Der 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs ist eine Chance für uns, einem bislang fast übersehenen Helden Tribut zu zollen
Kerry Brown ist Kommentator bei der Beijing Rundschau und Direktor des Zentrums für Chinastudien an der Universität von Sydney
Chinesische Soldaten im Kampf gegen die japanischen Angreifer in Shanghai am 13. August 1937 (XINHUA)
Das Shanghai von heute aus der Vogelperspektive (XINHUA)
Im September wird in Asien der 70. Jahrestag des Endes des Zweiten
Weltkriegs begangen. Wenige Monate nach Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa endete auch der Krieg gegen Japan, das nach dem Abwurf von zwei Atombomben auf Nagasaki und Hiroshima seine bedingungslose Kapitulation erklärte. Der Krieg in Asien begann früher und endete später als in Europa. Im Hinblick auf die Opferzahlen war es eivonner der vernichtendsten Konflikte, die die Menschheit jemals erlebt hat. Vorsichtigen Schätzungen zufolge kamen dabei allein 20 Millionen Chinesen um, 50 Millionen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. (Wikipedia und anderswo im Internet: 13,5 Millionen)
Es wird oft vergessen, dass China während des Zweiten Weltkriegs eine der entscheidenden Fronten im Kampf gegen den Faschismus war. Während der Konflikt in Europa erschöpfend dokumentiert wurde und man sich offiziell an ihn erinnert, ist sein asiatisches Gegenstück weit weniger gewürdigt und analysiert worden, zumindest im englischsprachigen Teil der Welt. Das ist bedauernswert. Vor allem China brachte große Opfer, seine Menschen erfuhren ungeheures Leid. Erst in den letzten Jahren haben Historiker wie Rana Mitter aus Oxford zu einem besseren Verständnis der Geschichte in der englischsprachigen Öffentlichkeit beigetragen. Wie Mitters Arbeit zeigt, hätten die kaiserlichen Truppen Japans ihren deutschen Verbündeten problemlos zu Hilfe eilen können, wenn Chinas Armeen nicht so mutig gekämpft und derart kolossale Anstrengungen unternommen hätten. Die Folgen wären katastrophal gewesen. Tatsache ist, dass Japan seine taktischen Probleme während seiner Eroberungsversuche in China niemals lösen konnte und unfähig war, weit in die großflächigen ländlichen Regionen vorzustoßen. Es blieb von Anfang bis Ende an den Krieg in China gefesselt und von ihm beansprucht. Seine Versuche, den Kriegsschauplatz auf den Rest der Pazifikregion und Amerika auszuweiten, waren vor allem wegen dieser Auseinandersetzung zum Scheitern verurteilt.
Der Zweite Weltkrieg zeigte, zumindest aus Sicht Chinas, wie eine weitgehend agrarische und unterentwickelte Wirtschaft gegen eine modernisierte Industrienation ausgespielt wurde. Seit der Meiji-Restauration über ein Jahrhundert zuvor (in den 1860er Jahren) importierte Japan westliche Technologie und durchlief einen Modernisierungsprozess, so dass es in den 1930er Jahren über beachtliche militärische Ressourcen verfügte. Das Gefühl von technologischer Überlegenheit und Fortschrittlichkeit gepaart mit einer enormen nationalistischen Arroganz und Ambition waren die toxische Mischung, die es dazu ermutigten, zunächst Nordostasien und nach 1937 auch den Rest der Region in eine verheerende Schlacht hineinzuziehen.
China, das während dieser Zeit politisch und wirtschaftlich geteilt war und zunehmend schwächer wurde, trug die Hauptlast dieses Angriffs. Die erste Kriegsphase nach 1937 bestand aus Provokationen und gewaltigen Militärschlägen der japanischen Streitkräfte im Nordosten Chinas. Sie konnten erfolgreich ein Drittel des Landes annektieren und machten den Rest zum Kriegsgebiet. Japan nutzte Arbeitskräfte und wirtschaftliche Ressourcen Chinas, um seine Ambitionen in anderen Teilen Asiens verstärkt zu verfolgen. Seine Reaktion auf den anfänglichen Widerstand Chinas war brutal und gnadenlos, durch seine Taktik der totalen Vernichtung wurden ganze Gemeinden und Landstriche Chinas stark dezimiert.
|