06-08-2015
Im Focus
Sooo viel Spaß – beim Sprachwettbewerb Hanyu Qiao
von Edith Stifter

Die Kandidaten müssen auch ihr schauspielerisches Talent unter Beweis stellen.

Die Preisverleihung.

Die drei Finalisten aus England, Kamerun und Südkorea (von links nach rechts) bei ihrer Darbietung.

 

Jubel, Geschrei, Jubelgeschrei, gemeinsame Fotos, Fotos der ganzen Gruppe, Fotos mit speziellen Freunden, Fotos mit dem heimlichen Schwarm… die Freude der jungen Leute – der Kandidaten und des Teams – nach dem Finale des Wettbewerbs ist unglaublich! Der bekannte Wettbewerb „Die Brücke" findet dieses Jahr bereits zum 14. Mal statt. Und die Veranstaltung hat noch nichts von ihrer Frische verloren, jedenfalls gleicht die Stimmung beim Finale einem Sportevent. Die Kandidaten und das Team haben da bereits mehr als einen Monat gemeinsam verbracht und sind wie eine große Familie zusammengewachsen.

Entsprechend denkt der Gewinner des Wettbewerbes bei der Frage nach seinen Zukunftsplänen auch zuerst an die Gestaltung des Abends nach dem Wettbewerb und weniger an sein Leben an sich.

Überhaupt geht der 21-jährige Bradley aus Neuseeland sein Leben sehr entspannt an. Die Zukunft wird sich zeigen, er liebt Überraschungen. Gewonnen hat er „zwei Trophäen und mehrere Urkunden", genaueres muss er aber erst herausfinden, denn eigentlich hat er nur aus Spaß am Wettbewerb teilgenommen. Er wollte zuerst nur dem Freund seiner Schwester helfen, der teilnehmen wollte. Damit er das konnte, brauchte es aber mehrere Kandidaten an ihrer Universität, daher sprang Bradley ein. Mai Kaiping, so sein chinesischer Name, hat bereits als Kind von Englischlehren viel Zeit in China verbracht.

Sein Gegner, der im Finale bei der letzten Frage-Antwort-Runde nur knapp unterlegen war, ist der 20-jährige Cameron aus England. Die beiden könnten ähnlicher nicht sein und wirkten dennoch sehr unterschiedlich. Cameron oder Kang Ke, verbrachte ebenfalls bereits in seiner Kindheit Zeit in China, da seine Eltern ebenfalls als Englischlehrer arbeiteten. Mit 14 begann er dann ernsthaft Chinesisch zu lernen und mit dem gewonnen Stipendium will er nach China zurückkommen, um hier weiter Physik, das er derzeit an der Universität Lancaster studiert, zu studieren. Er wirkt nach dem Finale viel entspannter als während des Bewerbes und er beschreibt mit leuchtenden Augen den vergangenen Monat als „the hardest, most interesting month in my life".

 

Ein Streberwettbewerb?

Bradley meinte, seine Erfahrung, für sein Ingenieursstudium mal eben über Nacht für eine Prüfung so viel wie möglich reinpauken zu können - er studiert Mechatronik -   wäre durchaus hilfreich gewesen. Als Kind lernte er Pi bis zur 500. Stelle, nur um rauszufinden, ob er das schaffen könne.

Aber nicht alle Kandidaten sind – wie man es bei etwas, das ein wenig nach so einem Wettbewerb für Streber klingt – in China aufgewachsene Technikstudenten. Der 22-jährige Samuel Fru Asanji aus Kamerun beispielsweise schaffte es nach nur neun Monaten (!) Chinesischunterricht ins Finale von Hanyu Qiao und beeindruckte dort nicht nur mit seinem großartigen Showtalent.

Petra Thiel, Direktorin am Heidelberger Konfuzius Institut, die in diesem Jahr als ausländischer Juror dem Wettbewerb beiwohnt, bezeichnet ihn dann auch als ihren geheimen Favoriten. Für sie ist er aber auch ein Beispiel, dass man heute viel bessere Zugänge zur chinesischen Sprache bekommt, als es früher mit der klassischen Sinologie der Fall war. Heute wächst man mit chinesischer Populärkultur auf und an vielen Universitäten wird bereits auf moderne Didaktik gesetzt, sagte sie.

Bei der klassischen Sinologie wurde Chinesisch – an manchen Instituten ist das auch heute noch der Fall – mit der klassischen Grammatik-Übersetzungsmethode gelehrt. Der Wettbewerb will Brücken nach China bauen, daher auch sein Name. Qiao bedeutet Brücke.

Mogolo Kepalotse Remalibang aus Botswana entspricht mit ihren 28 Jahren und einem Sinologiestudium am ehesten dem Typ, den man früher vielleicht bei diesem Wettbewerb erwartet hat. Sie hat vier Jahre lang Chinesisch gelernt, ein Jahr in Shanghai studiert und ist stolz darauf, eine von zwei Frauen unter den besten zehn Kandidaten zu sein. Noch ist sie sich nicht sicher, was sie in Zukunft machen wird.

Dass es keineswegs ein Wettbewerb von Strebern mit klugen Reden ist, sondern auch Lebensfreude und Showtalent im Fokus stehen, zeigt sich, bei den Talentshows und anderen spannenden Aktionen.

 

Eine Brücke

Der Wettbewerb will eine Brücke zur chinesischen Kultur und Sprache sein. China verfolgt seit Jahren eine gezielte Sprachpolitik, um Menschen auf der ganzen Welt zu motivieren, Chinesisch zu lernen. Der Veranstalter des Wettbewerbs ist Hanban, der Träger der bekannten Konfuzius-Institute.

Dieses Jahr nahmen 133 Studenten aus 97 Ländern am Wettbewerb teil, der im Juli in Changsha begann, sich über vier Vorauswahlrunden, vier Semifinale und dem Finale Anfang August, ebenfalls wieder in Changsha, der Hauptstadt der Provinz Hunan, zog.

Die sechs Finalisten kommen aus Kolumbien, England, Italien, Neuseeland, Kamerun und Südkorea. Besonders die Kandidatin aus Südkorea war mit ihrer lebendigen und spritzigen Art und ihres nahezu perfekten Chinesisch vielen Leuten ans Herz gewachsen. Die sechs Finalisten treten dann in drei Runden, in spannenden und lehrreichen Bewerben gegeneinander an.

Der Professor an der Beijing Normal University und ehemalige Vizevorsitzende des Ständigen Ausschusses des Chinesischen Volkskongresses Xu Jialu überreichte am Ende die Preise und meinte in seiner Abschlussrede, dass eine Brücke ein Teil einer Straße sei und der Wettbewerb „Die Brücke" wohl auch Teil von „Ein Gürtel und eine Straße" sei.

Vertreter der Provinzregierung und die Freunde der Kandidaten kommen ebenfalls nach Changsha, um die Kandidaten anzufeuern. Die Teilnehmer haben jedenfalls eine großartige Zeit in der wunderschönen Provinz Hunan, sie haben sicher viele Freunde gewonnen und die meisten werden für immer mit China verbunden bleiben.