09-07-2015
Im Focus
Mehr Kooperation zwischen China und der EU
von Yu Lintao

Die Europareise des chinesischen Ministerpräsidenten macht die traditionellen Beziehungen zwischen China und der EU robuster und öffnet Türen zu neuen Kooperationen.

 

Der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang und der französische Präsident François Hollande (XINHUA)

 

Chinesische und europäische Schüler in Brüssel (XINHUA)

Ein altes chinesisches Sprichwort besagt, dass im Alter von 40 jeder Zweifel an der Welt habe. Dieses Sprichwort passt auch zu den reifer werdenden Beziehungen zwischen der EU und China, die ebenfalls auf ihr 40. Jubiläum zugehen. Das zeigen die häufigen Besuche führender Persönlichkeiten beider Seiten, sowie die positiven und die aktiven Reaktion vieler EU-Mitglieder auf die von China initiierte Asiatische Infrastruktur Entwicklungsbank (AIIB), trotz der Einsprüche der USA. Die gegenwärtigen Beziehungen sind daher besser denn je.

Während des letzten Besuches des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang einigten sich die beiden Seiten darauf, ihre wirtschaftlichen Strategien abzustimmen. Beobachter meinen, dieser Schritt habe nicht nur eine neue Dimension zu ihrer strategischen Partnerschaft hinzugefügt, sondern auch den Einsatz in Bezug auf Friede, Wachstum, Reform und Entwicklung erhöht.

 

Abgestimmte Strategien

Li war vom 28. Juni bis zum 2. Juli in Europa. Er war in Belgien und Frankreich, nahm am 17. China-EU Leaders' Meeting teil und besuchte den OECD-Hauptsitz in Paris.

In der gemeinsamen Stellungnahme des China-EU Gipfels einigten sich beide Seiten auf eine Synergie zwischen der von China initiierten Strategie des „Wirtschaftsgürtel Seidenstraße und der maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts" und dem „Europäischen Fonds für strategische Investitionen" (EFSI), der auch als Juncker-Plan bekannt ist.

Der Juncker-Plan wurde im November 2014 erstmals von seinem Namensgeber, dem Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker vorgestellt. Er soll Privatinvestitionen anregen, indem Teile der Investments mit Mitteln aus dem EU Budget und der Europäischen Investitionsbank garantiert werden. Der Fond soll über die nächsten drei Jahre (2015-2017) insgesamt 315 Milliarden Euro in Infrastrukturprojekte bringen. Das soll der Wirtschaft der EU den so dringend benötigten Kickstart bringen. Chinas Initiative „Ein Gürtel und eine Straße" will die Konnektivität von Ostasien zu Afrika und Europa verbessern, indem ein umfassendes Transportnetzwerk mit Eisenbahnen, Autobahnen, Flugstrecken, Seewege, Öl- und Gaspipelines, ebenso wie Strom- und Datenleitungen und Smart-Grid Netzwerke, errichtet werden. China hat daher einen Seidenstraßenfond errichtet, um die Infrastrukturkonnektivität zwischen Asien und Europa zu verbessern.

Zhang Min, ein Wissenschaftler am Institut für Europäische Studien an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, erklärt, dass der neue Investitionsplan der EU und die Initiative „Ein Gürtel und eine Straße" sich beide auf Infrastrukturinvestitionen, Internetkonnektivität und die Konstruktion von Smart-Energy-Grids konzentrieren, weshalb die Integration der beiden Strategien mehr Gelegenheiten und Chancen sowohl für China als auch die EU in technologieaffinen Investitionsfeldern bringen wird.

Feng Zhongping, der Vizepräsident des China Institute of Contemporary International Relations (CICIR), sagt, dass die Kombination der beiden Initiativen ein Zeichen sei, dass die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und China ein neues Stadium erreicht hätten. Während die Kooperation einen großen Beitrag leistet, die Infrastruktur innerhalb der EU zu erneuern, kann sie auch die Vorteile beider Seiten kombinieren, um einen Drittmarkt zu erschließen.

In der Vergangenheit hat sich die wirtschaftliche Zusammenarbeit Chinas und der EU hauptsächlich auf den Handel konzentriert. Mit der Verbindung beider Strategien wird ein wesentlicher Schritt zur Förderung internationaler Kooperation gemacht und eine Periode tiefgehender Kooperation zwischen beiden Seiten beginnt, sagt Feng.

Beobachter meinen auch, dass die Aufwertung der EU-China Kooperation das Vertrauen in die wirtschaftliche Erholung der Region fördert, da sich die EU nun am Scheideweg zum Wirtschaftsaufschwung befindet und China in einer neuen Phase des langsameren Wirtschaftswachstums ist.

Beim Interview mit der Xinhua Nachrichtenagentur in Brüssel, erklärte Wang Yiwei, der Leiter des Zentrums für EU Studien an der Renmin Universität in China, dass die Koordination zwischen der Initiative „Ein Gürtel und eine Straße" und dem Juncker-Plan das europäische Wirtschaftswachstum durch gegenseitige Konnektivität und die Expansion des europäischen Binnenmarktes hin zu einem Eurasischen Markt stimulieren würde.

Laut einigen chinesischen Experten ist das Ziel der Initiative „Ein Gürtel und eine Straße" die wirtschaftliche Integration des Eurasiens. China und die EU sind die beiden stärksten Wirtschaftsmächte an beiden Enden des Kontinents. Sie sind daher am bedeutendsten für die Entwicklung zum großen Ziel. Die Verknüpfung der beiden Strategien hat das gegenseitige Vertrauen weiter verstärkt und die psychologische Distanz verringert.

China ist derzeit der zweitgrößte Handelspartner der EU, während die EU wiederrum seit zehn Jahren Chinas wichtigster Handelspartner ist, erwartet der chinesische Ministerpräsident, dass die wirtschaftlichen Verbindungen sogar noch tiefer werden.

In einem schriftlichen Interview mit europäischen Medien sagte Ministerpräsident Li während seiner Europareise, dass das Volumen der gegenseitigen Investitionen lediglich 20 Milliarden USD umfasse und angesichts der Größe der chinesischen bzw. der europäischen Wirtschaft sowie dem hohen Volumen des wechselseitigen Handels kaum zufriedenstellend sein könne.

Der Ministerpräsident rief zum frühzeitigen Abschluss des Investitionsschutzabkommens, das chinesischen Unternehmen einen glatteren Weg bereiten würde, wenn sie ihre europäischen Pendants akquirieren wollten. Die diesbezüglichen Verhandlungen erzielten bereits einige positive Ergebnisse, aber es existieren weiterhin unterschiedliche Sichtweisen in Bezug auf Marktzutritt und Investitionsregelungen und Bestimmungen.

Obwohl die wirtschaftlichen Beziehungen von China und der EU bisher bemerkenswerte Fortschritte machten, ist Zhao Jinjun, der ehemalige Botschafter Chinas in Frankreich, der Ansicht, dass das Potential sogar noch größer sei.

Zusätzlich zu den Verhandlungen zum Investitionsschutzabkommen sollten weitere Kooperationsfelder von beiden Seiten untersucht werden, ebenso die Machbarkeit einer China-EU Freihandelszone, sagte Zhao.

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