29-07-2015
Im Focus
Kann eine Scheidungsquote Ehen retten?
von Pan Xiaoqiao

 

Seit kurzem müssen Paare, die ihre Verbindung lösen wollen, in Guangzhou, in der südchinesischen Provinz Guangdong,  einen Monat warten, bis sie geschieden werden können, da die zuständigen Behörden nicht genug Personal für die große Zahl der Paare haben. Da die maximale Anzahl der täglichen Scheidungseintragungen limitiert ist, müssen Paare, die es nicht mehr in die Quote eines Tages schaffen, schlichtweg warten.

Tatsächlich werden Scheidungen in China mehr und mehr. Laut den jüngsten statistischen Daten des Ministeriums für Zivile Angelegenheiten stieg die Scheidungsrate in den letzten zwölf Jahren kontinuierlich an, weshalb einige chinesische Städte Quoten für die maximale Anzahl von Scheidungen pro Tag installierten.

Manche sind der Überzeugung, dass diese Maßnahmen einige Familien davon abhalten kann, zu zerbrechen, da sie der Ansicht sind, das viele junge Paare aus einer impulsiven Entscheidung heraus die Scheidung einreichen. Andere dagegen argumentieren, dass diese Praxis die Freiheit, sich scheiden zu lassen, beschneide und kaum geeignet sei, Ehen zu retten.

 

Eine wohlmeinende Richtlinie

Zhang Li (Zhejiang Daily): Die meisten Scheidungen, die wir heute sehen, sind das Resultat der Impulsivität junger Paare. Wenn die Scheidungsverfahren komplexer werden, werden sich die Paare wahrscheinlich mehr Zeit nehmen, über ihre Ehen nachzudenken und viele werden sich vielleicht überlegen, sich doch nicht scheiden zu lassen.

Eine Ehe kann recht einfach zerbrechen, aber es ist nicht einfach, eine neue funktionierende Familie aufzubauen. Eine Quote für Scheidungen ist ein Versuch, Ehen zu retten. Wenn das Standesamt mehr Hilfestellungen, wie psychologische Beratung anbieten würde, würden Scheidungen wenig häufig sein.

 

Lei Zhenyue (Jianghai Evening News): Die Quote für Scheidungen wurde installiert, um Scheidungen zu verzögern, nicht um sie zu unterbinden. Es ist ein Versuch, den Paaren mehr Zeit zu geben, über ihre Ehe nachzudenken und um Trennungen zu vermeiden, die aus einem spontanen Impuls heraus entstehen.

Junge Menschen tendieren heutzutage dazu, sich mehr auf ihre eigenen emotionalen Belange zu konzentrieren und ignorieren dabei ihre Verantwortung gegenüber ihren Familien. Besonders in den 1980ern und 1990ern geborene Paare brauchen lange sich an ihre neuen Rollen in ihren Familien zu gewöhnen. Sie machen einfach weiter wie zuvor in ihren alten Familien, wollen sich frei fühlen und tun, was sie wollen. Dadurch kommt es oft zu Konflikten mit ihren Ehepartnern und anderen Familienmitgliedern. Wenn diese jungen Paare es nicht gewohnt sind, über ihre Konfliktursachen nachzudenken, wird ihnen natürlich die Scheidung als einzige Möglichkeit erscheinen.

Es gibt Fälle, in denen sich junge Paare im Streit trennten, sich scheiden ließen und ihre Entscheidung gleich kurz darauf bedauerten. Und sogar in solchen Fällen wird der Stolz sie oft davon abhalten, ihren großen Fehler zuzugeben und sie werden im Bedauern über ihre zerbrochene Familie weiterleben. Ein müheloser Scheidungsprozess ist dabei einigermaßen förderlich, die Scheidungswelle weiter anzutreiben.

Eine Quote für Scheidungen soll jungen Paaren einen Pufferzeitraum einräumen, in dem sie sich beruhigen können und schlussendlich sogar ihre zerrütteten Beziehungen wieder reparieren können. Im Bezirk Songjiang in Shanghai befindet sich ein Eheberatungsinstitut gleich in den Räumlichkeiten des Scheidungsamtes. Etwa 70 Prozent der Paare, die in der ersten Hälfte des Jahres dorthin kamen, um sich scheiden zu lassen, haben sich wieder versöhnt. Die Scheidungsrate in Songjiang ist so zum ersten Mal seit Jahren wieder gefallen. In diesem Sinne ist eine Quote für Scheidungen eine wohlwollende Maßnahme, die Paare wieder versöhnen, Familien retten und die Gesellschaft stabilisieren will.

Tatsächlich ist diese Praxis weltweit nicht sehr ungewöhnlich. In Südkorea beispielsweise, können Paare ihre Scheidungsurkunde erst einen Monat, nachdem sie alle Dokumente eingereicht haben, erhalten. Sind Kinder involviert, sind es sogar drei Monate. In Deutschland gibt es auch einige rechtliche Bestimmungen, die einen Pufferzeitraum für scheidungswillige Paare ermöglichen. Diese Maßnahmen sollen den Paaren helfen, den Riss zwischen ihnen wieder zu richten.

 

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