25-03-2011
Porträt
Huang Mengla: Karriere eines jungen Meistergeigers
von Xu Bei

Huang Mengla (Quelle: Wu Promotion)

Auf einer bekannten Online-Community, douban.com, wo sich chinesische Internetuser über Musik, Filme, Bücher und Kulturveranstaltungen austauschen, waren am 21. März Karten für ein von der Wu Promotion veranstaltetes Konzert heiß begehrt. Vom 23. März bis 3. April 2011 wird die Sächsische Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Nikolaj Znaider in Shanghai, Guangzhou und Beijing auftreten. Ein Highlight der Aufführungen ist, dass Huang Mengla, ein in den 80er Jahren geborener Geigenspieler vom Veranstalter eingeladen worden ist, zum ersten Mal gemeinsam mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden aufzutreten. Das dürfte wohl auch der Grund dafür sein, dass viele chinesische Klassikmusikfans so begeistert auf die Konzertankündigung reagiert haben. Wu Promotion zufolge seien alle Konzerte bereits seit Wochen ausverkauft.

 

„Weltreisender Geiger"

Huang Mengla wurde im Jahr 1980 in der chinesischen Metropole Shanghai geboren. Wie viele chinesische Musiker seiner Generation begann Huang schon im Alter von vier Jahren mit dem Erlernen eines Instruments. In seinem Fall war das die Geige. In seiner Schulzeit besuchte er die Grund- und Mittelschule, die der Shanghaier Hochschule für Musik vorgeschaltet ist. Die Kinder werden dort von klein auf mit Musik vertraut gemacht, der Weg zum Konservatorium und einer anschließenden Karriere steht ihnen somit weit offen. Im Jahr 2002 hat Huang sein Grundstudium an der Hochschule absolviert und den Ersten Preis beim Paganini Violin-Wettbewerb in Italien gewonnen. Der Premio Paganini zählt zu den angesehensten Violinwettbewerben weltweit. Be­reits die Zu­las­sung zum Wettbewerb, der seit 1954 tra­di­tio­nell im Tea­tro Car­lo Fe­li­ce in Genua aus­ge­tra­gen wird, kommt ei­ner Aus­zeich­nung gleich. Zugleich wurde er mit dem Renato De Barbieri Gedächtnispreis für die beste Interpretation einer Paganini Caprice sowie der Mario Ruminelli Auszeichnung geehrt. Huang wachte auf und war berühmt: Chinesische Medien überschütteten den „weltreisenden Geiger" mit Lob.

Zu diesem Titel meint Huang Mengla in aller Bescheidenheit, dass es eben nach seinen Auszeichnungen beim Paganini Violin-Wettbewerb beruflich bergauf gegangen sei. Er habe einfach die Gelegenheit ergriffen, die sich ihm geboten hätte: in vielen Ländern mit vielen verschiedenen Orchestern zusammenzuarbeiten. Deshalb seien die Medien auf den Namen „weltreisender Geiger" gekommen.   

 

Seine Geschichte macht Mut

Anders als viele andere musikbegeisterte Kinder wurde Huang Mengla anfangs aber keineswegs als Talent gehandelt. Denn ähnlich wie viele der jungen, in den 80er Jahren geborenen Chinesen wurde auch Huang von seinen Eltern zum Geigenspielen gezwungen. Nach seiner Aufnahme in der Grundschule der Shanghaier Hochschule attestierte man Huang zwar eine „gute Fingerfertigkeit", aber zugleich wurde „mangelnde Musikalität" festgestellt. Erst mit 16 Jahren eröffnete ihm ein Erlebnis bei einem Musikwettbewerb in Frankreich einen neuen Zugang zur Musik: „Das Wetter, die Architektur, die Musik und die ganze Stimmung in Frankreich haben mich total berührt. Als ich beim Wettbewerb die Darbietungen der anderen Teilnehmer anhörte, bemerkte ich, dass Musik auch ganz anders gespielt werden kann. Es war das erste Mal, dass ich spürte, was ein Virtuose durch die Musik ausdrücken möchte."

