Während ihres Japanbesuchs erinnerte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel Abe am 9. März höflich daran, als sie über den Weg ihres Landes zur Bewältigung der Verbrechen unter der Naziherrschaft sprach.
Vor 70 Jahren endeten der antifaschistische Weltkrieg und der Widerstandskrieg des chinesischen Volkes gegen die japanische Aggression. Die internationale Gemeinschaft ist im Hinblick auf die Gräueltaten, die von einigen Ländern während des Krieges begangen wurden und der Verantwortung, die sie dafür übernehmen sollten, zu einer klaren Schlussfolgerung gelangt.
Deutschland räumte als wichtige Achsenmacht und besiegte Nation seine Kriegsverbrechen ein und übernahm Verantwortung für seine Geschichte. Die deutsche Regierung hat sich außerdem dazu verpflichtet, ein Wiederauferstehen der Kriegsdämonen durch die Gesetzgebung zu verhindern. Im Gegensatz dazu versucht Japan grundsätzlich, seine Kriegsvergangenheit zu beschönigen. Radikale politische Kräfte wünschen sogar explizit eine Revidierung historischer Urteile und diskutieren offen darüber, wie sie ihre Ziele erreichen könnten.
Unterschiedliche Interpretationen der Geschichte zeigten, dass Deutschland und Japan verschiedene Wege wählten und beide Länder genießen daher auch international einen unterschiedlichen Ruf. Deutschland hat nicht nur eine Versöhnung mit den Gegnern der Vergangenheit erreicht, sondern spielte auch eine wichtige Rolle im europäischen Integrationsprozess. Japan gefährdet die regionale Stabilität und ist nicht in der Lage, gegenseitiges Vertrauen zu seinen asiatischen Nachbarn aufbauen, weil es sich weigert, historische Fakten anzuerkennen.
Anlässlich des 70. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs kann das historische Thema nicht umgangen werden. Japans Premierminister Shinzo Abe muss sich vor seiner Gedenkrede zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden. Wird er mutig genug sein, die Grausamkeiten des militaristischen Japans im Zweiten Weltkrieg zuzugeben und ein solides Fundament für eine friedliche Entwicklung in der Zukunft legen? Oder wird er der Verantwortung zur Reflektion über die Geschichte nicht gerecht werden können? Unterschiedliche politische Kräfte Japans haben über diese Themen, die auch für die internationale Gemeinschaft von Bedeutung sind, gestritten.
Viele Japaner sind einsichtig und haben eindrücklich davor gewarnt, dass Abes Gedenkrede einen negativen Effekt auf die bilateralen Beziehungen mit China und Südkorea sowie die japanisch-amerikanischen Beziehungen haben werde, "wenn die Schlüsselwörter (der Entschuldigung für die Kolonialherrschaft und Aggression) daraus entfernt würden.
Viele zeigen sich besorgt, dass "wir die Zukunft nicht bewältigen können, so lange Japan nicht über seine Geschichte nachdenkt."
Im Hinblick auf die erwartete Stellungnahme Abes veröffentlichte Sankei Shimbun, die größte Zeitung des Landes, einen Artikel mit dem Titel „Wer ist der Sieger des Kalten Krieges?" Der Autor zeigt darin eine „alternative Perspektive" auf, die den 70. Jahrestag der japanischen Niederlage herunterspielt. Er behauptet sogar, dass Japan in Wirklichkeit der Sieger des Kalten Krieges, der als eine Art Dritter Weltkrieg betrachtet werden könnte, war. Auch wenn der Artikel mehrdeutig und schleierhaft erscheint, ist sein Standpunkt klar: Japan ist ein Sieger, kein Verlierer. Für einen Sieger gibt es folglich nach Ansicht des Autors auch keinen Grund, über seine Geschichte nachzudenken und sich zu entschuldigen.
Die so genannte "alternative Perspektive" ist vielleicht etwas radikal. Aber sie stellt quasi eine Fußnote dar, um zu verstehen, warum manche Japaner sich weigern, ihre historische Voreingenommenheit aufzugeben. Sie wollen sich von der historischen Bürde entlasten, aber weigern sich, einen ehrlichen Blick auf die Geschichte zu werfen. Anstatt über historische Fehler nachzudenken, greifen sie auf Spitzfindigkeiten und unhaltbare Beweise zurück. Noch schlimmer, sie schieben die Verantwortung für die Störung des Vertrauens und der Sicherheit in der Region den Nachbarn zu, die unter der japanischen Aggression im Zweiten Weltkrieg gelitten haben, beschuldigen ihre Nachbarn, das historische Thema zu nutzen, um den internationalen Ruf Japans zu beschmutzen.
Während ihres Japanbesuchs erinnerte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel Abe am 9. März höflich daran, als sie über den Weg ihres Landes zur Bewältigung der Verbrechen unter der Naziherrschaft sprach. Dies sei eine Voraussetzung zur Versöhnung mit den Ländern und Menschen gewesen, die unter der deutschen Aggression gelitten hatten, erklärte Merkel.
Japan sollte zuerst über seine historischen Fehler nachdenken, wenn es Vergebung von seinen asiatischen Nachbarn wünscht. Angesichts der Tatsache, dass es konstant die Gefühle asiatischer Völker verletzt und das internationale Recht mit provokanten Bemerkungen beschädigt hat, steht Japan unter großem Druck, das Verständnis und Vertrauen seiner asiatischen Nachbarn zu gewinnen. Wie werden sich Japans Beziehungen zu seinen Nachbarn 2015 entwickeln, vorwärts oder rückwärts? Die Welt wartet auf Japans Antwort.
Vor 70 Jahren hat Japan einen Krieg verloren. Heute sollt es nicht auch noch den Krieg des Gewissens verlieren.
Der Autor ist Wissenschaftler am Chinesischen Institut für Internationale Studien
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