28-07-2015
Im Focus
Regierung fördert Innovationen durch Risikokapital
von Wang Jun

 

China geht neue Wege bei der Förderung von Innovationen und steckt Geld in Investmentfonds, um vielversprechende Hightech-Projekte zu finanzieren.

Die Umsätze des Start-ups „Teambition" im Shanghai Zhangjiang Hi-Tech Park, einem Anbieter von Cloud-Dienstleistungen für Unternehmen, sind im vergangenen Jahr mehr als 30 Mal gestiegen. Zu den Hauptkunden zählen die staatlichen Ölkonzerne China National Petroleum Corp. und China Petrochemical Corp. sowie die an der New Yorker Börse gelistete New Oriental Education & Technology Group Inc.

Bei Gründung des Unternehmens half Risikokapital in Höhe von 4,5 Millionen Yuan (735.300 US-Dollar) über die Anfangsschwierigkeiten hinweg. Die Mittel stammten von der Risikokapitalgesellschaft Gobi Partners. Der vor drei Jahren eingerichtete Gobi Yingzhi Fonds umfasst 350 Millionen Yuan (57,19 Millionen US-Dollar). Er ziele vor allem auf Start-up-Unternehmen in Schwellenindustrien wie dem Internet, intelligenter Hardware und Lifestyle ab, erklärte einer der Partner, Zhu Lin, der Nachrichtenagentur Xinhua. „Teambition" ist eins von mehr als 30 Projekten, in das der Fonds investiert hat.

Weniger bekannt ist jedoch die Tatsache, dass 40 Prozent des 350-Millionen-Yuan-Fonds von der Zentralregierung und den Stadtregierungen stammen.

Wie können staatliche Mittel Innovationen und Schwellenindustrien fördern? Bislang meldeten Unternehmen innovative Projekte bei den entsprechenden Ministerien und Kommissionen der Zentralregierung, diese luden Kader und Wissenschaftler zur Begutachtung ein und wählten dann die Projekte aus, die finanzielle Zuschüsse erhalten sollten. Weil Rechte und Pflichten nicht klar definiert waren und aufgrund unfairer Bewertungsverfahren wurden große Summen investiert, ohne dass befriedigende Resultate erzielt wurden.

Aber das soll sich nun mit der Einführung eines neuen operativen Modells für staatliche Gelder ändern.

 

Regierung finanziert Fonds

Der Gobi Yingzhi Fonds ist einer von mehreren hundert Investmentfonds zur Förderung von für Innovationen, die die chinesische Regierung eingerichtet hat. 2007 beschlossen das Finanzministerium und die Staatliche Kommission für  Entwicklung und Reform einen Teil der staatlichen Mittel als Risikokapitalfonds zur Erforschung und Entwicklung von Industrietechnologien bereitzustellen.

Durch ein offenes Bieterverfahren werden diese Gelder Verwaltungsinstituten anvertraut und dann Teil der Risikokapitalfonds. Die von der Regierung gelenkten Risikokapitalfonds sollen auch Privatinvestitionen in strategische Schwellenindustrien fördern. Ende 2014 flossen nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Xinhua staatliche Gelder in 213 Risikokapitalfonds, die insgesamt 13,8 Milliarden Yuan (2,25 Milliarden US-Dollar) in 739 Projekte investierten.

Die staatliche SDIC High-Tech Investment Co. Ltd., eine Tochtergesellschaft der State Development and Investment Corp. (SDIC), verwaltet 5,4 Milliarden Yuan ((882,35 Millionen US-Dollar) vom Staat, sie ist an 108 Risikokapitalfonds beteiligt und stellt insgesamt 30,41 Milliarden Yuan (4,97 Milliarden US-Dollar) für staatliche Fonds zur Finanzierung lokaler Projekte und für Privatkapital zur Verfügung. Das erklärte Hao Jian, Vorsitzender der SDIC High-Tech Investment Co. Ltd., der Nachrichtenagentur Xinhua.

"In jeden Risikokapitalfonds werden staatliche Mittel in Höhe von 50 Millionen Yuan (8,17 Millionen US-Dollar) investiert, das entspricht einem Anteil von 20 Prozent. Lokalregierungen investieren dabei nicht weniger als der Staat, der Rest stammt von privaten Investoren", erklärte Liu Wei, stellvertretender Generalmanager der SDIC High-Tech Investment Co. Ltd.

Wo werden diese Mittel eingesetzt? Die Mittel, die sein Unternehmen verwaltet, würden hauptsächlich in Projekte in den Bereichen neue Informationstechnologie, Biopharmaka, neue Materialien, Energieeinsparung und Umweltschutz sowie die High-End-Geräteproduktion investiert, so Hao. 90 Prozent der Investitionen seien in strategische Schwellenindustrien geflossen.

Nach einem Bericht der Economic Information Daily bereitet die Staatliche Kommission zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC), die Aufsichtsbehörde der SDIC, außerdem die Einrichtung von bis zu drei Investmentfonds für Innovationen in zentralen Staatsunternehmen vor. Dadurch sollen Investitionskanäle diversifiziert und die kommerzielle Nutzung von Innovationen erleichtert werden.