Seine Geschichte hat unzählige Kinder in China, die sich mit dem Erlernen eines Musikinstruments abmühen, dazu ermutigt, ihrem Musiktraum treu zu bleiben. Huangs Altersgenossen sind ebenfalls von seinem Erfolg beeindruckt, haben sie in ihrer Kindheit doch ganz ähnliche Erfahrungen auf dem steinigen Weg einer mehr oder weniger ausgeprägten Musikbegeisterung machen müssen. Unter ihnen gibt es unzählige Fans von Huang Mengla, die sogar auf einem eigenen Online-Forum eifrig über das Leben und die Arbeit ihres Stars kommunizieren. 

Huang führt dieses große Interesse für seine künstlerische Arbeit vor allem auf die Tatsache zurück, dass die klassische Musik in China in den letzten zwanzig Jahren überaus populär geworden ist: „Das Interesse an klassischer westlicher Musik hat sich so stark entwickelt, dass heute eine breite und solide Basis vorhanden ist. Natürlich hat es auch manche Rückschläge gegeben, aber ich sehe für die Klassik in China eine große Zukunft."    

 

Andere Länder, andere Kunst

Die wertvolle Erfahrung, mit zahlreichen internationalen Orchestern musizieren zu können, hat Huang ein einzigartiges Gefühl für die Unterschiede in Kunst und Kultur der einzelnen Länder vermittelt. Er findet, dass die Charaktereigenschaften der Nationen durch verschiedene Kunstauffassungen geprägt worden sind. Dies sei auch die Ursache für die Schönheit der Kunst. Er sagt: „Der Geist der Unabhängigkeit in Europa vermittelt auch mir ein Gefühl der Freiheit. Das zeigt sich schon im Alltag und im Umgang mit den einfachen Dingen. Während der Aufführungen oder Tourneen mit europäischen Orchestern gibt es immer wieder Sachen, um die man sich persönlich kümmern muss. Viele europäische Musiker betrachten auch die Musik mit dem Geist der Freiheit. Deswegen sind ihre Werke auch sehr attraktiv. Hatte ich mich aber erst an die Arbeitsweise europäischer Orchester gewöhnt, so war es auf einmal sehr schwer für mich, in anderen Ländern, zum Beispiel in Japan aufzutreten. Dort herrscht große Bescheidenheit unter Musikern und eine sehr ernste Arbeitsauffassung. Entsprechend fürsorglich wird man dort aufgenommen und rundum betreut, während man in Europa oft sich selbst überlassen bleibt, was für viele Asiaten eine zwar ungewohnte aber nicht notwendig unangenehme Erfahrung ist."  Zusammenfassend spricht Huang davon, dass sich kulturelle Unterschiede nicht nur hinsichtlich der Musikauffassung und Aufführungspraxis zeigten, sondern auch das Alltagsleben prägten.

 

Europa, der Traum des jungen Geigers

2006 setzte Huang Mengla sein Studium in London bei Professor György Pauk an der Royal Academy of Music fort, wo er 2008 sein Solistendiplom erhielt. „Ich habe Meister György Pauk während der Teilnahme an einigen internationalen Wettbewerben und Meisterklassen kennen gelernt. Wir verstehen uns sehr gut. Jetzt ist der Meister schon 71 Jahre alt und hat viele Schüler aus der ganzen Welt. Von ihm habe ich die Logik der westlichen Musik gelernt. Das hat sehr geschmacksbildend auf mich gewirkt", sagt Huang.

Mit seinem Aufenthalt in Europa – dem Geburtsort der klassischen Musik – ist für Huang ein langgehegter Traum in Erfüllung gegangen. Derzeit wohnt der Violinist in Deutschland: „Dieses Land verfügt über eine allgemein anerkannte hohe Position im Bereich der klassischen Musik. Hier zu leben und zu arbeiten ist nicht nur mein Traum, sondern der Traum einer großen Anzahl von Musikern."