20-04-2015
Im Focus
Louis Vuitton klagt in Beijing
von Edith Stifter und Xu Bei

 

Wer verkaufte die Produkte?

Der Klägeranwalt präsentiert Beweismaterial. (Foto: Xu Bei)

Der Ankläger widerlegte diese Argumente. Als er im Hotel des Beklagten eincheckte, sei er direkt durch den Flur zum Shopping-Bereich" des Hotels gelangt und habe keine anderweitige Beschilderung gesehen. Kunden gingen in der Regel davon aus, dass der Shopping-Bereich" in einem Hotel vom Hotel selbst betrieben werde. Noch wichtiger sei, dass Kunden nach der Auswahl der Produkte von der Verkäuferin zum Bezahlen direkt zur Rezeption des Hotels geleitet worden seien. Dort erhielten sie dann eine Quittung für die Übernachtung und alle gekaufte Produkte. Alle diese Tatsachen seien Beweis dafür, dass das Hotel der tatsächliche Verkäufer der gefälschten Produkte gewesen sei.

Der Beklagte verteidigte das Ausstellen der Quittung folgendermaßen: Gemäß den Richtlinien der Hotelbranche müssen Hotels mit vier oder mehr Sternen einen einheitlichen Service für die Kunden anbieten, d.h. es muss auch für alle Ausgaben im Hotel eine Gesamtquittung ausgestellt werden. Der Shop im Hotel ist eine unabhängige juristische Person und kann auch selbst Quittungen ausstellen. Allerdings fordern viele Kunden des Hotels, dass alle ihre Ausgaben auf einer einzigen Quittung erscheinen. Deswegen bietet unser Hotel diesen Service überhaupt an, ohne aber selbst davon zu profitieren." 

 

Die Folgen                                                                                                         

Nachdem beide Seiten ihre Argumente vorgebracht hatten, urteilte das Gericht folgendermaßen: Das Hotel wurde der Verletzung der Markenrechte schuldig gesprochen und muss dem Kläger wegen Verletzungen der Markenrechte Schadenersatz in der Höhe von 960.000 Yuan zahlen.  

Diese Summe wirkt auf den ersten Blick nicht sehr hoch, doch sie entspricht immerhin der Hälfte des von Klägerseite geforderten Betrages (8 mal 100.000 Yuan). Es ist allerdings anzunehmen, dass LVM hier weniger auf finanzielle Entschädigung aus war, sondern in erster Linie ein Zeichen setzen wollte.

Louis Vuitton kämpft schon seit dem 19. Jahrhundert gegen gefälschte Produkte. Ironischerweise sollte genau das Logo mit dem Monogramm, das heute weltweit bekannt ist und kopiert wird, vor Imitaten schützen. Doch gerade das dadurch geschaffene Statussymbol war es, das diese Plagiate erst so populär machte. Louis Vuitton geht weltweit gegen jede Form der Markenverletzung vor. Warum eine Tasche, die über 1000 Euro kostet, nicht von einer billigen Fälschung zu unterscheiden ist und warum sich Einzelhändler und Kunden mit den Details zu allen möglichen Luxusartikeln, die sie sich ohnehin nicht leisten können, vertraut machen sollen, um rechtlichen Konsequenzen aus dem Weg zu gehen, ist nicht immer nachvollziehbar.

Plagiiert werden aber nicht nur schicke Handtaschen und Gürtel, sondern auch technische Bauteile und Medikamente. Hier sind wirksame Maßnahmen notwendig, da durch billige und oft qualitativ minderwertige Produkte tatsächlich Gefahr für Leib und Leben bestehen kann. So gesehen leisten große Konzerne einen Beitrag, wenn sie dazu beitragen, dass Verletzungen des geistigen Eigentums und Produktfälschungen vermehrt als Unrecht gesehen werden.

In China haben sich diesbezügliche Bestimmungen in den letzten Jahren immer mehr verschärft, gleichzeitig ist es einfacher geworden, entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten. Die gesetzlichen Regelungen im Hinblick auf geistiges Eigentum wurden stark modernisiert, dadurch entwickelt sich zunehmend ein Unrechtsbewusstsein für gefälschte Produkte.

Und dieser Fall zeigt auch, dass in China ein wirksames Vorgehen gegen Produktpiraterie möglich ist.

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