20 Prozent der Schüler aber stammen aus äußerst ärmlichen Verhältnissen, und können das Schulgeld nicht aufbringen. Derzeit reichen die Einnahmen gerade dafür aus, um die Lehrkräfte zu bezahlen. Yan steuert jedes Halbjahr rund 40 000 Yuan (4700 Euro) aus eigener Tasche bei. Davon zahlt er die Kosten für Miete, Strom und Wasser. Ende 2011 hatte Yan bereits 150 000 Yuan (17 700 Euro) in die Schule gesteckt. Auch ein Stipendienprogramm richtete er ein, das „Kleiner Schwan Stipendium", mit dem besonders fleißige und begabte Schüler gefördert werden.

Als Yan die Schule übernahm, stellte er eine einfache Rechnung auf: Mit 1200 Yuan (140 Euro) konnte es einem Schüler ermöglicht werden, für ein Jahr die Schule zu besuchen. Wenn sich also zehn Menschen zusammenfänden, so Yans Idee, um einen Schüler gemeinsam zu unterstützen, hätte jeder von ihnen nur 120 Yuan (14 Euro) pro Jahr aufbringen müssen, für viele Menschen eine Summe, die durchaus zu verschmerzen ist.

Yan setzte alle möglichen Hebel in Bewegung, um Gelder für die Schule zu beschaffen. Er wandte sich zum Beispiel an einige gemeinnützige Organisationen. Diese zeigten sich zwar alle sehr angetan von dem Projekt, keine war aber letztlich bereit, finanzielle Unterstützung zu leisten. „Es schien, als blieb mir nicht anderes übrig, als mein ganzes Geld in das Projekt zu stecken, nur um am Ende zuzusehen, wie die Schule doch zugrunde ging", erzählt Yan.

Letztlich aber waren Yans Anstrengungen doch nicht völlig vergebens: Seine Initiative zog das Interesse der Medien auf sich, darunter auch das des staatlichen Fernsehsenders CCTV, der überall im Land empfangen werden kann. „Nachdem die Medien über unsere Arbeit berichtet hatten, haben wir mehr Unterstützung bekommen. Die Schule wurde immer bekannter", erzählt Yan. Ende 2011 startete die Schule außerdem eine eigene Spendeninitiative, bei der sie selbst gestaltete Kalender verkaufte, die Bilder von Schülern und Lehrern zeigten.

„Ich hätte es natürlich lieber, wenn wir ein professionelles Team hätten, dass sich ausschließlich um die Beschaffung der Gelder und die Verwaltung der Schule kümmern würde. So könnten sich die Lehrer voll auf das Unterrichten konzentrieren", sagt Yan. „Wenn es weiterhin so schwierig bleibt, eine private Schule für die Kinder von Wanderarbeitern zu betreiben, wird es immer weniger Leute geben, die sich in diesem Bereich engagieren. Dann werden sich die Bedingungen für die Kinder noch weiter verschlechtern."

 

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