07-08-2015
Im Focus
Chinesische Investoren zieht es nach Europa
von Bai Shi

Die krisengeschüttelte EU bietet ihnen viele Investitionsmöglichkeiten. Die Reaktionen vor Ort sind gemischt.

Cosco, Chinas größte Reederei, hat die Erlaubnis erhalten, im Hafen von Piräus über einen Zeitraum von 35 Jahren ein Container-Dock betreiben zu dürfen (Archivfoto, Xinhua)

 

Für chinesische Investitionen in Europa ist zurzeit eine Phase schnellen Wachstums angebrochen. China und die Europäische Union (EU) diskutieren darüber, wie sie ihre wirtschaftsstrategischen Entwicklungs- und Investitionspläne aufeinander abstimmen können. Das berichtete Shen Danyang, Sprecher des Handelsministeriums, bei einem Pressegespräch am 7. Juli in Beijing.

Beim chinesisch-europäischen Gipfeltreffen Ende Juni in Brüssel einigten sich Jean-Claude Juncker, Präsident der EU-Kommission, und Chinas Ministerpräsident Li Keqiang darauf,  ihre Entwicklungsstrategien, d.h. die chinesischen Initiativen für den Wirtschaftsgürtel an der Seidenstraße und die Maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts,  sowie die EU-Investitionsoffensive, auch bekannt als Juncker-Plan, aufeinander abzustimmen.

Die Seidenstraßen-Initiativen sollen die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung an der historischen Seidenstraße fördern und sind von zahlreichen Ländern positiv aufgenommen worden, seit sie 2013 von Chinas Staatspräsident Xi Jinping präsentiert wurden. Ähnlich will die EU laut Juncker-Plan in den kommenden drei Jahren (2015-2017) mindestens 315 Milliarden Euro (345 Milliarden US-Dollar) aus öffentlichen und privaten Finanzquellen mobilisieren, um das Wirtschaftswachstum zu steigern und den Arbeitsmarkt zu stärken.

Nach Shens Angaben zielen chinesische Investitionen auf weite Bereiche des EU-Markts ab, einschließlich Maschinen, Autoindustrie, Immobilien, Schifffahrt, Telekommunikation, Energie und Finanzen. Die Aussichten für die Zusammenarbeit zwischen China und der EU scheinen zumindest für die absehbare Zukunft vielversprechend.

Die großen EU-Volkswirtschaften Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien sind als Gründungsmitglieder der Asian Infrastructure Investment Bank beigetreten, die auf Vorschlag Chinas ins Leben gerufen wurde und Bestandteil der Seidenstraßeninitiativen ist. Im Gegenzug begrüßte die EU Chinas Beteiligung am Juncker-Plan.  

Während des Besuchs von Ministerpräsident Li Keqiang in Brüssel unterzeichneten Finanzorganisationen der EU und Chinas eine Reihe von Vereinbarungen. Sie betreffen u.a. den Währungstauschmechanismus von 700 Milliarden Yuan (114,19 Milliarden US-Dollar) und verbesserte Bedingungen für Qualified Foreign Institutional Investors. Die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und der EU würden so vereinfacht, so Shen.

"Die Seidenstraßeninitiativen ergänzen das Investitionsprogramm der EU bestens. Die Verbindung beider Programme kann neue Möglichkeiten für eine engere Zusammenarbeit zwischen China und der EU schaffen", sagte Gai Lin, Generalsekretär der Europäisch-Chinesischen Freundschaftsgruppe im Europaparlament, der Zeitung Economic Information Daily in Beijing.

In den letzten zwanzig Jahren konnten China und die EU gesunde Beziehungen und ein robustes Handelswachstum aufrechterhalten. Beide Seiten waren zeitweise der wichtigste Handelspartner füreinander. Außerdem ergänzen sie sich im Hinblick auf die Wirtschaftsstruktur. Die EU verfüge über Vorteile in der Produktion und der Technologie, China besitze riesiges Potenzial im Hinblick auf Arbeitskräfte und seinen wachstumsträchtigen Markt, so Gai.

Europa braucht zurzeit ausländische Investitionen, um seine kleinen und mittelständischen Unternehmen zu finanzieren und seine Realwirtschaft zu stärken, dazu zählen Bereiche wie Infrastruktur, Informationstechnologie und saubere Energien. Im Rahmen der Seidenstraßeninitiativen fordert China eine enge Zusammenarbeit in diesen Bereichen, das stimme auch mit den Zielen der EU überein, erklärte Gai.

 

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