25-08-2011
Porträt
Qinghai will aufholen
von Xu Bei und Jin Duoyou

Xu Fushun (Foto: Wang Xinyi)

In den kommenden zehn Jahren soll Westchina der neue Motor der wirtschaftlichen Entwicklung in China werden. Schon 2000 hat die chinesische Regierung mit der Strategie "Erschließung Westchinas" begonnen. Hinter dieser Öffnungspolitik verbargen sich neue Anreize für die Umsiedlung von Finanzunternehmen, die Schaffung eines besseren Investitionsumfeldes, Investititionen in Forschung und Bildung und schließlich die gezielte Anwerbung von qualifizierten Fachkräften. Elf Jahre später hat nun die nächste Entwicklungsstufe der „Erschließung Westchinas" begonnen.

Qianhai ist eine der zentralen Provinzen in dieser Stufe. Ihre geographische Lage ist verglichen mit den anderen neun westchinesischen Provinzen besonders günstig. So grenzt die Provinz Qianhai westlich an Xinjiang und Tibet, östlich an Gansu und Sichuan; ihre Stärken liegen in der Landwirtschaft, der Herstellungsindustrie und im Tourismus.

Xu Fushun ist stellvertretender Gouverneur der Provinz Qinghai. Mit der Beijing Rundschau sprach er über den 12. Fünfjahresplan der Provinz, Umweltschutz und die Entwicklung der Recyclingwirtschaft.

 

Beijing Rundschau: In den vergangenen fünf Jahren lag die Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in Qinghai immer bei 10 Prozent. Dennoch liegt Qinghai wirtschaftlich immer noch hinter den anderen chinesischen Provinzen. Warum?

Xu Fushun: Seit wir mit der „Erschließung Westchinas" begonnen haben, hat sich Qinghai rasant entwickelt - besonders in den vergangenen fünf Jahren. Jedes Jahr liegt die Wachstumsrate des BIP einige Prozentpunkte über dem gesamtchinesischen Durchschnitt. Aber: Erstens ist unser Ausgangspunkt relativ niedrig. Aufgrund unserer langsamen wirtschaftlichen Entwicklung haben wir in Qinghai wenig aus unseren reichen Naturressourcen gemacht. Verglichen mit der Vergangenheit, ist unser BIP schneller gewachsen, aber im Vergleich mit den Provinzen an der Küste liegt unser BIP immer noch im Rückstand.

Meiner Meinung nach sollte jedoch die wirtschaftliche Stärke einer Region nicht nur anhand des BIP gemessen werden. Die Provinz Qinghai hat nur eine Bevölkerung von knapp über 5 Millionen. Daher fällt das Pro-Kopf-BIP in Qinghai nicht unter den nationalen Durchschnitt.

Im 12. Fünfjahresplan (2011-15) der Provinz Qinghai haben wir unser Ziel eindeutig festgelegt: Wir wollen die Wirtschaftsstärke erhöhen, die Lebenshaltung der Bevölerung, den Schutz der ökologischen Umwelt und das soziale Management verbessern. Der Plan sieht vor, dass wir in bis 2015 das BIP und die Finanzeinnahmen verdoppeln und so das Einkommen der Stadt- und Landbewohner deutlich erhöhen. So wollen wir den Abstand zwischen Qinghai und entwickelten Regionen Chinas verringern.

Qinghai hat in den ersten zehn Jahren der Erschließung Westchinas zwar wahnsinnige Entwicklungen durchgemacht. Aber wenn man Qinghai mit anderen chinesischen Provinzen verglicht, ist der Abstand zwischen Qinghai und dem durchschnittlichem Standard sogar größer geworden. Das Pro-Kopf-Einkommen der städtischen Bewohner beträgt 72 Prozent, das der ländlichen Bewohner 65 Prozent des nationalen Durchschnitts. Armut und Unterentwicklung sind immer noch gegenwärtig.

 

Was sind die Herausforderungen und Chancen für Qinghai in der zweiten Runde der Strategie „Erschließung Westchinas"?

