01-04-2011
Porträt
Bai Youlu: Der erst Mann der Fernerkundung im niedrigen Raum für chinesische Landwirtschaft
北京周报网

Bai Youlu, Direktor des Chinesischen Forschungslabors für Pflanzennähstoffgehalt, Vorsitzender des Chinesischen Vereins für Pflanzennähstoffgehalt, Direktor des Nationalen Zentrallabors für Geodäsie und Düngung, Wissenschaftsrat des Forschungsinstituts für Ressourcen und regionale Allokation der Landwirtschaftan der der Chinesischen Akademie für Agrarwirtschaftwissenschaft, Doktorvater

Landwirtschaft von oben

Erst vor zehn Jahren hat Bai Youlu mit der Fernerkundung im niedrigen Raum (unterhalb 1000 Metern) als Hilfsmittel zur ortsdifferenzierten und zielgerichteten Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen begonnen, heute ist er einer der weltweit führenden Experten auf diesem Gebiet. Innerhalb kürzester Zeit gelang es Bai Youlu, die Fernerkundung für Chinas Agrarwirtschaft nutzbar zu machen. Dafür hat er Lob aus berufenem Munde eingeheimst:  „Sie sind hervorragend. Ihre Technik ist viel entwickelter als das Weltniveau", so die Delegierten der Gesellschaft für intelligente Landwirtschaft des schwedischen Forschungsinstituts für Agrarwissenschaft und Umweltprojekte am 20. Juli 2009 in Beijing. An diesem Tag hatte Bai im Labor für Nährstoffgehalt der Pflanzen der Akademie für Agrarwissenschaft den schwedischen Kollegen Chinas Technik vorgestellt. Im darauffolgenden Jahr kam eine Reihe von Agrarwissenschaftlern zum Erfahrungsaustausch zu ihm ins Labor. Nach dem Frühlingsfest 2011 hat die Beijing Rundschau das Labor besucht und sich beim  „ersten Mann" der Fernerkundung im niedrigen Raum für Chinas Landwirtschaft umgesehen.

 

Präzisionslandwirtschaft aus luftiger Höhe

Bereits vor zwanzig Jahren ist die moderne Fernerkundung im niedrigen Raum in der Landwirtschaft zum Einsatz gekommen. Zur Überwachung der Entwicklung der Feldfrüchte, zur Vermessung der Erdoberfläche und zur Auswertung von Naturkatastrophen sowie zur Analyse der Fruchtbarkeit landwirtschaftlicher Flächen hat diese Technik erheblich beigetragen. In China hat die Forschung in diesem Bereich jedoch erst vor noch nicht einmal zehn Jahren begonnen.

Auf der Arbeitskonferenz der Zentralregierung für ländliche Gebiete Ende 2010 wurden Stabilisierung und Erhöhung der Getreideproduktion im Rahmen der  „ Arbeiten für die Landwirtschaft, die ländlichen  Gebiete und die Bauern" Priorität eingeräumt. Über den weiteren Einsatz der Fernerkundung im niedrigen Raum für die Landwirtschaft sagt Bai, dass „die Anbaufläche für Getreide nicht mehr zu vergrößern ist. Wir müssen uns daher um eine Steigerung der Erträge bei gleichbleibender oder sogar rückläufiger Agrarfläche bemühen. Hier kann unsere Technik zur Fernerkundung im niedrigen Raum sehr hilfreich sein. Auf den ertragreichen Feldern Chinas werden 20 bis 30 Prozent der Pflanzen während der Wachstumsphase geschädigt. In besonders schweren Fällen kann es sogar zu kompletten Ernteausfällen kommen. Dank Fernerkundung können wir rechtzeitig herausfinden, an welchen Stellen sich Aussaat oder Setzlinge ungünstig entwickeln und dann gegebenenfalls Abhilfe schaffen, damit es zu keinen Ernteverlusten kommt. Die Fernerkundung im niedrigen Raum kann also sozusagen als ein Zaubermittel zur Steigerung der Ernteerträge betrachtet werden", meint der Wissenschaftler.

 

Modellflugzeuge als Inspirationsquelle

Eines Tages im Frühjahr vor zehn Jahren machte Bai wie üblich einen Spaziergang. Dabei fiel ihm am Wegesrand ein Laden für Flugzeugmodelle auf. Er betrat das Geschäft und unterhielt sich mit dem Ladenbesitzer. Dabei kam ihm die Idee, Modellflugzeuge zum Träger von Sensoren für die Fernerkundung im Dienste der Landwirtschaft zu entwickeln.

Anfangs aber gerieten Bai und seine Assistenten in erhebliche Schwierigkeiten. Die handelsüblichen Modellflugzeuge waren aufgrund ihrer begrenzten Nutzlast nicht imstande, die Sensoren in die Luft zu bringen, so dass Bildaufnahmen und Datengewinnung unmöglich waren.

