14-04-2015
Im Focus
Die Österreichische Botschafterin im Interview: „Wir haben Interesse, die neuen Möglichkeiten zu nützen"
von Edith Stifter

Österreich hat seinen Antrag als Gründerstaat der Asiatischen Investmentbank für Infrastruktur (AIIB) gestellt. Bedeutet das, dass Österreich erkennt, dass es sich in einer multipolaren Welt neu orientieren muss? Welche Rolle kann Österreich als Gründerstaat spielen? Welche Erwartungen haben Sie für diese Bank?

Österreichs Wirtschaft ist export-orientiert. Rund 60 Cent in jedem Euro unseres Bruttonationalproduktes verdienen wir durch Exporte. Die Seidenstraßen führen von Asien bis ins Herz Europas, wo Österreich liegt. Wir haben Interesse, die neuen Möglichkeiten zu nützen, die diese Korridore des Infrastrukturausbaus und der Entwicklung bieten. Wir haben auch sehr viel Expertise betreffend die Länder Ost- und Südosteuropas; unsere Firmen können viel Mehrwert für chinesische Partner bei Kooperationsprojekten in diesen Ländern einbringen. Es ist daher nur logisch, dass wir als Gründungsmitglied an der Ausgestaltung der AIIB mitwirken wollen.

 

Sie haben lange im Bereich Umwelt und Energie gearbeitet. Das sind in China sehr wichtige Themen. Gibt es im Bereich der alternativen Energien eine Zusammenarbeit zwischen China und Österreich?

Österreich zählt weltweit zu den führenden Ländern bei der Entwicklung von umwelttechnischen Produkten und Anlagen und gehört zu den Marktführern im Bereich der erneuerbaren Energien. Viele dieser Unternehmen sind auch bereits seit mehreren Jahren erfolgreich auf dem chinesischen Markt aktiv, besonders in den Bereichen der Abwasser- und Abgasreinigung, der Wasser- und Trinkwasseraufbereitung, der Gewinnung von erneuerbaren Energien und im Recyclingbereich.

 

Wenn Österreicher ein Visum für China beantragen, bekommen sie es im Vergleich zu Chinesen, die nach Österreich wollen, relativ leicht. Ist es absehbar, dass sich diese restriktive Praxis ändert?

Soweit uns bekannt ist, stellt die Chinesische Botschaft in Wien Visa für Österreicher, bei Vorlage aller nötigen Unterlagen, ohne Probleme aus. Dasselbe gilt für chinesische Antragsteller bei uns. Da sowohl China als auch Österreich am Tourismus interessiert sind, kann nicht von restriktiver Visapraxis gesprochen werden. Die Österreichische Botschaft Beijing und das Generalkonsulat in Shanghai stellen pro Jahr insgesamt über 30 000 Visa an Chinesen aus.

 

Vor kurzem wurde das sogenannte Schweinefleischprotokoll unterzeichnet. Österreichs Landwirtschaftsminister sieht China auch als Absatzmarkt für Milchprodukte aus Österreich. Wie können beide Länder davon profitieren?

Laut jüngsten Schätzungen wird Chinas Import von Milchprodukten bis 2023 um knapp 48% steigen, für Österreich bietet der chinesische Markt daher interessante Absatzmöglichkeiten. Sowohl bei Milchprodukten als auch bei Schweinefleisch ist Österreich für die hohe Qualität von heimischen Produkten international bekannt. China ist ein Zukunftsmarkt, Lebensmittelsicherheit wird in diesem riesigen Markt immer wichtiger. Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen und sicheren Lebensmitteln steigt ständig. Mit österreichischer Qualität können wir die Konsumenten überzeugen. Unsere Vorreiterrolle in der biologischen Landwirtschaft und unsere gentechnikfreien Felder sind ein großer Vorteil im Wettbewerb mit anderen Ländern, die weit größere Mengen liefern können.

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