18-05-2015
Im Focus
Das chinesische Landwirtschaftsmuseum
von Edith Stifter

Lebensgroße Darstellung traditioneller Landwirtschaft

Diese Art des Warentransports ist heute noch in Verwendung.

Die Entwicklung verschiedener Pflanzen.

Der unbeabsichtigte Höhepunkt des Museums in der Gartenanlage. (Fotos: Edith Stifter)

Landwirtschaft ist die Grundlage jeder Zivilisation, sie ist es, die uns ernährt, die uns vielleicht erst zum Menschen macht. Das chinesische Landwirtschaftsmuseum in Beijing ist dem Schutz, der Sammlung und der Forschung des chinesischen landwirtschaftlichen Erbes gewidmet.  

Das Museum zeigt Landwirtschaft, wie sie sich vom Anbeginn der Menschheit bis heute entwickelt hat. Umso spannender, dass man im Museum mehr die Einflüsse der Gesellschaft auf die Landwirtschaft vor Augen geführt bekommt, als die Einflüsse der Landwirtschaft auf die Gesellschaft. Die wichtigsten Werkzeuge der Landwirtschaft haben sich in tausenden Jahren mit dem Stand der Technik weiterentwickelt, doch bis heute ist Ackerbau ohne Pflug nicht machbar. Es ist spannend zu sehen, wie sich die Form des Pfluges im Laufe der Zeit veränderte und doch in Grundzügen immer ähnlich blieb.

Die Modelle der Landwirtschaftstechniken der alten Zeit, seien es lebensgroße Modelle von Bauern die mit Ochsen ihr Feld pflügen oder die ausgestellten Mühlsteine, zeichnen ein idyllisches Bild der Landwirtschaft. Dabei wird dem Besucher auch vor Augen geführt, dass auch Seide letztendlich ein landwirtschaftliches Produkt ist.

Während der erste Teil des Museums sehr beruhigend wirkte, ist der zweite, der Chinas Zivilisation im Fokus hat, bereits moderner. Es gibt mehr Möglichkeiten der Interaktion, wie Touchscreens. Besonders beeindruckend waren die Verteilung der Getreidesorten entlang des Gelben Flusses oder die anschauliche Darstellung der gesteuerten Evolution der wichtigsten Pflanzen. Reis beispielsweise wird in China seit über 10 000 Jahren kultiviert. Die Pflanzen wurden durch die Hand des Menschen immer ertragreicher.

Moderne Landwirtschaft ist auch Wissenschaft und Forschung, daher ist heute auch das Elektronenmikroskop Teil davon. Auch die Wiedereintrittskapsel des chinesischen Satelliten Shijian-8, der 2006 im Weltraum der Erforschung von über 2000 Samen und Sporen diente, findet einen verdienten Platz im Landwirtschaftsmuseum.

Der Zusammenhang von Zivilisation und Landwirtschaft ist der Leitfaden des Landwirtschaftsmuseum. Große historische und politische Ereignisse beeinflussten die Landwirtschaft in China mehr, als man es beim Besuch auf einem Bauernhof bemerken kann. Besonders einschneidend war der Kontakt mit dem Westen gegen Ende des 19. Jahrhunderts, da dadurch neue Technologien und Methoden nach China kamen.

Und selbstverständlich war auch die Gründung der Volksrepublik von großer Bedeutung, da sich die KP Chinas der Rolle der Bauern stets bewusst war. In den drei Jahren nach der Gründung der Volksrepublik wurde eine Bodenreform durchgeführt, die den Bauern Grund, Tiere und Geräte sicherte. Und bis heute sieht es die KP Chinas als eine ihrer höchsten Prioritäten, die Ernährung der Bevölkerung zu sichern.

Das Museum selbst ist ein wunderbarer ruhiger Ort mit äußerst netten und hilfsbereiten Mitarbeitern. Dass dem so ist, glaubt man kaum, wenn man am bewachten Eingang über einen großen Platz kurz drüber nachdenkt, ob man sich nicht gerade versehentlich in eine Kaserne einschleicht. Doch die Schnellboten und andere Zusteller, die aus dem Tor herauskommen, helfen die Schrecksekunde zu überwinden. In einem der weniger monumentalen Gebäude des Komplexes beginnt dann das Museum und wenn man dann zwischen den Häusern herumgeht, findet man dahinter einen herrlichen freundlichen Park mit Enten- und Menschenfamilien, die sich gegenseitig bestaunen. Drei Ausstellungen über moderne und traditionelle Landwirtschaft  sind in der umfassenden Gartenanlage selbst.

Der Besuch der Museums ist jedenfalls lehrreich und ein weiterer Schritt um eines Tages mehr aus der modernen Zivilisation berichten zu können als die Zubereitungsmethode eines Sandwiches. Die Erläuterungen sind aber im Wesentlichen ausschließlich auf Chinesisch. Damit will ich aber keinesfalls vom Besuch abhalten, denn auch so bekommt man einen guten Eindruck des Zusammenhanges der Entwicklung die Zivilisation und Landwirtschaft Hand in Hand gegangen sind.


Das Museum, das täglich, außer Montags und während des Frühlingsfestes, von 9 – 16.30 (Einlass nur bis 16 Uhr) geöffnet hat, ist gleich bei der U-Bahn Station „Agricultural Exhibition Center" der Linie 10.