Dennoch setzte Bai die Suche fort. Um das Problem zu lösen, wollten sich Bai und seine Kollegen zunächst an Fachinstitute mit der Bitte wenden, entsprechende Flugzeuge zu entwickeln. Doch die hohen Kosten schreckten die Agrarwissenschaftler ab. Allein für den Entwurf hätten sie Zehntausende oder sogar Hunderttausende Yuan bezahlen müssen, wobei die Frage der Finanzierung vollkommen unklar war. Am Ende entschlossen sich die Wissenschaftler dazu, Flugzeuge, die über eine ausreichende Tragfähigkeit verfügten, selbst zu entwickeln.

Um die geeigneten Modellflugzeuge so rasch wie möglich zu bauen, suchte sich Bai eine Menge Bücher über die Herstellung von Modellflugzeugen zusammen und vertiefte sich in das Studium dieser für ihn vollkommen neuen Materie. „Blicke ich heute auf diese Zeit zurück, kommt es mir selbst ganz unwahrscheinlich vor, dass ich mir ohne jegliches Vorwissen diese sehr speziellen Kenntnisse erarbeitet habe", erinnert sich der Wissenschaftler. Nach Aneignung einer theoretischen Grundlage und unzähligen Feldversuchen ist es Bai und seinen Assistenten schließlich gelungen, mit Sensoren ausgestattete Flugzeuge in den Himmel aufsteigen zu lassen.

Dennoch bescherte dieser Erfolg dem Team von Bai zunächst wenig Freude. Denn die Flugzeuge hatten zwar die Sensoren in die Luft gebracht, sie ließen sich aber nicht exakt lenken, weshalb sie auch nicht sinnvoll zum Einsatz gelangten.

 „Von der Serie von Fehlschlägen war ich oft sehr frustriert. Aber dann dachte ich wieder, dass es für einen Laien in Sachen Flugzeugbau wie mich, schon eine beachtliche Leistung war, überhaupt eine Maschine in die Luft zu bringen", erklärt Bai. Trotz ihrer Misserfolge ließen die Wissenschaftler nicht locker. Nach mehr als drei Jahren „landeten" sie endlich ihren Erfolg!

 

Von der Handsteuerung zur Automatik

Um die Lenkgenauigkeit der Flugzeuge zu erhöhen, hat Bais Team nach seinen Plänen Maschinen mit zwei verschiedenen Systemen zur Fernsteuerung entwickelt: eines für die Handsteuerung, eines für den Autopiloten. Vor 2005 kam nur die Handsteuerung zum Einsatz. Dabei musste man sozusagen vom Boden aus nach Augenmaß fliegen. Die Kontrolle über Flughöhe, Fluggeschwindigkeit und Flugrichtung war deshalb sehr eingeschränkt, so dass die Ergebnisse unbefriedigend blieben.

„Für die Weiterentwicklung hin zum Autopiloten haben wir uns sehr ins Zeug gelegt. Die auf dem Markt vorhandenen Systeme zur Selbststeuerung von Modellflugzeugen waren für unsere Zwecke unbrauchbar. Wir mussten unsere Maschinen also erneut umbauen. Das System, das jetzt in unseren Flugzeugen installiert ist, haben wir komplett selbst entwickelt", merkt der Agrarwissenschaftler nicht ohne Stolz an.

Als Digitalkameras und CCD-Sensoren aufkamen, setzten Bai und seine Kollegen diese Geräte auch für die Fernerkundung ein. Gegenüber der Beijing Rundschau erklärt Bai, dass die Digitalkameras im Vergleich zu herkömmlichen Sensoren einfacher für die Bediener am Boden zu kontrollieren seien. Anders als bei Aufnahmen mit herkömmlichen Kameras käme es zu deutlich weniger Ausfällen. Zudem könnten die mit Digitalkamera gewonnen Fotos leichter vom Computer bearbeitet werden. Die Farbabweichungen, die bei analogen Aufnahmen durch Filmentwicklung entstehen, könnten ebenfalls vermieden werden, so Bai. Die Verwendung der Digitalkameras hat den Wirkungsgrad ihrer Arbeit wesentlich verbessert und gilt als weiterer Durchbruch in ihrer Forschung.

Heute kann man alle möglichen Arten von Sensoren und Aufzeichnungsgeräten an den Modellflugzeugen anbringen und über dem Ackerland zur Fernerkundung einsetzen. Der „präzise Ackerbau" steigert den wirtschaftlichen Nutzen pro Einheitsfläche und schützt Böden vor Überdünung und Auslaugung, weshalb er auch als aktiver Beitrag zum Umweltschutz betrachtet werden kann.