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Susanne bei ihrer Arbeit.
Wie sich eine langwierige und schwierige Jobsuche in Selbstzweifeln niederschlagen kann, weiß auch Susanne* zu berichten. Ihr Werdegang bezeugt ihre Kreativität, Flexibilität und Stärke, aber dennoch sind auch ihr Selbstzweifel und vor allem Zweifel an der Studienwahl nicht fremd.
Die 36-jährige Susanne schloss ihr Studium der Sinologie mit dem Nebenfach Politik im Jahr 2008, genau zum ersten Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise ab. Diese Krise erschwerte den Einstieg erheblich. Zwar konnte sie direkt nach dem Abschluss im China-Handel eine Stelle antreten – diese war sie allerdings aufgrund der Krise ziemlich schnell wieder los.
Viele Unternehmen scheinen davon auszugehen, dass man schneller Chinesisch als Buchhaltung lernen kann. Susanne hatte zum Glück mehrere Interessen und Fähigkeiten und fand so eine neue Stelle.
„Mit dem Wissen, mir immer eine Selbstständigkeit gewünscht zu haben, ließ ich mich nicht entmutigen. Dabei muss ich sagen, hat mich das geisteswissenschaftliche Studium sehr geprägt. Monate vergingen – weder in China, noch in Deutschland wartete jemand auf eine Sinologin!"
Susanne versuchte trotzdem unbeirrt nach einer Tätigkeit, die ihr auch Freude bereiten würde.
„Die Leidenschaft für chinesische Kunst ließ mich 2010 in einer Galerie für zeitgenössische Kunst eine Stelle als Assistentin der Geschäftsführung anfangen. Obwohl das wenig mit China zu tun hatte, sollte es mir in meiner Vorstellung als Einstieg dienen. Und doch entfernte es mich weiter von der Kunst und weiter von China. Mein Traum von einer eigenen Galerie zu leben, endete in einer Galerie. Ohne finanzielle Polster war es nicht machbar."
Susanne hat dennoch nicht aufgegeben und ihre Wünsche und das Gelernte zusammengefasst, um einen neuen Weg zu finden – und vor kurzem ihr eigenes Unternehmen gegründet.
„Dennoch ist auch jetzt immer noch schwierig, gegen die Vorurteile die einem aus der Wirtschaft entgegen gebracht werden, zu bestehen... Immer wieder habe ich gehört.. „'nicht zu gebrauchen', ‚Chinesisch sprechen reicht nicht', ‚wir suchen BWLer',‚zu vergeistigt'… usw. Lange war ich von der Notwendigkeit und dem Nutzen eines Geisteswissenschaftlichen Studiums überzeugt – heute bin ich mir da leider nicht mehr so sicher. Diese Meinung teilen auch viele meiner ehemaligen Kommilitonen", stellt sie nüchtern fest.
Susanne hatte sich immer schon für China interessiert. Den Anfang machte ein Freund aus Hong Kong. Zudem ging sie davon aus, dass man in der Wirtschaft Sinologen brauchen würde, um das Land, das sich an der Schwelle zur Wirtschaftsmacht befand, besser zu verstehen.
„Ich war jahrelang überzeugt, dass Geisteswissenschaftler in Unternehmen wichtig sind. Interdisziplinäre Herangehensweisen, Denken in größeren Zusammenhängen, die Berücksichtigung historischer und kultureller Zusammenhänge, sind für Firmen weniger wichtig als erhofft", beschreibt sie ihre Enttäuschung nach dem Studium.
Der Wunsch nach Selbstständigkeit und der Wunsch, mit ihrem Studium etwas anfangen zu wollen, ließen sie ihre Tätigkeit, bei der sie sich zwischen Sinologie und Informatik bewegt, aufbauen. „Mein Wunsch war immer eine Selbstständigkeit, auch ohne BWL. Mein Beruf ist irgendwo zwischen Sinologie und Informatik. Und da fühle ich mich vor allem mit den Menschen, die dort zu finden sind, sehr wohl", erklärt sie lächelnd.
*Name von der Redaktion geändert. |