20-08-2015
Im Focus
Chinesisch-amerikanische Beziehungen: „Engagement" oder „Containment"?
Kommentar von Ma Xiaolin

Die chinesisch-amerikanischen Beziehungen sind in den USA jüngst von politischen Hardlinern auf die Probe gestellt worden: Sie forderten die US-Regierung auf, in den außenpolitischen Beziehungen mit China auf ihr über 40 Jahre währendes „Engagement" zu verzichten und stattdessen ein erneutes „Containment" zu erwägen, um die „strategische Bedrohung" durch das immer stärker werdende China zu mindern. Es stellt sich daher die Frage, ob die bilateralen Beziehungen künftig durch Fortschritte, Stagnation oder Rückschritte geprägt sein werden.

Das Magazin „The National Interest" veröffentlichte am 3. August im Internet einen Artikel, in dem nachdrücklich behauptet wird, dass die beiden Voraussetzungen für das seit den 1970er Jahren währende „Engagement" gescheitert seien, nämlich dass Chinas wirtschaftliche Entwicklung zu einer politischen Liberalisierung führt und dass Chinas globale Integration einer Infragestellung der bestehenden Weltordnung vorbeugt.

Washington sei sich bewusst, dass diese beiden Ziele immer schwerer zu erreichen seien und die Konfliktpotenziale zwischen China und den USA zunehmen, hieß es. Immer mehr US-Experten verlangen demnach von Washington, auf die fragile Strategie des „Engagements" zu verzichten und sie durch die kraftvollere Strategie des „Balancing" zu ersetzen. 

Zwei Faktoren spielen für diese pessimistische Haltung eine Rolle, erstens Chinas Verhalten bei den Streitigkeiten im Südchinesischen Meer, zweitens seine umfangreichen Hacker-Angriffe auf die USA. In Wirklichkeit gibt es noch weitere Aspekte, die den Hardlinern ein Dorn im Auge sind: So rückt China als zweitgrößte Volkswirtschaft immer näher an die USA heran und es spielt eine Vorreiterrolle bei den BRICS-Staaten. Die Initiativen „Wirtschaftsgürtel an der Seidenstraße" und „Maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts" werden energisch vorangetrieben, auch die Gründung der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) verlief problemlos. Außerdem wurden mit Indien und Pakistan zwei große Atommächte in die SOZ aufgenommen. All das scheint für die USA ein Zeichen der Bedrohung zu sein.

Offensichtlich ist die Unzufriedenheit der Hardliner aber nicht auf eine tatsächliche Bedrohung der Weltordnung zurückzuführen, sondern Folge einer verzerrten Wahrnehmung. Die Streitigkeiten um das Südchinesische Meer sind keine echten Probleme zwischen China und den USA. Wenn man die von den USA im 19. Jahrhundert unterzeichneten internationalen Verträge betrachtet, wird klar, dass die USA den Philippinen nicht erlauben dürften, ihre Souveränität im Südchinesischen Meer zu behaupten. Wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass die USA der chinesischen Regierung im Jahr 1946 mit vier Kriegsschiffen half, ihre Souveränität im Südchinesischen Meer zurückzugewinnen, ist klar, dass sich die USA bei diesen Streitigkeiten nicht gegen China wenden sollten. Chinas Aktionen zum Schutz seiner Rechte im Südchinesischen Meer werden weder den freien Seeverkehr beeinflussen, noch die Kerninteressen der USA beeinträchtigen. Selbst wenn es zwischen den USA und China aufgrund dessen zum Konflikt kommen würde, wäre dies nicht die Schuld Chinas.

Außerdem gibt es im globalen Cyberspace sowohl Angriffe von Unternehmens- als auch Regierungsseite. Die USA haben das globale Internet unter ihre Kontrolle gebracht, hier befindet sich das Hauptquartier des Internetkriegs und sie haben China gegenüber eine eigene Internetstrategie ausgegeben. China belegt mit seiner rückständigen Technik im Hinblick auf die Internetkompetenz weltweit den 62. Platz und gilt als Ziel von Hackerangriffen aus den USA. Der NSA-Skandal zeigt, dass der amerikanische Datendiebstahl in China weitergeht und die USA sich dafür nicht schämen. Die USA streben nach einer Vorherrschaft im Internet und handeln nach Gutdünken. Dennoch wird China unter dem Vorwand des Internetkriegs angeschwärzt, eine Anschuldigung, die an den Haaren herbeigezogen ist.

