12-05-2015
Im Focus
Die Vielfalt eines Jahrhunderts österreichischer Kunst
von Edith Stifter

Albin Egger Lienz: Die Mäher

 

Koloman Moser: Die Badenden

 

Gustav Klimt: Zwei Studien einer Kauernden nach links

 

Das Café reiht sich in das Gesamtkunstwerk der Ausstellung ein

 

Das Museum of World Art in Bejing

 

Österreich und China haben auf den zweiten Blick viel gemeinsam. Obwohl beide Staaten noch keine 100 Jahre alt sind, stehen beide dennoch auf dem Fundament wesentlich älterer Geschichte und Kultur. Diese beiden alten und zugleich jungen Länder verbinden zudem gute Beziehungen. Die Ausstellung wurde von der Chinese-Austrian Academy of Fine Arts organisiert und steht unter der Patronanz der österreichischen Botschaft.

Die Chinese-Austrian Academy of Fine Arts wurde gegründet, nachdem Joseph Schütz China kennen und lieben gelernt hatte. Er war an China und seiner Jahrtausende alten Geschichte interessiert gewesen, weshalb die Akademie nun chinesische und österreichische Künstler und Kunststudenten, durch Organisation von Veranstaltungen, Ausstellungen, Vorträgen, Publikationen und viele andere Dinge, fördern will. Es ist mittlerweile seine fünfte Ausstellung in China und sein Interesse hat im Lauf der Zeit keineswegs abgenommen.

Joseph Schütz ist der Ansicht, dass beide Kulturen sehr ähnlich sind und er betont die lange und freundschaftliche Beziehung beider Länder. Joseph Schütz hofft, so einen Beitrag zum besseren Verständnis beider Kulturen leisten zu können. „Ich wollte keine kulturelle Einbahn bauen, sondern einen regen Austausch beider Nationen herstellen."

 

Die Metamorphosen eines Jahrhunderts…

Die Ausstellung „Österreichische Malerei 1860-1960" wurde am 22. April 2015 in Beijing eröffnet, exakt 150 Jahre nachdem die für das wiener Leben so bedeutende Ringstraße eröffnet worden war. Wien hat seither mit den Umbrüchen der Geschichte viel Wandel erfahren und dennoch vieles behalten. Max Oppenheimers „Schachspiel" bezeugt, dass er Wien zu seiner besten Zeit, in der Blüte der Kaffeehauskultur erlebt hat.

Die Künstler aus 100 Jahren österreichischer Geschichte, aus einer Zeit in der zwei Weltkriege stattfanden, sind so unterschiedlich wie ihre individuellen Geschichten. Der vom 1. Weltkrieg gezeichnete Wilhelm Thöny war ein Einzelgänger. Auch Georg Merkel war im 1. Weltkrieg gewesen und durch eine Kopfverletzung mehrere Monate lang erblindet gewesen. Was das bedeutet, können wir uns kaum vorstellen! Übrigens liegt sein Geburtsort Lemberg mittlerweile in der Ukraine. Alfred Kubin beendete seine Ausbildung beim Militär mit einem Nervenzusammenbruch und kämpfte sein Leben lang mit Depressionen. Sein Bild „Fasching und Konsequenzen" erklärt auf humorvolle Weise vieles der österreichischen Kultur.

Der Ausstellung zeigt daher mehr als „bloß" Bilder, sondern will eben auch den Hintergrund der Umbrüche, der Kriege diese Zeit, darstellen. Mit Hintergrundinformationen, Fotos in Uniform und der Verbindung zur Musik dieser Zeit wird den Bildern ein Kontext geben, der hilft diese Zeit und damit auch das Österreich der Gegenwart besser zu verstehen. Man fragt sich unweigerlich, was in Menschen vorgehen mag, die in der Lage sind, vor dem Hintergrund solchen Elends, wie es die beiden Weltkriege waren, noch immer Kunst machen wollen und schlussendlich Kunst machen, die ihre Zeit überlebt.