Li Jin, wissenschaftlicher Leiter des Chinesischen Unternehmensinstituts, erklärte der Economic Information Daily, dass die staatlichen Fonds den zentralen Staatsunternehmen dabei helfen sollen, eigene Fonds einzurichten und so die kommerzielle Nutzung technologischer Errungenschaften zu beschleunigen. Schlüsselindustrien, die mehr wirtschaftlichen Nutzen generieren können, können leicht industrielle Wertschöpfungsketten bilden und sind auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig. Das gilt beispielsweise für die Geräteproduktion, die als erstes Unterstützung aus den Innovationsfonds erhalten wird.

 

Marktorientierte Investitionen 

Die mit Regierungsmitteln finanzierten Risikokapitalfonds investieren auf marktorientierte Weise in Innovationen und Start-ups. Nehmen wir die SDIC High-Tech Investment Co. Ltd als Beispiel. Sie sucht sich die Risikokapitalfonds, in die sie investiert, sehr überlegt aus und nachdem sie ihre Wahl getroffen hat, hält sie sich aus dem weiteren Vorgehen vollständig heraus. „In welche Projekte und wann investiert wird, wird von der Risikokapitalgesellschaft entschieden. Wir mischen uns nicht ein", erklärte Zhu.

Durch das professionelle Management können die staatlichen Mittel effektiver für Investitionen in Projekte und Unternehmen, die echte Vorzüge und Wachstumspotenzial bieten, genutzt werden. Dies hatte zur Folge, dass eine Reihe innovativer und aussichtsreicher Start-ups im High-Tech-Bereich gefördert wurde.

Cenova Ventures, eine weitere Risikokapitalgesellschaft in Shanghai, an der sich die SDIC High-Tech Investment Co. Ltd. beteiligt hat, hat sich auf die pharmazeutische Biotechnologie, medizinische Geräte, Diagnosen und Gesundheitsdienstleistungen spezialisiert. Sie managt zurzeit 300 Millionen Yuan (49 Millionen US-Dollar) Risikokapital.

"Wir haben in einige Projekte bereits investiert, als es nicht mehr als die Idee dazu gab", erklärte Wu Jun, Präsident von Cenova Ventures. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in den Bereichen biopharmazeutische Technologie und medizinische Geräte ist er mittlerweile ein Experte dafür, vielversprechende Start-Ups zu entdecken.

Mit Hilfe der staatlichen Mittel konnte Cenova Risikokapital von 300 Millionen Yuan in elf Projekte stecken. Sein Wert stieg im Schnitt um das Dreifache. So investierte Cenova beispielsweise 30 Millionen Yuan (4,9 Millionen US-Dollar) in ein Start-up, das Endoskope für den medizinischen Gebrauch herstellt. Einige Jahre später lag der Marktwert des Unternehmens bei über einer 1 Milliarde Yuan (163,4 Millionen US-Dollar).

 

Risikokapitalgeber werden gefördert

Ein langfristiger Vorteil des marktorientierten Einsatzes von staatlichen Geldern besteht darin, dass China so die Möglichkeit bekommt, Risikokapitalgeber mit einer professionellen Vision zu fördern.

Wu ist ein Beispiel dafür. Vor 20 Jahren kam er aus dem Ausland zurück, früher war er in der medizinischen Forschung tätig, er gründete medizinische Unternehmen und kümmerte sich um deren Börsengang im Ausland. Dadurch sammelte er eine Menge Erfahrungen mit Investitionen in medizinische Unternehmen.

"Im Vergleich zu einer direkten finanziellen Unterstützung unterscheidet sich der Einsatz staatlicher Mittel durch ein wichtiges Detail, nämlich, dass eine ganze Reihe von Risikokapitalgebern gefördert werden konnten", erklärte Wu. Es waren schwierige Zeiten, als Cenova gegründet wurde, wegen der hohen Risiken waren nur wenige Privatinvestoren bereit, in medizinische Start-ups zu investieren. Die Mittel vom Staat haben der Risikokapitalgesellschaft und ihrem Team Erfolg gebracht.

In den Leitansichten zum experimentellen Einsatz von Risikokapital zur Erforschung und Entwicklung von Industrietechnologie aus dem Jahr 2007 haben das Finanzministerium und die Staatliche Kommission für  Entwicklung und Reform folgende Grundsätze für Risikokapital festgelegt: marktorientiertes Vorgehen, Förderung von Innovationen und vor allem Führung und gesetzmäßiges Management. 

Im Januar 2015 beschloss der Staatsrat die Einrichtung eines Risikokapitalfonds von 40 Milliarden Yuan (6,54 Milliarden US-Dollar) zur Förderung von Innovationen. In einer Stellungnahme hieß es, dass der von der Regierung initiierte Fonds letztendlich Privatinvestitionen anziehen solle. Abgesehen von staatlichen Mitteln wird der Fonds vor allem Kapitalbeteiligungen von großen Unternehmen und Finanzinstitutionen sowie anderen privaten Quellen umfassen.