Die Vergrößerung seiner Wirtschaftsmacht, seines Einflusses und seines Mitspracherechts hat nicht nur zur Folge, dass China langfristig auf einer friedlichen Entwicklung beharrt, sondern ist Ausdruck einer veränderten globalen politischen und wirtschaftlichen Ordnung und der Stärke Chinas. Seine Entwicklung ist von der Unterstützung der USA und der Industrienationen abhängig und wird von der Welt allgemein begrüßt. Die vorübergehenden Machteinbußen und wirtschaftlichen Probleme der USA wurden nicht durch China ausgelöst. Die USA sollten sich in Selbstreflexion üben. Ohne die Subprime-Krise der Wallstreet, ohne den Afghanistan- und den Irak-Krieg hätten die USA mehr Selbstvertrauen als dies zurzeit der Fall ist. 

Tatsächlich beharren die Think-Tanks auf traditionellen Denkweisen und alten Verhaltensmustern und gehen davon aus, dass China die USA ablösen und mit zunehmender Stärke nach einer weltweiten Vormachtstellung streben wird. Wer mit Chinas Zivilisationsgeschichte und Charakter vertraut ist, weiß aber, dass weder Chinas Kultur nach globaler Kontrolle strebt, noch in seiner Geschichte Anzeichen für ein solches Streben nach Vorherrschaft existieren. Das neue China unter der Führung der KP hat sich seit der Zeit Mao Zedongs gegen Hegemonie ausgesprochen. Deng Xiaoping schwor sogar, niemals eine Vormachtstellung anzustreben. Auch die nachfolgenden Parteiführer verfolgten mit Entschlossenheit eine friedliche Entwicklung  und betonten ihren Respekt vor der Führungsposition der USA und dass es ihnen nicht darum ginge, die bestehende internationale Ordnung in Frage zu stellen. Dies beweist, dass die chinesisch-amerikanischen Beziehungen nicht antagonistischer Natur sind und nicht in die Zeit des „Containments" zurückfallen sollten.

Das Verhaltensmuster der großen Nationen ist deutlich zu erkennen. Chinas Aktionen orientieren sich an den Rechtsprinzipien der Wahrung seiner historischen Souveränität und seiner territorialen Integrität. Das Drehbuch zur Änderung der geografischen Lage wird nicht in der Asien-Pazifik-Region geschrieben. Einige heftige Konflikte, in die die USA und der Westen einbezogen sind, haben nichts mit dieser Region zu tun. Das zeigt, dass die Mehrheit der Strategen und Entscheidungsträger im Westen konstant positive Ansichten über Chinas Entwicklungsziele und sein Vorgehen haben, sie betrachten China nicht als eine Gefahr für die bestehende Weltordnung, sondern als einen zuverlässigen und vernünftigen Partner.

Die chinesischen und amerikanischen Politiker bemühen sich seit jeher um eine positive Großwetterlage in den bilateralen Beziehungen und eine vorsichtige Kontrolle der Risiken und Konflikte, um nicht in die Falle der Konfrontation zu tappen, wozu einige Hardliner sie provozieren wollen. Am 5. August haben US-Außenminister John Kerry und Chinas Außenminister Wang Yi in ihren Gesprächen beim ASEAN-Forum einige Erfolge erzielt. Darin kommt ein gemeinsamer Wille zum Ausdruck. Wang Yis Formulierung, dass die USA „ein starkes und blühendes China unterstützen und seine weitere Entwicklung begrüßen", zeigt, dass Washington seine Gesamtbeurteilung und Makropolitik gegenüber China nicht verändert hat. Es gibt genügend Gründe anzunehmen, dass der offizielle Besuch von Präsident Xi Jinping die Grundlage für das strategische Vertrauen zwischen China und den USA festigen und erweitern kann. Diese Fakten machen der Welt klar, dass das „Containments" Chinas nur die Wunschvorstellung einer Minderheit ist.

.