Der Ausstellung gelingt es tatsächlich einen weiter Bogen der bedeutendsten Österreichischen Künstler zu spannen und bietet somit einen wunderbaren Eindruck der österreichischen Kunst. Die vorgestellten Kunststile erreichen die unglaubliche Bandbreite eines Inhaltsverzeichnisses der Kunstgeschichte - vom Anbeginn der Moderne, vom Impressionismus, vom Jugendstil, Secessionismus, Surrealismus, Expressionismus, Kubismus, Neo-Realismus, Avantgarde, Pop-Art, Wiener Schule des Phantastischen Surrealismus, den Wiener Aktionismus bis hin zur Ära der Postmoderne.

 

… und die Kunst als Zeugin ihrer Zeit

Ein Schelm, wer schmunzelt, wenn gleich im ersten Bild der Ausstellung eine Kuh gemolken wird. (Ferdinand Georg Waldmüller). Emil Jakob Schindlers „Meeresbrandung" dagegen bezeugt die Sehnsucht nach größerem, zwischen diesen kontrastierenden Eindrücken verlieren für einen Moment sogar Gustav und Ernst Klimt ihre Bedeutung. Viele der Bilder bezeugen von den Reisen ihrer Maler, viele von der Schönheit, die diese wiederum vor ihrer eigenen Haustür sehen konnte.

Tina Blau, eine Landschaftsmalerin des 19. Jahrhunderts, die viele wunderschöne Landschaften malte, ist mit einem Werk vertreten, das zeigt, dass eine Landschaft nicht idyllisch sein muss, um es zu verdienen, in einem Gemälde verewigt zu werden.

Bei der Ausstellung werden insgesamt 90 Werke aus den Jahren 1860 bis 1960 präsentiert, darunter zahlreiche Meisterwerke von weltbekannten Malern wie Gustav Klimt, Egon Schiele und Oskar Kokoschka. Egon Schiele sowie die Künstler der Secession haben viele Ideen von Asien übernommen und daher ist das Interesse der Chinesen besonders an Klimt, Schiele und Koloman Moser sehr groß. Wie könnte diese Ausstellung besser schließen, als mit einem Bild des Huangpu-Flusses in Shanghai von Sergius Pauser aus dem Jahr 1957?

Kontraste, Widersprüche und Vielfalt – es ist eine unglaubliche Vielfalt an Kunst, die in diesen 100 Jahren entstanden ist. Sie ist Zeuge ihrer Zeit und gemacht um die Menschen für einen wesentlich längeren Zeitraum an ihrer Schönheit zu erfreuen. In der Ausstellung sieht man dann dieselben Menschen, die noch für wenigen Wochen die blühenden Kirschbäume Beijings fotografiert haben, das Bild von Olga Wisinger-Florian, die vor etwa 100 Jahren einen Kirschbaum in Blüte gemalt hatte, fotografieren.

 

Lernen Sie diese Kunst kennen!

Die österreichische Botschafterin, Irene Giner-Reichl, die die Ausstellung eröffnete, betonte, dass der von Respekt und Bewunderung geprägte kulturelle Austausch zwischen China und Österreich sehr wichtig sei. Denn Kunst ist eine Sprache, die jeder versteht, meint Joseph Schütz. Kunst und Kulturaustausch können auf friedliche Weise Menschen und Nationen verbinden, sagt er weiter. Auf den vier Stationen der Wanderausstellung von Norden in Richtung Süden, werden zwischen zwei und sechs Millionen Menschen erwartet.

Die Ausstellung wird vom 1. Mai bis 5. Juli in Beijing, im Beijing World Art Museum, sein, vom 24. Juli bis 6. September im Dalian Modern Museum, vom 25. September bis 15. November im Hubei Provincial Museum und vom 22. Januar bis 3. April 2016 im Macao Museum of Art.

Vier Stationen um österreichische Kunst in ihrer unglaublichen Vielfalt kennenzulernen und im Spiegelbild der Kunst den Wandel von 100 Jahren europäischer Geschichte zu ahnen.