In Qinghai liegt die Quelle von Chinas drei großen Flüssen - dem Jangtse, dem Gelben Fluss und dem Lancang-Fluss. Sanjiangyuan, aus denen die drei großen Flüsse stammen, ist das größte Naturschutzgebiet in China. Qinghai ist auch reich an mineralischen Bodenschätzen.

Wir sehen in der zweiten Entwicklungsstufe eine Chance für uns, den Ausbau einer besseren Infrastruktur zu beschleunigen und eine Industrie zu entwickeln, die viel Wert auf unsere lokalen Besonderheiten legt – vor allem in den Bereichen Energie, Roh- und Werkstoffe sowie der Herstellung von Arzneimitteln. Wir werden in den nächsten Jahren großen Wert auf einen ökologischen Aufbau und den Naturschutz legen. Zum Beispiel werden wir die Kompensationsmechanismen der Ökosysteme etablieren– so wollen wir die Wiesenlandschaften um Qinghai schützen.

Also: Die drei wesentlichen Aufgaben in der Provinz sind, sich in einer wissenschaftlichen Weise zu entwickeln, das Ökosystem zu schützen und die Lebenshaltung der Bevölkerung zu verssern.

 

Was sind die wichtigsten Branchen, die in Qinghai entwickelt werden?

Das ist erstens die Produktion neuer Energieträger in der photovoltaischen Stromerzeugung, etwa die Herstellung von Lithium-Batterien. Wir forschen und entwickeln auch neue Solarenergie-Komponenten. Diese Branchen sind umweltfreundlich.

Ein zweiter Industriezweig sind Mienen für Aluminium, Kupfer, Zink und Lithium.

Drittens haben wir vor allem die Entwicklung der bio-pharmazeutischen Industrie gefördert. Das Qinghai-Tibet-Plateau ist die Heimat vieler Pflanzen und Tiere, deren medizinischer Wert beträchtlich ist. Zum Beispiel stellen wir dort Wein und Saft aus Sanddorn her, einer der Dürrepflanzen im Hochland. Ein weiteres Beispiel ist die hier weit verbreitete Hasenmaus – eigentlich ein Schädling, wird sie in Wein eingelegt und so ein medizinischer Wein hergestellt, der Rheuma verhindern kann.

Hinzu kommt die Textilindustrie mit tibetischen Teppichwebereien, Yakzucht und Weiterverarbeitung. Solche Industrien bieten Arbeitsplätze für die lokalen tibetischen Bewohner an und fördern die wirtschaftliche Entwicklung.

 

Welche Pläne haben Sie, um die regionale Wirtschaft in Qinghai in den nächsten fünf Jahren zu entwickeln?

Grundsätzlich wollen wir eine grüne Wirtschaft entwickeln. Wir werden daran arbeiten, drei Pilotzonen zu entwickeln - die Sanjiangyuan Nationale Naturschutzzone, die Qaidam Kreislaufwirtschaftszone und Rebgong Kultur- und Naturschutzzone. 

Qinghai wird die Einrichtung von Kreislaufwirtschaft-Industrien beschleunigen. Und wir haben das Ziel, Chinas wichtigster Standort für Wasserkraft, Mineraliengewinnung aus dem Salzsee, NE-Metallerzeugung, Fotovoltaik-Industrie und Umweltprodukte zu werden.

 

Entwicklung ist auf Menschen angewiesen. Wie werben Sie um talentierte Arbeitskräfte?

Qinghais Politik begünstigt die Fachleute, die für die wichtigsten wirtschaftlichen Entwicklungsbranchen arbeiten: Wir besorgen ihnen gute Wohnungen und Schulen für ihre Kinder. Einige große Unternehmen wie die Western Mining Investment Co. Ltd haben Forschung und Entwicklung-Labore in Beijing und Shanghai eingerichtet. Wissenschaftler gehen von dort aus regelmäßig nach Qinghai, um ihre Forschung an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen.