04-06-2015
Im Focus
Konnektivität – Forum der Zollbehörden entlang des Gürtels und der Straße
von Edith Stifter

Wirtschaft braucht Austausch und Konnektivität. Bei der Umsetzung der Initiative „Ein Gürtel und eine Straße" spielen die Zollbehörden eine besondere Rolle, um unser aller Leben zu vereinfachen.

 

Die Eröffnung des "Forum for Heads of Costums Administration along the Belt and Road".

Das Zeichen von "Transports Internationaux Routiers"

 

Stellen Sie sich vor, Sie wären nicht wohlhabend und hätten Ihr letztes Geld bei einem Ausflug für ein Geschenk für Ihr Kind investiert. Nichts großes, nur eine Kleinigkeit. Und trotzdem, bei der Zollkontrolle stellt sich heraus, dass dieses Geschenk für Ihr Kind zollpflichtig wäre. Es war aber Ihr letztes Geld, Sie können diese Strafe nicht bezahlen und das Kind wird das Geschenk, das es schon in den Händen hält, wieder herausgeben müssen. Das klingt absurd? Ist es auch, aber genau so geschah es vor ungefähr 60 Jahren an der Grenze zwischen Deutschland und Österreich. Das Geschenk: eine Dose eingelegte Ananas.

Grenzen können unüberwindbare Mauern sein – sie können aber auch verbinden. Eine zweitägige Konferenz von Zollbeamten aus über 60 Ländern klingt auch erst einmal nicht besonders spannend. Die kleine Geschichte oben soll aber daran erinnern, dass Grenzen uns alle angehen. Die Grenze zwischen Deutschland und Österreich wird heute von den meisten Menschen kaum mehr wahrgenommen, Europa ist sich näher gekommen, innerhalb der EU ist eine der größten Freihandelszonen der Welt entstanden, die dem Kontinent Frieden und Wohlstand gebracht hat.

Chinas Initiative „Ein Gürtel und eine Straße" soll Asien, Europa und Afrika verbinden. Um diese Initiative umsetzen zu können, braucht es Konnektivität. Es ist einfach ineffizient und teuer, wenn bis zu 40% der Transportzeit an Zollstationen verbracht werden.

Konnektivität stand daher im Mittelpunkt des zweitägigen Forums der Zollbehörden. Was technisch und langweilig klingt, betrifft uns aber tatsächlich alle im täglichen Leben und entsprechend hochrangig war das Forum, mit einem Vizeministerpräsidenten, einem Vizeminister, mehreren Generalsekretären und vielen anderen Vertretern aus über 60 Ländern besucht.

 

Was also ist Konnektivität?

Konnektivität, die schnelle und sichere Verbindungen bringt, bedeutet Handelserleichterung, Offenheit für Kooperation, aber auch verstärkte Sicherheit an den Grenzen. Um einen zusammenhängenden Wirtschaftsraum und entsprechende logistische Strukturen umzusetzen, müssen die Zollbehörden der betroffenen Länder zusammenarbeiten. So kann Konnektivität und Offenheit für Kooperation entstehen.

Sun Yinbao, der Vizeminister der chinesischen Zollbehörden erklärte bei der Eröffnung des Forums, dass Konnektivität naturgemäß eine Priorität der Initiative „Ein Gürtel und eine Straße" sei. Ein gemeinsamer Wirtschaftsraum sei nur über Konnektivität zu erreichen und um diese in die Tat umzusetzen, sind die Zollbehörden der Länder ein entscheidender Faktor.

Zhao Zhengyong, der Parteisekretär der Provinz Shananxi  bei der KPCh, sagte, Offenheit entstehe aus den Handlungen der Zollbehörden. Sie seien es, die die Bedingungen kreieren könnten, die es den lokalen Regierungen erlauben würde, an der Initiative „Ein Gürtel und eine Straße" teilzunehmen.

Sicherheit und Handelserleichterungen müssen im Zentrum der Aufmerksamkeit der beteiligten Länder stehen.

 

Auf die Welle aufspringen

Wang Yang, der einer von vier chinesischen Vizeministerpräsidenten ist, beschrieb Konnektivität als die Arterien und die Venen der Wirtschaft, da Kapital und Menschen sich frei bewegen können sollten, um eine erfolgreiche Wirtschaft zu garantieren. Auch er betonte die die Rolle der Zollbehörden in diesem Prozess. Der Prozess der wirtschaftlichen Kooperation sei daher auch ein Prozess einer tieferen Zusammenarbeit der Zollbehörden. Gegenwärtig nimmt aber der Handelsprotektionismus weltweit wieder zu, was kontraproduktiv ist. Anstatt Dämme zu bauen, sollten die Länder auf die Welle der Zeit aufspringen. Denn je schwächer die Wirtschaft ist, umso wichtiger ist es, sich mit anderen Ländern zu verbinden, desto wichtiger wird Konnektivität.

Einige Länder sind bereit, auf diese Welle aufzuspringen. Am zweitägigen Forum nahmen hochrangige Vertreter aus 64 Ländern und 8 internationalen bzw. nationale Organisationen teil. Der Eröffnungszeremonie, der auch der chinesische Vizepremierminister Wang Yang beiwohnte, folgten drei parallele Expertenforen. Das waren „Connectivity – New Opportunities for Regional Development", „Connectivity – New Orientations of Costums Reforms" und „Connectivity – New Opportunities for Costums-Business Cooperations".

Auch China selbst ist auf diese Welle aufgesprungen und engagiert sich mehr und mehr in der WCO. Die WCO, die World Customs Organisation, war 1952 gegründet worden und hat derzeit 179 Mitglieder. Diese weltweite Organisation sieht sich als Diskussions- und Austauschforum der nationalen Experten und hat das Ziel, die Zollbehörden effektiver und effizienter werden zu lassen. China ist bereits seit 1983 Mitglied der WCO (zum Vergleich: Deutschland ist seit 1952 und Österreich seit 1953, Kirgistan erst seit dem Jahr 2000 Mitglied der WCO).

Ihr Generalsekretär, Kunio Mikuriya, nahm ebenfalls an der Veranstaltung in Xi'an teil. Er erinnerte in seiner Rede daran, wie die antike Seidenstraße verschiedene Kulturen in Asien, Europa und Afrika erfolgreich verbunden hatte, und meinte, dass die neue Initiative ähnliches Potential habe und gegenwärtig mehrere, bereits bestehende Initiativen, wie die ASEAN, die Shanghai Cooperation Organisation, die Eurasian Community die EU und afrikanische „Continental-wide Free Trade Area" auf mehreren Kontinenten verknüpfen würde.

 

Beispiele für Konnektivität

Was bedeutet das nun alles konkret? Wie kann Konnektivität zu regionalen Entwicklung beitragen? Dies wurde anhand von Expertenbeispielen aus mehreren Ländern erläutert.

Die Rolle der Zollbehörden in Georgien ,wo die Zollprozeduren ab 2007 kontinuierlich vereinfacht wurden, also weniger Papiere, weniger Zeit und weniger Behörden beanspruchen, moderne technische Verfahren eingesetzt werden, hat sich auch mit den Neuerungen verändert. Auch Bosnien und Herzegowina, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und Kasachstan stellten ihre Grenzverfahren und ihre besonderen Errungenschaften vor.

Auch die chinesischen Zollbehörden können auf eine Reihe von Neuerungen und Vereinfachungen in ihren Abläufen stolz sein. Besondere Aufmerksamkeit der Zollbehörden in China bekommen auch die Sonderwirtschaftszonen Chinas, die in Zentral- und Westchina mehr als 75% des lokalen GDPs erwirtschaften.

 

Konnektivität als Schlüsselkonzept in Hong Kong

Das Beispiel schlechthin für gelebte Konnektivität, die aus einer an und für sich ressourcenarmen kleinen Insel eines der größten Wirtschaftszentren der Welt machte, ist Hong Kong. Clement Cheung aus Hong Kong stellte dar, wie Konnektivität den Lebensnerv Hong Kongs bildet, welche Folgen das hat und wie dieser Motor der Stadt gepflegt wird. In Hong Kong, das einen der größten Flughäfen der Welt, einen der größte maritimen Cargo-Häfen, sowie mehrere Landübergänge hat, spielen die Zollbehörden eine entsprechend wichtige Rolle. Cheung meinte, Konnektivität sei eine Obsession in Hong Kong.

Cheung erklärte, dass Konnektivität ein dreidimensionales Konzept sei. Es besteht aus Infrastruktureller Konnektivität, das ist die tatsächliche physische Konnektivität. Wenn man Infrastruktur nicht baut, kann man auch nichts verbinden, das ist glasklar. Die anderen beiden Aspekte sind weniger offensichtlich: Institutionelle Konnektivität, das ist die Konnektivität zwischen Regierungen und erleichterten Geschäftstransaktionen.

Dass aus dieser besonderen Rolle als Knotenpunkt auch besondere Aufgaben entstehen und Verantwortung wahrgenommen müsste, legte Cheung am zwei Beispielen dar: Der Operation MegaUpload und der Operation Snowman. In beiden Fällen haben die Behörden aus Hong Kong mit internationalen Behörden zusammengearbeitet, was zur Festnahme von Kriminellen geführt hat, obwohl diese in Hong Kong selbst eigentlich gar kein Verbrechen oder Vergehen begangen hatten.

 

Internationale Abkommen zur Konnektivität

China, dessen Rolle in der WCO immer wichtiger wird, ist voraussichtlich dabei, einigen internationalen Abkommen beizutreten. Eines davon ist das TIR, das Transports Internationaux Routiers („Internationaler Straßengütertransport"). Dies ist ein Abkommen, zu einem vereinfachten Zollverfahren. Der Container, der mit dem blauen „TIR" Schild gekennzeichnet ist, wird am Abfahrtsort verplombt und erst am Ziel geöffnet, Zollkontrollen fallen daher nur am Ausgangs- und Endpunkt an, was natürlich den Transport erheblich vereinfacht und beschleunigt, als wenn man bei jeder Grenze dazwischen ebenfalls umfangreiche Zollkontrollen durchführen würde.

Der Generalssekretär der IRU, das ist die Internationale Straßentransportunion, also jene unabhängige Gesellschaft, die weltweit die Durchführung des TIR, war ebenfalls bei dem Forum, um zu verdeutlichen, wie viele einfacher, schneller und auch sicherer der internationale Handel durch einen Betritt Chinas werden wird. Und selbstverständlich, ist China erst einmal beigetreten, werden weitere Länder diesem Beispiel folgen.

 

Konnektivität und Zukunft

Die chinesischen Zollbehörden stellten auch eine Datenplattform zur Zusammenarbeit vor. Mit Cloud Computing und Big Data kann, entsprechend der Datenschutzbestimmungen der betroffenen Länder, kostengünstiger Datenaustausch entlang der Region des Gürtels und der Straße umgesetzt werden.

Im Zuge des zweitägigen Forums, bei dem sich die Zollbeamten aus den verschiedenen Ländern umfassend austauschen könnten, wurden mehrere Vorschläge für eine bessere und tiefere Zusammenarbeit der Zollbehörden erarbeitet.

Am Ende Forums wurde das „Xi'an Statement on Strengthening of Connectivity by Customs Administrations along the Belt and Road Supported by WCO Instruments and Tools" verabschiedet.

Eines Tages werden Handelshemmnisse und schädlicher Protektionismus und Geschichten wie die des kleinen Kindes, das sein Geschenk wieder herausgeben musste, vielleicht endgültig der Vergangenheit angehören.